Zum Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März

Mut, Freude und Gottvertrauen: Das ist Max Bögel aus dem Stift Tilbeck

Max Bögel ist in Stift Tilbeck bekannt als einer, der sich für vieles begeistern lässt. | Video: Michael Bönte

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Am 21. März ist Welt-Down-Syndrom-Tag. Das Datum greift symbolisch die Tatsache auf, dass bei den Menschen mit dieser Beeinträchtigung das Chromosom 21 dreimal vorkommt. Ihnen gehört an diesem Tag besondere Aufmerksamkeit. Wie auch Max Bögel aus dem Stift Tilbeck.

Max Bögel ist eine „Rampensau“. Das sagen viele in Stift Tilbeck, einer Wohn- und Arbeitseinrichtung der Caritas für Menschen mit Beeinträchtigung in der Nähe von Havixbeck. Was sie damit meinen: Der 53-Jährige ist mutig, forsch, kann sich für vieles begeistern. Und er ist vor allem eins: redselig. Wenn er von seinem Leben erzählt, kommt für den Zuhörer oft in kurzer Zeit alles zusammen: Nachdenkliches, Lustiges, Trauriges, Spannendes…

Seine Geschichte beginnt bei der Geburt als Zwilling. „Eine Minute vor meinem Bruder.“ Max kam mit dem Down-Syndrom zu Welt, sein Bruder ohne Behinderung. Immer noch spielt der „Kleine“, wie er ihn nennt, eine große Rolle im Leben von Max. „Er hat mir das Klavierspielen beigebracht.“ So wie sein Opa, an den er immer denkt, wenn er sich an das Instrument setzt. „Das erinnert mich an früher“, sagt er. „An die Vergangenheit.“ Ein nachdenklicher Moment – das ist ihm deutlich anzumerken.

120 Lieder kann er auswendig

Das Klavierspiel war eine der ersten Aufgaben, die Max in der hauseigenen Kapelle übernahm. Denn auch dort ist er gewissermaßen eine „Rampensau“: Er begleitet die Gemeinde am E-Piano, ist als Lektor im Einsatz und Messdiener. 120 Lieder gehören zu seinem Repertoire – Kirchenlieder, Volkslieder, Pop. „Ich spiel nach Gehör.“ Mit einem Finger. „Mein Bruder kann das zweihändig.“

Dass er sich regelmäßig an den Ambo der Kapelle stellt, hat auch eine Vorgeschichte. Er liest für seine Leben gern. Vor allem Bücher über Planeten, Tiere und Geschichte. Max verblüfft seine Gesprächspartner nicht selten mit Wissen über die griechische Mythologie. „Ich weiß, wer die Frau von Zeus war, und wie das geflügelte Pferd von Poseidon hieß.“ Die biblischen Geschichten hat er ebenso verinnerlicht. „Als Jesus Wasser zu Wein machte“, nennt er seine Lieblingsstelle. „Das finde ich cool.“ Um dann einen lustigen Gedanken nachzuschieben: „Darüber gibt es auch ein Lied – Sieben Fässer Wein von Roland Kaiser.“

Gottesdienst mit besonderer Lebendigkeit

Kreativität und Ehrlichkeit spiegelt sich darin wider, die in den Gottesdiensten in Stift Tilbeck ihren Platz haben. „Wir singen hier immer mehrstimmig“, sagt Seelsorgerin Ludiwina Wilken. Was sie meint: „Die Stimmlagen und Lautstärke unserer Bewohner sind individuell.“ Es menschelt in jedem Moment. „Die Menschen von außerhalb, die mit uns hier feiern, sprechen immer von einer ganz besonderen Lebendigkeit.“

Dezente Zurückhaltung oder ein Verstellen gibt es nicht. Das gilt auch für den Glauben der Mitarbeiter und Bewohner. „Sie können ihre Spiritualität viel direkter leben, als wir das oft können“, sagt Wilken. „Bei uns ist oft der Kopf dazwischengeschaltet – hier geht es direkt in die Seele.“

Gefühle in der Kirche: Mut, Trauer und Stolz

Auch in die Seele von Max. „Das sind Gottesgeschichten“, sagt er zu seinen Lesungstexten. „Sie haben mir Mut gegeben, als mein Vater gestorben ist.“ Er nimmt sich einige Augenblicke Zeit für seine Traurigkeit. Dann kehrt Stolz zurück. „Es sind gute Geschichten – gefirmt bin ich übrigens auch.“

Sein Einsatz in der Kapelle hat auch einen wichtigen geselligen Wert für ihn. 30 Menschen mit Behinderung sind in der Messdiener-Gruppe. Mit körperlichen, geistigen, nicht selten mit mehrfachen Beeinträchtigungen. „Jeder bringt sich so ein, wie er kann“, sagt Wilken. „Jeder Mensch wird gebraucht – das ist ein wichtiges Gefühl für uns alle.“

Gebraucht wird Max auch in der Band der Einrichtung. Bei „T-Box“ spielen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam. Er sitzt natürlich am E-Piano. Und ist auch dort eine „Rampensau“, wenn es auf die Fahrten zu Konzerten geht. Er bleibt nicht lange bei den Berichten davon stehen. Schnell vermischen sich die Erinnerungen mit seinen vielen anderen Unternehmungen. „Preußen Münster, Ski fahren, acht Mal war ich schon bei Starlight-Express…“ Jetzt ist die Begeisterung in seinen Erzählungen zurückgekehrt.

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