Pfarrer Stefan Rau über Möglichkeiten des Präsenzunterrichts in Gotteshäusern

Schulunterricht in Kirchen – warum nicht?

  • Theologisch spricht nichts dagegen, Schüler während der Pandemie in Kirchen zu unterrichten, wie die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt vorschlug.
  • Pfarrer Stefan Rau aus Münster hält regelmäßigen Schulunterricht in seiner Pfarrkirche allerdings für unrealistisch.
  • Allerdings könnte sich der Pfarrer vorstellen, bei Einzelanfragen die Kirche als Raum zur Verfügung zu stellen.

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Könnten Kirchen helfen, dass Schüler wieder im Klassenverband vor Ort unterrichtet werden können? Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, rief kürzlich zu Kreativität auf, um wieder mehr Präsenzunterricht möglich zu machen. So sollten große Räume, die aufgrund der Pandemie derzeit leer stünden, für Unterrichtszwecke genutzt werden. Neben Theatern, Museen und Kinos seien das eben auch Kirchen, meint die Politikerin.

Ähnlich äußerte sich ein evangelischer Pfarrer in Hessen: In Kirchen könnten Schüler etwa im Religions- oder Geschichtsunterricht am historischen Ort lernen.

 

Pfarrer Rau: Regelmäßiger Unterricht nicht realistisch

 

Theologisch spräche nichts gegen diesen Vorschlag, sagt Pfarrer Stefan Rau aus Münster auf Anfrage von „Kirchen-und-Leben.de“. „Es ist nicht so, dass dadurch der Raum entweiht würde“, erklärt der Liturgie-Wissenschaftler. Er betont aber, dass kein Pauschalurteil gefällt werden könne. Es gelte, die Nutzung des Kirchenraums im Einzelfall „sehr gut abzuwägen“.

Stefan Rau. | Foto: Markus Nolte
Stefan Rau ist Pfarrer von St. Joseph Münster-Süd und Mitglied der Liturgiekommission im Bistum Münster. | Foto: Markus Nolte

Zur Pfarrei St. Joseph Münster-Süd, die Rau leitet, gehört die Josephskirche an der Hammer Straße, einer belebten Einkaufsstraße, was zu viel „Laufkundschaft“ im Gotteshaus führe. Dass in der Josephskirche regelmäßig Schulunterricht stattfinden könnte, hält der Pfarrer daher für nicht realistisch.

Anhand der Anzahl entzündeter Kerzen in der Pfarrkirche nehme er wahr, dass der Ort in der aktuellen Pandemie-Situation stärker als sonst als Raum für das persönliche Gebet angefragt sei: „So viele Kerzen brannten hier noch nie“, hat er beobachtet. Auch finden in St. Joseph täglich Frühmessen statt. Dieser ursprünglichen Bestimmung des Kirchenraums dürfe eine weitere Nutzung nicht entgegenstehen.

 

Pfarrer sieht mögliche Ausnahmen

 

So sieht das auch die „Nutzungsordnung für Kirchenräume“ des Bistums Münster vor. Darin heißt es: „Kirchengebäude sind grundsätzlich dem Gottesdienst vorbehalten.“ Die Nutzung von Kirchengebäuden müsse sich „daher an dem besonderen Widmungszweck orientieren“. Die Verantwortung „für den adäquaten Charakter einer Veranstaltung in dem Kirchengebäude“ trägt der Vorgabe zufolge der Pfarrer vor Ort.

Anders als einen möglichen Regelunterricht in der Kirche bewertet Pfarrer Rau die Chance für etwaige Einzelanfragen: „Wenn in dieser Ausnahmesituation etwa ein Gymnasium anfragen würde, ob eine Abitur-Klausur in der Kirche stattfinden könne, könnte ich mir das durchaus vorstellen.“

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