Themenwoche „Wo Weihnachten anders ist“ (2)

Weihnachten für Flüchtlinge: Für einen Moment die Sorgen vergessen

Anzeige

Eine Zeit lang die Sorgen vergessen, in Ruhe einen Kaffee trinken und die Kinder zum Lachen bringen - das ist die Idee der Weihnachtsfeier für Flüchtlinge in Drensteinfurt. Das Konzept geht auf, auch dank eines Clowns.

Die Gesichter der Erwachsenen sind gezeichnet von Flucht, Angst und Ungewissheit. Was wird die Zukunft bringen? Endlich Frieden für ihre Heimatländer? In Gedanken sind die Menschen, die sich im Pfarrheim von St. Regina in Drensteinfurt (Kreis Warendorf) zur Weihnachtsfeier treffen, weit weg: in Syrien, Afghanistan, Iran, Eritrea, Guinea, Albanien, Ghana und der Ukraine. Auf ihrer Herbergssuche sind sie in Drensteinfurt gestrandet, haben dort ein Dach über dem Kopf gefunden und Menschen, die sich liebevoll um sie kümmern.

Es sind gemischte Gefühle, die diese Menschen in einem für sie fremden Land bewegen. Umso wichtiger ist es, den Flüchtlingen Zuversicht zu vermitteln, sie für einige Stunden ihr Leid vergessen zu lassen. Das hat sich der Deutsch-Ausländische Freundeskreis (DAF) Drensteinfurt mit seiner Vorsitzenden Waltraud Angenendt und ihrem Team an diesem Nachmittag vorgenommen.

Clown Püppi sorgt für gute Laune

Auf den adventlich geschmückten Tischen brennen Kerzen. Es gibt Kaffee und Plätzchen. Sieben Dosen packt jedes Jahr eine ältere Frau für diesen Anlass. Kinder und Jugendliche drängeln sich an der Seite ihrer Eltern in dem voll besetzten Saal. Die ganz Kleinen sitzen auf dem Schoß ihrer Mütter und Väter. Ein syrischer Junge im Rollstuhl zwängt sich durch die Tischreihen. Ein drei Monate altes Baby einer Familie aus Guinea schläft trotz des Stimmengewirrs selig auf dem Arm einer Helferin. Bei den älteren Mädchen und Jungen herrscht gespannte Vorfreude, auf das, was da noch kommen wird.

Einem gelingt es, die Kinder zum Lachen zu bringen: Clown Püppi, alias Thomas Sieniawski aus Hamm, versteht es nicht nur in Kinder-Krankenhäusern den Patienten mit Spaß und guter Laune die Sorgen zu vertreiben. Sein Programm ist zum Mitlachen und Mitmachen. Die Kinder sitzen im Stuhlkreis oder auf dem Boden zusammen, als sich der 57-Jährige zunächst nur im Clownskostüm vor seinen Zuschauern schminkt, seine übergroßen Schuhe anzieht und sich zum Clown verwandelt.

Alle Kinder machen mit

Aus zwei Theaterkisten entnimmt er Springseil, Glocken und viele bunte Jonglierteller. Mit den mitgebrachten Requisiten werden die Kinder animiert, das Programm mitzugestalten. Das lassen sie sich nicht zweimal sagen. Immer wieder gehen die Finger hoch, wenn Püppi fragt, wer zum Beispiel über ein Seil springen oder auf einem Seil tanzen möchte. Unterbrochen wird die Vorführung von lautem Klatschen, während die Erwachsenen im Hintergrund still zusehen. 

Bei der Jonglage mit bunten Plastiktellern auf Stäben sind schließlich alle Kinder gefragt. Keine Frage: Mancher Teller purzelt auch mal wieder zu Boden. Aufgeben will jedoch keiner. Und so drehen sich am Ende viele Teller. Zum Schluss dürfen die Kinder nicht nur ein Autogramm mitnehmen – es ergießt sich auch ein Geschenkeregen über das begeisterte Publikum. Danach braucht der ins Schwitzen geratene Clown eine Verschnaufpause. Er nimmt für seinen Auftritt bei den Flüchtlingen übrigens keine Gage, verrät er bei einer Tasse Kaffee.

Ein Stück Weihnachtsgeschichte in Drensteinfurt

Währenddessen bereitet sich im Hintergrund schon ein anderer Mann auf seinen Auftritt vor. Der Besuch von Theodor Lohölter aus Sendenhorst als wohlgemerkt Bischof Nikolaus und nicht als Weihnachtsmann („Den gibt es nicht“, erklärt er den Kindern) hat schon viele Jahre Tradition beim Deutsch-Ausländischen Freundeskreis. Mit erwartungsvollen Gesichtern empfangen die Kinder den Mann, der von den guten Werken des Bischofs von Myra für arme Menschen erzählt. 

Der drei Monate alte Säugling ist inzwischen wach geworden, aber nicht von dem Trubel, sondern weil er Hunger hat und gestillt werden muss. Fast wie damals im Stall von Bethlehem. Die Weihnachtsgeschichte wird Wirklichkeit. Maria und Josef in Jeans, Boots, Schal und Parka als Migranten, die in einem Boot vielleicht die gefährliche Route über das Mittelmeer gewagt haben. Und die Engel am rettenden Ufer sind an diesem Nachmittag die Ehrenamtlichen des ausländischen Freundeskreises, die dem Nikolaus beim Verteilen der 80 mit Süßigkeiten gefüllten Tüten helfen. „Frieden auf Erden“ singen die Engel über dem Stall von Bethlehem. Nichts sehnlicher wünschen sich auch die Geflüchteten. Und einer der Anwesenden bringt es auf den Punkt: „Jeder Tag ist Weihnachten auf der Erde, jedes Mal, wenn einer dem anderen Liebe schenkt.“

Anzeige