Franziskus spricht bei Konferenz religiöser Führer in Kasachstan

Papst ruft zum Frieden auf – Kritik an Putin und Patriarch Kyrill

  • Mit einem leidenschaftlichen Friedensappell hat sich Papst Franziskus am Mittwoch an den Weltkongress der Religionen in Kasachstan gewandt.
  • Ohne ihn beim Namen zu nennen, distanzierte sich der Papst von Aussagen des russischen Patriarchen Kyrill.
  • Bei seiner Ankunft in Kasachstan hatte Franziskus die "Invasion" der Ukraine kritisiert und Russland zumindest indirekt dafür verurteilt.

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Mit einem leidenschaftlichen Friedensappell hat sich Papst Franziskus am Mittwoch an den Weltkongress der Religionen in Kasachstan gewandt. „Rechtfertigen wir niemals Gewalt. Lassen wir nicht zu, dass das Heilige vom Profanen instrumentalisiert wird“, so sein Appell an etwa 100 Delegierte aus 50 Ländern, die in der Hauptstadt Nur-Sultan um einen großen runden Tisch versammelt waren.

Zur Eröffnung der Konferenz hatten die Religionsführer kurz schweigend gebetet. Der Papst führte in seiner Rede aus: „Das Heilige darf nicht zur Stütze von Macht werden, und die Macht darf sich nicht auf das Heilige stützen! Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden.“

Distanzierung von Kyrill

Ohne ihn beim Namen zu nennen, distanzierte sich Franziskus damit von Äußerungen des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill. Er hatte wiederholt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit religiöser Rhetorik zu rechtfertigen versucht.

Nachdrücklich wandte sich der Papst gegen alle Formen von religiösem Fundamentalismus: „Die Stunde ist gekommen, um aus dem Fanatismus zu erwachen, der jedes Bekenntnis beschmutzt und verletzt.“ Zugleich verteidigte Franziskus die Religionsfreiheit und erinnerte an ihre Unterdrückung in den Jahrzehnten sowjetischer Herrschaft.

„Auch Demokratien brauchen Religion“

Auf der Suche nach Frieden seien Religionen Teil der Lösung für ein harmonisches Zusammenleben im Geist von Geschwisterlichkeit, so der Papst. Auch Demokratien brauchten Religion, „um auf den Durst der Welt nach Frieden zu antworten und auf den Durst nach dem Unendlichen, der im Herzen eines jeden Menschen wohnt“.

Der Papst ging auch auf die Folgen der Corona-Pandemie sowie auf Armut und Ungerechtigkeit in vielen Ländern ein: „Solange Ungleichheit und Ungerechtigkeit wüten, werden schlimmere Viren als Covid nicht aufhören: jene von Hass, Gewalt und Terrorismus.“

„Religionen gemeinsam gegen Klimawandel“

Ein weiteres Thema der Rede war die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen. Angesichts des Klimawandels müsse das gemeinsame Haus der Schöpfung „geschützt werden, damit es nicht der Logik des Profits unterworfen wird, sondern zum Lob des Schöpfers für künftige Generationen erhalten bleibt“, so der Papst. Angehörige von Religionen könnten nicht zulassen, dass Gottes Schöpfung „verschmutzt, misshandelt und zerstört wird“. Auch für den Widerstand dagegen müssten sie ihre Kräfte bündeln.

Nach weiteren Reden waren private Begegnungen der Religionsdelegationen vorgesehen. Auch Vertreter des russisch-orthodoxen Patriarchats sind anwesend, anders als zunächst geplant aber nicht Patriarch Kyrill. Seit 2003 – auch als Reaktion auf den islamistischen Terroranschlag vom 11. September 2001 in den USA – lädt die kasachische Regierung alle drei Jahre zu einem „Kongress von Welt- und traditionellen Religionen“ ein.

Kritik an „Invasion“ der Ukraine

Bei seiner Ankunft in Kasachstan hatte der Papst am Dienstag von einer „Invasion“ der Ukraine gesprochen. Vor Politikern und Diplomaten sagte er, er komme mitten in einem „wahnsinnigen und tragischen Krieg, der durch die Invasion in die Ukraine ausgelöst worden“ sei.

In früheren Äußerungen zum Krieg hatte Franziskus eine Schuldzuweisung an den russischen Aggressor vermieden; die ukrainische Regierung hatte darauf mit Protesten reagiert. Auch diesmal nannte der Papst weder Russland noch Präsident Wladimir Putin mit Namen. Er ließ aber keinen Zweifel, welche der beiden Kriegsparteien Auslöserin der Kampfhandlungen war.

Aufruf zum Dialog „mit allen“

Der Papst führte aus: „Wir brauchen Führungspersönlichkeiten, die es den Völkern auf internationaler Ebene ermöglichen, einander zu verstehen und miteinander zu reden“. Um eine stabilere und friedlichere Welt aufzubauen, seien „Verständnis, Geduld und Dialog mit allen nötig. Ich wiederhole: mit allen.“

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