Themenwoche „Bistumspartnerschaften in der Diözese Münster“ – Teil 3

Rumänische Kinder haben eine Perspektive - dank Hilfe aus Vechta

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Nach ersten Hilfstransporten der Pfarrgemeinde St. Maria Frieden Vechta ist 1997 ein Kinderheim im rumänischen Barati/Bacau eröffnet worden. 2007 entstand der „Verein Kinderhilfe Rumänien“. Cosmin Croitoru, Kaplan in St. Mariä Himmelfahrt Vechta, und Jürgen Dartsch äußern sich im Interview zum Stand der Partnerschaft.

Was hat Sie an der Kirche im anderen Land überrascht? Was hat Sie begeistert?

Jürgen Dartsch: Bei meinem ersten Besuch in Rumänien vor 30 Jahren war ich überrascht von dem sehr guten Besuch der Kirchen (auch der orthodoxen Kirchen). Es gab mehrere Gottesdienste, nicht nur an den Wochenenden, sondern auch in der Woche. Teilweise standen die Kirchenbesucher draußen; es waren damals noch die alten kleinen Kirchen! Mittlerweile hat nicht nur die katholische, sondern auch die orthodoxe Kirche große, gewaltige Kirchen gebaut. Auch diese Kirchen waren nach Fertigstellung und Eröffnung fast in allen Gottesdiensten, jedenfalls sonntags, sehr voll. Wie man allerdings jetzt hört, wird auch der Kirchenbesuch in Rumänien zunehmend geringer. Das kann auch teilweise daran liegen, dass ja viele junge Leute in andere Länder auswandern.

Kaplan Cosmin Croitoru: Begeisterung und Kirche – da fehlt mir im Moment die Fantasie, etwas zu schreiben. Ich kann das zum Teil verstehen – und für all das steht das Fragezeichen. Dann ist da auch das Ausrufezeichen. Ich bin begeistert, dass sich wieder Menschen zusammengefunden haben, die für Menschen in Not da sind. Der rote Faden: Ohne Begeisterung geht es nicht. Und immer wieder wird klar: Begeisterung ist von Leidenschaft nicht zu trennen. Sie kostet uns etwas. Immer investiere ich etwas von mir in meine Begeisterung und Leidenschaft. In Friesoythe und auch in Vechta gibt es Männer und Frauen, Kinder und Jugendliche, die davon erzählen, wofür sie brennen, was sie begeistert. Bei dem einen ist das fromm, bei dem anderen klingt das sehr weltlich. Ich bin überzeugt: Der Geist Gottes ist überall dabei. Er ist eine Kraft zum Leben – zum Leben in all seinen Facetten. Im Kirchenraum und weit darüber hinaus.

Gibt es etwas, das die Kirche im eigenen Land von der Kirche im anderen Land lernen kann?

Jürgen Dartsch: Nach meiner Einschätzung gibt es keinen Grund, dass die Kirche hier von der Kirche in Rumänien etwas lernen könnte.

Kaplan Cosmin Croitoru: Im Mittelpunkt des christlichen Glaubens steht schließlich nicht eine Lehre und nicht ein Gesetz, sondern Jesus Christus. Daher appelliere ich immer wieder, die Kirche in Rumänien und in Deutschland müsse sich als das „offene Herz Gottes“ gegenüber den heutigen Menschen darstellen. Das ist mir ganz wichtig!

Welche Probleme/Themen des anderen Landes sind Ihnen eher fremd?

Jürgen Dartsch: Bei meinem ersten Besuch im Jahr 1992 habe ich in vielen Dörfern und Städten Rumäniens die Armut der Menschen gesehen, die auch heute noch bei vielen Menschen und Familien, vor allem in ländlichen Bereichen, zu sehen ist. Deshalb machen wir in Vechta auch heute noch die Rumänienhilfe, um diese Menschen dort mit Hilfsgütern (Textilien wie Bekleidung, Bettwäsche, Decken sowie Schuhe und medizinische Hilfsgüter) zu unterstützen. Etwa alle drei Monate geht ein großer Lkw nach Rumänien, überwiegend an die dortige Caritas in Bacau.

Kaplan Cosmin Croitoru: Sowohl in Rumänien als auch in Deutschland gibt es die gleichen Probleme, kann ich vermuten. Wir sind Menschen und arbeiten mit Menschen zusammen. Eventuell ein bisschen mehr Transparenz von der Kirche würde bestimmt guttun.

Erzählen Sie uns Ihr eindrucksvollstes Erlebnis mit den Menschen aus dem Partnerland.

Jürgen Dartsch: Das schönste Erlebnis bei jedem Besuch in Rumänien (bis heute war ich 23 Mal dort) war die Gastfreundschaft und die Dankbarkeit aller Leute. Wir haben immer so glückliche Kinder erlebt, wenn wir ihnen etwas Süßes mitgebracht haben. Wenn wir beim Kinderheim ankamen, wurden wir von den Kindern umarmt und herzlich begrüßt. Aber auch die Schwestern und andere Bekannte freuten sich über unseren Besuch.

Kaplan Cosmin Croitoru: In vier Jahren hatte ich ganz viele schöne Erlebnisse. Das schönste für mich war, als zwei Gruppen aus Friesoythe nach Rumänien geflogen sind. Wir haben eine Wallfahrt organisiert, mit Pfarrer Uli Bahlmann und Michael Borth. In der Zeit fühlte ich mich sehr glücklich. So haben einige Deutsche gesehen, dass Rumänien ein super Land ist.

„Verein Kinderhilfe Rumänien“
Die damals selbstständige Pfarrgemeinde Maria Frieden Vechta hat kurz nach der Wende damit begonnen, Hilfstransporte nach Rumänien durchzuführen. Daraus entwickelte sich die „Rumänienhilfe“. Aufgrund eines Vermächtnisses einer Vechtaer Bürgerin, dem Engagement von Pastor Richard Büssing und mit großer Unterstützung aus der Gemeinde konnte 1997 das Kinderheim „St. Maria“ in Barati/Bacau eröffnet werden. Dort leben Waisen, Kinder aus schwerst zerrütteten Familienverhältnissen und einige geistig behinderte Kinder. Im Zuge der Neuordnung der Gemeinden ist im Jahr 2007 von Freunden des Kinderheims der „Verein Kinderhilfe Rumänien“ gegründet worden. Der Verein führt die Aufgaben der bisherigen Gemeinde Maria Frieden selbstständig fort, ist aber mit der Kirche und der neuen, fusionierten Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt Vechta weiterhin eng verbunden. (pd)

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