Themenwoche Zweites Vatikanisches Konzil (5)

Kölner Dreigestirn und Co. - so einflussreich waren Deutsche beim Konzil

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Der führende Einfluss der Deutschsprachigen in der internationalen katholischen Theologie hat zuletzt spürbar nachgelassen; auch im Vatikan. Das war beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) noch ziemlich anders.

Geschichte wird (auch) von Personen gemacht – gerade dort, wo sie sich an einem bestimmten Punkt verdichtet und die Akteure vorübergehend zu einer Schicksalsgemeinschaft werden. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), die größte Kirchenversammlung des 20. Jahrhunderts, brachte für vier Sitzungsperioden mehr als 2.500 Konzilsväter und mehr als 400 Berater (Periti) zusammen. Gemeinsam – und im Ringen miteinander – veränderten sie das Gesicht der katholischen Kirche grundlegend.

Den Part der „Reformer“ übernahmen vorwiegend die Westeuropäer: Franzosen, Belgier, Niederländer, vor allen aber die Deutschen. Ihre theologischen Ideen und Einlassungen zogen die Mehrheit mit. Zwar waren die Deutschen nur mit rund 60 Bischöfen vertreten, also etwa der Hälfte der Franzosen und einem Bruchteil der (antimodernistisch eingestellten) Italiener. Doch sowohl die sprichwörtliche deutsche Organisationsfähigkeit als auch gleich mehrere herausragende Einzelpersönlichkeiten zeigten deutlich Wirkung.

Kardinal Frings mit großem Einfluss

Nicht wegzudenken aus der Konstellation des Konzils ist das Kölner Dreigestirn von Kardinal Josef Frings (1887-1978) und seinen Beratern Hubert Jedin (1900-1980) und Joseph Ratzinger (95), später Papst Benedikt XVI. (2005-2013). Frings, ein beliebter Volksbischof und von Haus aus theologisch sehr konservativ, hatte die besondere Fähigkeit, sich gute Berater zu suchen – und ihren Rat auch tatsächlich anzunehmen. Ermutigt vom neuen Kurs Johannes XXIII. (1958-1963), trat er aus der theologischen Erstarrung unter Pius XII. heraus und wurde qua Amt, Würde, Mut und Dienstalter der Mann für die entscheidenden Wortbeiträge in der Konzilsaula.

Schon 1961 hatte Frings mit einem Vortrag, den der junge Bonner Fundamentaltheologe Ratzinger für ihn verfasste, Aufmerksamkeit und Vertrauen des Papstes gewonnen. Als einer der Konzilspräsidenten erhielt er rasch und häufig Rederecht und nutzte dies für Interventionen in fließendem Latein. Schon am ersten Tag lehnte Frings – auf Hinweis von Jedin – die von der Kurie vorgefertigten Listen zur Zusammensetzung der Arbeitsgruppen ab. Das gab den Konzilsvätern einen enormen Schub an Selbstbewusstsein. Im November 1963 kritisierte Frings im Petersdom offen das Heilige Offizium, Vorgängerin der vatikanischen Glaubensbehörde (bis vor kurzem „Glaubenskongregation“).

Küng und Ratzinger mischen mit

Ratzinger, bei Konzilseröffnung gerade erst 35, galt als brillanter Reformtheologe, der über Frings und über viele Gespräche mit anderen Konzilsvätern starken Einfluss auf die Kirchenversammlung nahm. Sein Alter Ego und zunächst auch Vertrauter war der fast gleichaltrige Tübinger Dogmatiker Hans Küng (1928-2021), Berater des Bischofs von Rottenburg.

Küng hatte 1962 mit seinem viel diskutierten Buch „Strukturen der Kirche“ einen dicken Stein ins Wasser geworfen. Darin rehabilitierte er gleichsam das Konzil von Konstanz (1414-1418) und die Idee des Konziliarismus und schuf so ein neues Bewusstsein für das lehramtliche Gewicht des Konzils neben dem Papst. Als Liebling der Medien machte er in Rom viel Wind – frischen Wind, wie ihn der Konzilspapst Johannes XXIII. wünschte. Später geriet der gebürtige Schweizer aber in einen sich verschärfenden Konflikt mit der Kurie und verlor 1979 seine Lehrerlaubnis. Seitdem war er als „Gegenpapst von Sursee“ ein unernannter Wortführer der kirchlichen Linken.

Kardinal Döpfner mit Zugang zum Papst

Ähnlich prägend wie Frings, vor allem im weiteren Verlauf des Konzils, war der deutlich jüngere Münchner Kardinal Julius Döpfner (1913-1976). Ein Franke, geradeheraus, fromm, knapp und effizient, verstand er zu organisieren und hatte als Kardinals-Konsemester von Paul VI. guten Zugang zum Papst. Mit seinem klaren Verstand und klarer Linie gab er Orientierung und stand auch bei deutlich älteren Konzilsvätern in hohem Ansehen. Er wurde einer der Väter der „Würzburger Synode“ von 1975, erlag aber mit 63 Jahren einem Herzinfarkt.

Zu kurz kommt in der Darstellung oft Kardinal Augustin Bea (1881-1968). Der Jesuit aus Baden verkörperte an der Kurie Klugheit, Weitsicht und Milde. Ein beharrlicher Kämpfer im Stillen, tat er gegen heftige Widerstände als Beauftragter des Papstes Enormes für den Aufbau der Ökumene; eine der großen Kirchengestalten des 20. Jahrhunderts, in einem Atemzug zu nennen mit seinem Landsmann und Ordensbruder Karl Rahner (1904-1984).

Nicht zu vergessen ist die internationale Drehscheibe Wien: Der Kardinal Christoph Schönborn des Konzils hieß Franz König (1905-2004). Wie der heutige Wiener Erzbischof hielt König unzählige Fäden aus Mittel- und Osteuropa in der Hand – und zog sie zum richtigen Zeitpunkt.

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