Bischof gibt Amt des Missbrauchsbeauftragten auf – Auch Lob für Arbeit

Missbrauchs-Betroffene sehen nach Rückzug von Ackermann auch Chancen

  • Nach dem angekündigten Rückzug des Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, sieht der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz neue Chancen für die Aufarbeitung.
  • Zugleich würdigte der Beirat Ackermanns Arbeit.
  • Ebenso äußerten sich das ZdK und Kerstin Claus, die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung.

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Nach dem angekündigten Rückzug des Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, sieht der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz neue Chancen für die Aufarbeitung. Der Beirat sowie Kerstin Claus, die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, fanden auch lobende Worte für den Bischof.

Der Betroffenenbeirat merkt an, bei wesentlichen Themen wie einer gut ausgestatteten und begleiteten Betroffenenarbeit, einer adäquaten Anerkennung des Leids und der transparenten Aufarbeitung sexualisierter Gewalt seien „bislang nur Ansätze zu erkennen“. Echte Lösungen „oder gar grundlegende und von Bischöfen wie Betroffenen gemeinsam getragene Perspektiven fehlen weiterhin und müssen zwingend gefunden werden“.

Beirat fordert mehr Beteiligung

Das Gremium fordert die Bischofskonferenz auf, den Beirat am Prozess von Beginn an gleichberechtigt zu beteiligen. Es müsse sich nun zeigen, was oft benannt, aber bisher selten gelebt werde: „Miteinander reden anstatt übereinander, gemeinsam entscheiden und handeln anstatt behandelt zu werden.“

Zugleich würdigt der Beirat Ackermanns Engagement. Der Bischof „hat zu einer Zeit die Bearbeitung dieses Themas über- und angenommen, in der die überwiegende Mehrheit der deutschen Bischöfe meinte, die Missbrauchsthematik sei an sich eine temporäre Erscheinung.“ Durch sein Handeln „auch gegen Widerstand aus dem Bischofskollegium“ sei im Feld sexualisierter Gewalt Einiges auf den Weg gebracht worden.

Regierungsbeauftragte Claus: Ackermanns Amt war wichtiges Signal

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, betonte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur, die Beauftragung Ackermanns 2010 sei ein wichtiges Signal gewesen, das zu diesem Zeitpunkt so deutlich von keiner anderen Institution gekommen sei. Ackermann habe entscheidend dafür gesorgt, dass Prävention und Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche vorangetrieben würden.

Dagegen habe er als Trierer Bischof viel Unmut auf sich gezogen. Claus nannte die Nennung des Klarnamens einer unter Pseudonym bekannten Betroffenen sexueller Übergriffe. Die Beauftragte erklärte, sie hoffe, dass mit Blick auf die Aufarbeitung in der katholischen Kirche kein Vakuum entstehe.

ZdK: Um das Amt hat sich niemand gerissen

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sagte, Ackermann seien „entscheidende Erfolge zu verdanken“. Der Bischof habe dazu beigetragen, dass die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen Anfang 2021 ihre Arbeit aufgenommen habe. Auch die Ausarbeitung von Präventionskonzepten trage seine Handschrift.

„Bischof Ackermann hat 2010 eine Aufgabe übernommen, um die sich mutmaßlich niemand in der Bischofskonferenz gerissen hat“, sagte Stetter-Karp. Dafür zolle sie „Respekt und Anerkennung“.

Ackermann: Wir haben einen Lernprozess hinter uns

Ackermann selbst betonte bei einer Veranstaltung am Donnerstagabend, die katholische Kirche habe bei der Missbrauchs-Aufarbeitung einen Lernprozess hinter sich. Die Kirche habe direkt mit Bekanntwerden erster Missbrauchsfälle 2010 signalisiert, dass sie Unterstützung von außen brauche.

Mit Veröffentlichung der sogenannten MHG-Studie 2018 habe die Kirche noch deutlicher gesagt, dass nicht allein aufarbeiten könne und nicht „Richter in eigener Sache“ sein wolle. Die Kirche brauche die Perspektive von außen, von Experten und Betroffenen. Diesen Wunsch habe die Bischofskonferenz in der 2020 gemeinsam mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung verabschiedeten Erklärung zu einheitlichen Kriterien bei der Aufarbeitung festgeschrieben.

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