Themenwoche zur Jugendumfrage „Sag an!“ im Bistum Münster (5)

„Sag an!“: BDKJ-Präses und Psychologin für glaubwürdige Jugend-Angebote

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Die Jugendumfrage „Sag an!“ im Bistum Münster zeigt, dass seitens der Kirche Handlungsbedarf besteht. Das sagen Psychologin Andrea Stachon-Groth und BDKJ-Bundespräses Stefan Ottersbach zu den Ergebnissen.

Psychologin Andrea Stachon-Groth: Es braucht Orte der Begegnung

Die jungen Menschen formulieren Bedürfnisse nach „Begegnungen, respektvollen Beziehungen, emotionaler Nähe, Sicherheit und Halt in Beziehungen, Kontakt und Experimentierraum, stärkende Resonanz, bedingungslose Zuwendung“, sagt Andrea Stachon-Groth. Sie empfiehlt der Kirche deshalb, unkonventionelle und niedrigschwellige Orte der Begegnungen zu schaffen. Also ein Hinein-Gehen in die Lebenswelt der Jugendlichen: „An Schulen, in Kneipen, in Treffpunkte in Stadtteilbezirken, Kulturzentren oder mit einem Begegnungsmobil…“

Dabei dürfe der Kontakt zu ihnen nicht wegbrechen, weil die Projektdauer irgendwann auslaufe. Denn die jungen Menschen bräuchten bei der Entwicklung ihrer Bindungs- und Beziehungsfähigkeit Sicherheit und Konstanz. Das gelte auch für den Kontakt zu den Bezugspersonen der Angebote, bei denen sie in ihrer „Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe und Annahme“ auf Menschen treffen sollten, die ihnen ohne Vorurteile begegneten. Eine Unvoreingenommenheit, die nicht allein für die emotionale Entwicklung, sondern auch auf der Suche nach einer körperlichen und sexuellen Selbstfindung wichtig sei: „Junge Menschen in der Entwicklung brauchen Raum, um sich auszuprobieren und das Zutrauen in die Entwicklung ihrer Fähigkeiten, keine vorschnelle Bewertung.“

BDKJ-Bundespräses Stefan Ottersbach: Jugendpastoral in Seelsorge-Ausbildung verankern

In der Studie sieht BDKJ-Bundespräses Stefan Ottersbach die Aufforderung, sich nicht auf „besonders fromme Angebote“ zu reduzieren, sondern „Chancen des Überschreitens von Milieugrenzen proaktiv“ zu suchen. Dafür müssten personelle Ressourcen geschaffen und die Vermittlung von jugendpastoralen Möglichkeiten in der Ausbildung von Seelsorgern verankert werden.

Kirche müsse auch für die Glaubwürdigkeit von Angeboten für die Jugend Sorge tragen. „Dies erfordert den Mut zur Umkehr derjenigen, die im Bistum Münster mit amtlicher Vollmacht ausgestattet sind.“ Es brauche die „demütige Anerkennung, dass es oftmals kirchliche Strukturen und kirchliche VerantwortungsträgerInnen waren und sind, die der Glaubwürdigkeit des Evangeliums unter jungen Menschen schweren Schaden zufügen.“

Ein Bischof habe zudem die Aufgabe, die Perspektiven und Themen junger Menschen in die laufenden synodalen Prozesse einzubringen. „Er kennt die jungen Menschen seines Bistums und weiß, dass sich in ihrem Leben der Geist Jesu artikuliert.“

Zur Person
Andrea Stachon-Groth leitet als Psychologin die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen im Bistum Münster. Sie rät, den Jugendlichen in ihrer Entwicklung unvoreingenommen zu begegnen.
Stefan Ottersbach ist Präses des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in Deutschland. Er sieht kirchliche Verantwortungsträger in der Pflicht, den Schaden anzuerkennen, den sie der Glaubwürdigkeit des Evangeliums unter jungen Menschen zugefügt haben.

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