Pater Marek Dziedzic befürchtet langandauernden Krieg

Mitten im Ukraine-Krieg - ehemaliger Bistums-Priester lebt in Lwiw

  • Pater Marek Dziedzic lebt in der westukrainischen Stadt Lwiw und hilft bedürftigen Menschen.
  • Der katholische Priester war fünf Jahre lang in der Pfarrei St. Ludgerus in Borken-Weseke tätig, bevor er weiterzog.
  • Die Stadt sei voll von Flüchtlingen und Spenden immer willkommen, berichtet der Seelsorger.

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Er glaubt nicht an ein baldiges Ende. Und auch nicht an einen Sieger. Seit April lebt Pater Marek Dziedzic in der westukrainischen Stadt Lwiw. Auch wenn Dziedzic, der zum Orden der Hünfelder Oblaten gehört, selbst für Lebensmittel und Miete auf das Geld aus den Gottesdienst-Kollekten angewiesen ist, versuchen sein Mitbruder und er, mit denen zu teilen, die in der vom Krieg zerstörten Stadt noch weniger haben als die beiden katholischen Priester.

„Wir helfen, wo wir können, mit dem, was wir haben“, erklärt der Pater. Schon vor dem russischen Angriff war er in der Ukraine. Auf eigenen Wunsch. „Ich wollte unbedingt in die Mission“, begründet der 53-Jährige. Zuvor hat der gebürtige Pole mehr als zwei Jahrzehnte in Deutschland gearbeitet, war von 2010 bis 2015 Pfarrer in der Pfarrei St. Ludgerus in Borken-Weseke. Doch dann zog es ihn weg. Missionsfernweh.

Sabbatjahr in der Ukraine

Von Deutschland schickte ihn sein Orden zuerst nach Schweden. Doch die Großstadt Malmö war für ihn kein wirkliches Missionsgebiet. Zum 25-jährigen Ordensjubiläum nahm sich Dziedzic eine Auszeit und verbrachte 2020 ein Sabbatjahr in der Ukraine, in einer Stadt 100 Kilometer entfernt von Kiew und nahe der Grenze zu Russland.

Die Menschen dort hat der Ordenspriester sofort ins Herz geschlossen: „Sie sind freundlich und hilfsbereit, nicht satt vom Wohlstand.“ Gerne war er für sie da. Doch dann wurde er krank, brauchte gute medizinische Versorgung.

Lwiw ist voll von Flüchtlingen

Als es Dziedzic besser ging, zog er im Frühjahr 2022 nach Lwiw: „Da war schon Krieg.“ Im vierten Stock einer Plattenbauwohnung bildet er mit einem Mitbruder eine kleine Kommunität, eine geistliche Gemeinschaft. Die nahegelegene Kirche müssen sie für die Gottesdienste mieten.

„Die Stadt ist voll mit Flüchtlingen“, beschreibt der katholische Priester die Situation in Lwiw. Und ständig kommen mehr Menschen, die Sicherheit suchen. Sie bringen die seelischen Folgen des Krieges mit. Pater Dziedzic und sein Mitbruder leisten ihnen Beistand, so gut es geht.

Luftalarm gehört zum Alltag

Viele Menschen in Lwiw sind auf die Lebensmittelspenden angewiesen. | Foto: privat
Viele Menschen in Lwiw sind auf die Lebensmittelspenden angewiesen. | Foto: privat

Auch wenn sich der Schwerpunkt der Kämpfe in den Osten der Ukraine verlagert hat. Zwei-, dreimal am Tag gibt es aber auch in Lwiw Luftalarm. Meistens in den frühen Morgenstunden. „Inzwischen sind wir abgestumpft, wir gehen nicht mehr in die feuchten, kalten Schutzräume“, berichtet Marek Dziedzic.

Dass mehr und mehr junge Männer eingezogen werden, sieht der Oblaten-Pater mit zunehmender Sorge. Immer wieder kämen diese nach kurzer Zeit zurück – tot. Doch nicht nur das würdevolle Beerdigen der gefallenen Soldaten sieht Dziedzic als seinen Dienst an, auch das Kümmern um ausreichend Medikamente, Lebensmittel und Kleidung. „Es fehlt an allem“, betont er – und hofft, wie er anfügt, auf Hilfe, obwohl er weiß, dass auch in Deutschland und den Nachbarstaaten die wirtschaftliche Lage schwieriger wird.

Pater kritisiert Selenskyj

Pater Marek Dziedzic lebt seit April 2022 in der westukrainischen Stadt Lwiw. | Foto: privat
Pater Marek Dziedzic lebt seit April 2022 in der westukrainischen Stadt Lwiw. | Foto: privat

Um Moral und Motivation hochzuhalten, werde in der Ukraine über den Verlust an Menschen und Waffen geschwiegen. Das kreidet Marek Dziedzic Präsident Wolodymyr Selenskyj an. Die jungen Männer, die für den Krieg rekrutiert würden, hätten keine Ahnung, was sie erwartet: „Die psychischen Folgen sind unheilbar.“

Unruhig verfolgt der ehemalige Weseker Pfarrer Putins angeordnete Teilmobilmachung. Er hofft, dass diese Entscheidung Proteste bei den neureichen Oligarchen auslöst, die letztendlich zu einer Absetzung des russischen Präsidenten führen werden.

Hilfen in Lwiw immer willkommen

Angst, dass die Menschen in der Ukraine es nicht durch den üblicherweise klirrend kalten Winter schaffen, hat der Ordenspriester nicht: „Sie sind gewohnt, wenn Heizung und Strom ausfallen.“ Hilfe, betont Pater Marek Dziedzic am Ende des Telefonates noch einmal, sei aber trotzdem willkommen und sinnvoll.

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