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Die Deutsche Bischofskonferenz will zur Verbesserung der Missbrauchsaufarbeitung einen Expertenrat einrichten. Bischof Helmut Dieser warb für die Beteiligung der Politik. Der Expertenrat soll seine Arbeit 2024 aufnehmen.
Die katholische Kirche in Deutschland will ihre Missbrauchsaufarbeitung verbessern – auch mit Hilfe der Politik. Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Helmut Dieser, warb am Mittwoch für eine politische Beteiligung am geplanten Expertenrat. Auch eine Mitwirkung von Vertretern von Parteien oder Parlamenten sei denkbar: „Wir haben da keine Ablehnung, sondern wir sind offen dafür, darüber genau nachzudenken.“
Zuvor hatten die Bischöfe bei ihrer Vollversammlung in Dresden nächste Schritte für die Umsetzung einer Neustrukturierung der Missbrauchsaufarbeitung beschlossen. Der Aachener Bischof Dieser sagte: „Der Expertenrat ist kein politisches Instrument, aber er braucht eine gesellschaftlich anerkannte Legitimation. Und da könnte uns die politische Seite helfen.“
Kerstin Claus hat Beteiligung zugesagt
Dem Rat sollen Experten unterschiedlicher Fachbereiche angehören, etwa aus Justiz, Medizin, Psychologie, Soziologie und Kriminalistik. Zwei der insgesamt bis zu zehn Mitglieder werden vom bereits bestehenden Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz entsandt.
Mit Blick auf die Auswahl der Experten sagte Dieser, es wäre der Bischofskonferenz am liebsten, wenn die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, mit ihrer Expertise dies übernehmen könnte. Sie habe zumindest schon eine Beteiligung zugesagt.
Expertenrat startet 2024
Zum Januar 2024 soll der Expertenrat seine Arbeit aufnehmen. Hauptaufgaben sind jährliche, öffentliche Berichte zur Erfassung aller Aufarbeitungs- und Präventionsmaßnahmen in den einzelnen Bistümern sowie zum Umsetzungsstand vereinbarter Standards und Richtlinien, inklusiver „dringlicher Empfehlungen“ zur Verbesserung und Weiterentwicklung.
Die Bischöfe hatten im vergangenen Herbst beschlossen, mithilfe unabhängiger Fachleute den sexuellen Missbrauch an Kindern besser aufzuklären und zu bekämpfen. Das soll durch die koordinierte Zusammenarbeit des bestehenden Betroffenenbeirats der Bischofskonferenz mit dem neuen Expertenrat und einer neuen bischöflichen Fachgruppe gelingen.
Bischöfliche Fachgruppe gegründet
Dieser erklärte: „Die staatlichen Stellen sagen uns: Es ist gut, dass ihr vorangeht, wir sind noch nicht so weit, wie ihr jetzt für euren Bereich sein könnt.“ Die Kirche werbe auch bei der Politik dafür, dass der unabhängige Expertenrat ein Instrument sein könnte für die Gründung etwa einer Wahrheitskommission, die Missbrauch in der gesamten Gesellschaft in den Blick nimmt. Dazu seien Gespräche mit den Sprechern der im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien geführt worden.
Neben dem Expertenrat wird eine bischöfliche Fachgruppe eingerichtet. Die Bischofskonferenz wählte dafür als Mitglieder neben Dieser noch den Freiburger Erzbischof Stephan Burger sowie die Bischöfe Michael Gerber (Fulda), Franz Jung (Würzburg), Peter Kohlgraf (Mainz), Stefan Oster (Passau) und Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen).
Erzbischof Burger: Die Gefahr von Missbrauch ist Realität
Erzbischof Burger erklärte: „Wir Bischöfe müssen verantworten, was wir tun. Man wird uns an unserem Handeln messen.“ Viel sei schon in den zurückliegenden Jahren geschehen: „Und doch spüren wir: Die Gefahr von Missbrauch ist eine Realität in unserer Kirche und unserer Gesellschaft, der wir wirkungsvoll entgegentreten müssen. Der Kampf gegen Missbrauch und Gewalt gehört daher auch in die Mitte von Kirche und Gesellschaft.“