Engagierten fehlen zentrale Angebote

„Ohne uns geht's nicht“ - Erwachsenen-Messdiener fordern Unterstützung

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Beim Seminar für erwachsene MessdienerInnen in der Landvolkshochschule Freckenhorst wurde deutlich: Der Stellenwert ihres Dienstes wird nicht überall wahrgenommen.

„Ohne uns Silberköpfe geht es nicht mehr“, sind sich die Teilnehmenden am Seminar für Erwachsenen-MessdienerInnen in der Landvolkshochschule Freckenhorst (LVHS) im Kreis Warendorf einig. Ein Satz mit viel Humor, aber auch Selbstbewusstsein. Denn die Engagierten, zumeist im Seniorenalter, fühlen sich schon lange nicht mehr als „Lückenbüßer“. Sie übernehmen mittlerweile einen großen Teil des liturgischen Dienstes, der sonst ohne Ministranten auskommen müsste.

„Ein Überblick über die Zahl erwachsener Messdiener im Bistum Münster ist schwer zu geben“, sagt Maximilian Hermes, der als Leiter des Fachbereichs „Theologie – Spiritualität – Religiöses Leben“ in der LVHS die Seminare jedes Jahr ins Leben ruft. „Das wird alles in den Pfarrgemeinden vor Ort organisiert.“ Eine Kritik klingt dabei mit: „Während es für die Messdienerarbeit mit Kindern und Jugendlichen viel Unterstützung gibt, gibt es keinen zentralen Ansprechpartner, keinen pastoralen Leitfaden und keine zentralen Angebote im Bistum.“

Wertschätzung in Pfarreien unterschiedlich

Und auch in den Pfarrgemeinden werden die alten Messdiener nicht immer unterstützt, weiß Hermes. „Organisation, Austausch, Vernetzung – das bleibt oft bei den Aktiven selbst hängen.“ Die Wertschätzung ihres Dienstes sei von Pfarrei zu Pfarrei sehr unterschiedlich. „Es wäre schön, wenn ihr Engagement flächendeckend bekannter würde und sie vor Ort mehr Beachtung fänden.“

Grund genug dafür gibt es. Denn sie stehen immer dann zur Verfügung, wenn es den jungen Ministranten zeitlich nicht möglich ist, am Altar zu stehen. Durch die Einführung der offenen Ganztagsschulen vor 20 Jahren wurde das befeuert. Werktagsmessen und Beerdigungen sind seitdem auf die Senioren angewiesen. Auch die Ausdehnung des Freizeit- und Sportangebots für Kinder- und Jugendliche auf die Sonn- und Feiertage trägt dazu bei.

Erwachsene Messdiener keine Exoten mehr

„Wir sind längst keine Exoten mehr“, sagt Kuhlmann. Der 72-Jährige aus der St.-Dionysius-Pfarrei in Nordwalde ist mehr als zehn Jahre dabei. „Wir haben mittlerweile 20 Erwachsenenmessdiener, auch fünf Frauen.“ Für ihn ist der Einsatz ein Ehrenamt, bei dem er sich „sinnvoll einbringen“ kann. „Ich habe die Zeit, tue etwas für andere und habe Kontakt zu vielen Menschen.“

Dass erwachsene Ministranten als Kinder auch am Altar standen, ist nicht die Regel. Eher die Ausnahme haben sie im Austausch unter den 15 Teilnehmenden am Seminar erfahren. „Ich habe damals meinen ersten Einsatz verschlafen und durfte nicht wiederkommen“, erinnert sich Kuhlmann lachend. „Ich war lange kein regelmäßiger Kirchgänger – bis das Messedienen mich wieder in die Kirche geführt hat.“

Neue Kontakte zur Pfarrgemeinde

Das ist auffällig: Die Senioren am Altar kommen oft nicht aus dem inneren Kreis der ehrenamtlich Engagierten in Verbänden oder Gremien. „Sie kommen mehr von außen, haben durch ihr Engagement einen neuen Kontakt zur Pfarrgemeinde“, sagt Alfons Reinker. Er ist seit Jahren in der Pfarrgemeinde St. Bonifatius und St. Lambertus in Freckenhorst engagiert. „Ausgangspunkt ist bei vielen das Interesse am Ehrenamt.“

Es bleibt damit ein wenig Zufall, wie sich die Gruppen in den Pfarrgemeinden entwickeln. Direkte Ansprache, Mund-zu-Mund-Propaganda oder persönliche Initiative sorgen für Nachwuchs. „Es gibt keine offene Werbung“, sagt Erich Poppenborg, ebenfalls aus Freckenhorst. Er kann sich erinnern, wie er selbst vom Seelsorger am Rande einer Veranstaltung angesprochen wurde: „So was könntest du doch auch machen, oder?“

Treffen für den Blick über den Tellerrand

Umso wichtiger sind zentrale Angebote wie die der LVHS in Freckenhorst, sagen die Teilnehmenden. Der eigene Einsatz bekommt einen anderen Stellenwert. Auch inhaltlich sind die Treffen bereichernd. Das christliche Verständnis von Tod und Trauer stand schon auf dem Programm oder die „Liturgie im Wandel“.

Aktuell beschäftigen sich die erwachsenen Messdiener mit Heiligen, Festen und Bräuchen im Münsterland. Auch da gibt es vieles, was über den Tellerrand hinausschauen lässt und das Gefühl einer größeren Gemeinschaft der Engagierten stärkt.

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