Spitzenvertreter des ÖRK begegnet russisch-orthodoxem Patriarchen

Kyrill trifft Generalsekretär des Weltkirchenrats – Thema Ukraine

  • Mitten im Ukraine-Krieg hat der Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), Ioan Sauca, in Moskau Patriarch Kyrill getroffen.
  • Ein Treffen Kyrills mit Papst Franziskus war zuletzt mehrfach abgesagt worden.
  • Derweil vergleicht ein griechisch-katholischer Bischof die russisch-orthodoxe Kirche mit der Terrormiliz Islamischer Staat.

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Mitten im Ukraine-Krieg hat der Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), Ioan Sauca, in Moskau Patriarch Kyrill getroffen. Laut separaten Erklärungen von ÖRK und Patriarchat fand das Treffen bereits am Montag statt. Weitere Vertreter von Weltkirchenrat und russisch-orthodoxer Kirche nahmen an den Gesprächen teil.

Im Fokus standen nach Angaben beider Seiten die gegenwärtig „schwierigen internationalen Beziehungen“, die sich auf das Verhältnis der christlichen Konfessionen auswirkten. „Ich begrüße, dass Sie in diesen schweren Zeiten nach Russland gekommen sind“, sagte Kyrill zu Beginn des Austauschs.

Kyrill: Religionen sollen kein Öl ins Feuer gießen

Sowohl Sauca als auch der Patriarch versicherten, zu einer friedlichen Lösung in der Ukraine beitragen zu wollen. „Ich habe immer noch die Hoffnung, dass wir als Kirchen über Logik und Interessen der Politiker hinausgehen und uns für einen gerechten Frieden einsetzen“, sagte Kyrill. Religionsführer sollten keinesfalls „Öl ins Feuer gießen, sondern alles in ihrer Macht Stehende tun, um es zu löschen“. Nur durch Dialog sei es möglich, Blutvergießen zu vermeiden.

Der Patriarch ist ein wichtiger Partner des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Kyrills Predigten zum Einmarsch in die Ukraine sorgen seit Monaten weltweit für Empörung. Ende September versprach er russischen Soldaten die Vergebung all ihrer Sünden, wenn sie im Krieg ihr Leben ließen.

ÖRK: Gemeinsam Brücken der Versöhnung bauen

Angesprochen auf diese und weitere kontroverse Aussagen gab die russische Delegation zu Protokoll, die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. So werde versucht, „Anschuldigungen zu konstruieren“. Nach Angaben des ÖRK betonte Kyrill gegenüber Sauca: „Krieg kann niemals heilig sein.“

Der Generalsekretär entgegnete: „Wir schätzen die russisch-orthodoxe Kirche“, die zu den wichtigsten Mitgliedern des ÖRK zähle. Gemeinsam wolle man „Brücken des Friedens und der Versöhnung“ bauen, um eine nukleare Eskalation zu verhindern.

Treffen Kyrills mit Papst Franziskus nicht absehbar

Dem Ökumenischen Rat der Kirchen gehören rund 350 christliche Kirchen und Gemeinschaften aus mehr als 100 Staaten an. Die katholische Kirche ist kein Mitglied, aber über eine Gemeinsame Arbeitsgruppe mit dem ÖRK verbunden.

Während dessen Generalsekretär nun Patriarch Kyrill traf, ist eine Begegnung des Patriarchen mit Papst Franziskus derzeit nicht absehbar. Ein für Juni angedachtes Treffen hatte der Vatikan abgesagt; es wäre seiner Ansicht nach angesichts von Kyrills Äußerungen zum Ukraine-Krieg „zum größten Teil missverstanden worden“.

Auch bei einer interreligiösen Konferenz im September kam es nicht zu einem Treffen; Kyrill sagte die Teilnahme an der Konferenz ab. Aus Moskau hieß es zudem, ein Treffen Kyrills mit dem Papst könne „nicht am Rande“ einer anderen Veranstaltung stattfinden.

Russische Kirche mit Islamischem Staat verglichen
Kiews griechisch-katholischer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk vergleicht die russisch-orthodoxe Kirche mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Bei Patriarch Kyrill und auch bei Priestern könne man sehen, „wie der christliche Glaube zu einem ideologischen Werkzeug für die Propaganda des russischen Nazismus wird“, sagte Schewtschuk nach Angaben seiner Kirche. „Die Rechtfertigung und der Aufruf zum Krieg durch die russisch-orthodoxe Kirche ähneln zunehmend der Doktrin des Islamischen Staats.“

Der IS kontrollierte jahrelang riesige Gebiete in Syrien und Irak und verübte auch Terroranschläge in Europa. Sein Ziel war, einen Gottesstaat im Nahen Osten zu errichten.

Kürzlich hätten sogar Geistliche in liturgischen Gewändern mit Granatwerfern geschossen, so Schwetschuk. Er spielt auf ein Video an, in dem ein 2016 suspendierter Priester eine Granate abfeuert und Richtung Kamera sagt: „Die Moskauer Theologische Akademie kämpft gegen die Nato.“ | KNA

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