Themenwoche „Wo Weihnachten anders ist“ (1)

Weihnachten im Frauenhaus: Feiertage ohne Angst und Schläge

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Manchen Frauen und Kindern bleibt nur die Flucht vor dem gewalttätigen Mann und Vater. Manchmal auch noch an Heiligabend – in den Schutzraum Frauenhaus. Die Verantwortlichen in Vechta sagen, wie sie ein bisschen Freude vermitteln wollen – so gut es geht.

Vor ein paar Jahren standen Heiligabend zwei Frauen vor der Tür. Gemeinsam mit ihrer Mutter, die mit im Haushalt lebte, war die Tochter vor dem gewalttätigen Ehemann geflüchtet. Maria Neemann erinnert sich noch gut an den Morgen des 24. Dezember.

„Die Polizei hatte uns angerufen“, sagt die Leiterin des Frauen- und Kinder-Schutzhauses des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF) in Vechta. „Beide Frauen hatten Angst. Viel mitnehmen konnten sie nicht, nur das Nötigste.“ Die Frauenhaus-Leiterin lächelt: „Immerhin hatte die Mutter die Weihnachtsgans gerettet.“

Manchmal genügt ein winziger Anlass

„Wir wissen nie vorher, was an Weihnachten auf uns zukommt“, sagt sie. Die Sozialpädagogin weiß: Mitten im Erwartungsdruck von heiler Welt und Harmonie genügt manchmal schon ein winziger Anlass, um die Situation in einer Familie eskalieren zu lassen.

Die haupt- und ehrenamtlichen SKF-Helferinnen versuchen jedes Jahr, den bis zu fünf Frauen und ihren Kindern im Frauenhaus wenigstens ein bisschen Weihnachtsfreude zu vermitteln. In Vechta gehört dazu zum Beispiel eine gemeinsame Weihnachtsfeier, ein paar Tage vor dem Fest. Mit allen Frauen und ihren Kindern.

Maria Fragge besorgt mit den Kindern den Baum

Frauenhaus-Erzieherin Maria Fragge zieht dafür ein paar Tage vorher mit den Kleinen los, um einen Weihnachtsbaum zu besorgen. „Sie freuen sich immer darauf“, sagt sie, „und auch darauf, danach gemeinsam den Baum zu schmücken.“ Auf ein paar unbeschwerte Momente eben.

Die seien wichtig! Maria Fragge weiß, was viele der Kinder erlebt haben, bis sie mit ihrer Mutter von zu Hause weggegangen sind. Aber eben auch, wie hart für manche dieser Abschied war. Etwa, wenn sie seit Wochen im Kindergarten oder in der Grundschule für das Krippenspiel geprobt hatten – und von heute auf morgen herausgerissen wurden. Weil es nicht mehr ging.

Für alle gibt es Geschenke – dank Spenden

Für die Weihnachtsfeier hat das Frauenhaus-Team kleine Geschenke für alle vorbereitet. Spenderinnen und Spender machen das Jahr für Jahr möglich. „Und je nach finanzieller Lage der Frauen unterstützen wir sie, damit sie an Heiligabend auch selbst ihren Kindern etwas schenken können“, sagt Maria Neemann. Einen Fußball vielleicht, eine Taschenlampe, eine Puppe oder ein Feuerwehrauto. „Wichtig für uns ist nur, dass das Geschenk von der Mutter größer ausfällt als das vom Frauenhaus.“

Manche Frauen fragen auch nach Weihnachtsgottesdiensten in der Stadt. Der Kontrast zum Fest zu Hause bleibt dennoch groß. Die eine oder andere kann die Feiertage bei einer Freundin oder ihren Eltern verbringen. Maria Neemann nickt. „Sofern der Kontakt gut und die Situation dort sicher für sie ist.“

Telefonisch rund um die Uhr erreichbar

Aber nicht alle der maximal fünf Frauen im Vechtaer Frauenhaus haben diese Möglichkeit. Einige versuchen auch, im Frauenhaus das Beste aus der Situation zu machen, kochen zum Beispiel an den Feiertagen mit den anderen.

Und alle können sich darauf verlassen, dass sie im Falle einer Krise nicht allein gelassen sind. Auch über die Feiertage sind die ehren- und hauptamtlichen Helferinnen rund um die Uhr erreichbar – und im Notfall zur Stelle.

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