Themenwoche „Wo Weihnachten anders ist“ (6)

Weihnachten im Hospiz: Besinnliches an einem Tag voller Leben

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Die Wünsche der Gäste stehen im Mittelpunkt des Elisabeth-Hospizes in Stadtlohn – besonders an Heiligabend. Das letzte Weihnachten soll festlich sein, auch in der Zeit des Abschiednehmens. Traurige Momente wechseln mit Phasen freudiger Erinnerung.

Mitarbeitende des Elisabeth-Hospizes in Stadtlohn im Kreis Borken haben vor einigen Tagen den Weihnachtsbaum im „Raum der Stille“ liebevoll und festlich geschmückt. Die Kerzen im Adventskranz an der Sitzecke im Flurbereich brennen. Ein großes Knusperhäuschen mit allerlei Süßigkeiten steht vor der Gemeinschaftsküche. Die Dekoration zeigt: Heiligabend und die Weihnachtstage stehen an.

Warten hat im Hospiz eine besondere Bedeutung, denn die Gäste der Einrichtung wissen um die Begrenztheit der „Tage voller Leben“, wie die letzte Lebenszeit genannt wird. Sie verbringen die letzten Lebenstage in dem Haus, das Platz für zehn Gäste hat. Einige von ihnen haben das Aufstellen des Weihnachtsbaums erlebt und lobend begutachtet. Ob sie auch an Heiligabend um 15 Uhr an einer Stunde der Besinnung teilnehmen werden, ist ungewiss.

Religiöse Bedürfnisse sehr verschieden

An Heiligabend wird Heike Brüggemann, langjährige Pflegefachkraft im Hospiz und zuständig für die seelsorgliche und psycho-onkologische Begleitung der Gäste, drei Texte vorlesen und vier weihnachtliche Lieder anstimmen. Wie viele Gäste teilnehmen werden, weiß sie nicht: „Es ist ein freiwilliges Angebot, um sich auf den Heiligabend einzustimmen. Jeder Gast darf es so machen, wie er es möchte.“

Wer die Kommunion empfangen möchte oder ein seelsorgliches Gespräch wünscht, für den nimmt sich Heike Brüggemann Zeit. In ihrer Heimatpfarrei ist sie Kommunionhelferin. „Ja, es gibt das Bedürfnis nach kirchlicher Nähe, aber nicht alle wünschen sie. Das darf auch so sein. Jeder darf seine Einzigartigkeit gänzlich entfalten und ausleben.“

Weihnachten als Zeitenwechsel

So ist auch der „Raum der Stille“ keine Kirche, keine Kapelle, keine Moschee, obwohl es durchaus ein Raum für ein Gebet sein kann. In diesem Raum dürfen die Gäste zur Ruhe kommen, Stille erfahren, entspannen. Der Raum ist bewusst schlicht gehalten. „Und doch darf und sollte der Weihnachtsbaum nicht fehlen. Er weckt Erinnerungen und symbolisiert wie die gestalteten Adventstage die besondere Zeit“, sagt Brüggemann.

Die Leiterin des Elisabeth-Hospizes, Rieke Liesmann, sagt, dass in der Adventszeit im Haus eine andere Stimmung herrscht. „Eine andere Zeitrechnung könnte man es nennen. Der eine Gast sagt: Ich will es bis Weihnachten schaffen, ich will noch einmal Heiligabend erleben. Andere sterbende Menschen, die auf einen Platz im Hospiz warten, fragen sich: Komme ich schon Weihnachten ins Hospiz oder kann ich die Weihnachtszeit noch zuhause verbringen?“, sagt Liesmann zur Frage nach der Stimmungslage und ergänzt: „Darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Weihnachten ist wie ein Zeitenwechsel.“

Zeit mit der Familie

Heiligabend ist ein besonderer Tag im Hospiz, der von jedem Gast unterschiedlich empfunden und erlebt wird. Einige bekommen Besuch von ihren Familien. Zwei oder drei Gäste haben die Möglichkeit, einige Stunden im Kreis der Familie zu verbringen. Sie werden tagsüber von Angehörigen abgeholt und kehren am frühen Abend ins Hospiz zurück.

Stirbt ein Mensch, so brennt eine Kerze vor seinem Zimmer, solange er oder sie noch im Haus ist. „Viele Angehörige wünschen auch Lichter am Bett des Verstorbenen“, sagt Brüggemann über ein Ritual des Abschiednehmens, das auch an den Weihnachtstagen nicht unterbrochen wird.

Schöne Erinnerungen werden wach

Traurige Momente wechseln mit Phasen freudiger Erinnerung. So hat der Adventskalender die Neugier so mancher Gäste geweckt. Wenn eine Blaskapelle im Innenhof des Hospizes Weihnachtslieder spielt oder Kinder von Pflegekräften und der KFD-Frauenchor ins Haus kommen, um zu singen, dann werden schöne Erinnerungen wach. „Ein Großteil unserer Gäste mag das. Nur wenige fühlen sich gestört und ziehen sich zurück. Das ist zu respektieren“, sagt Brüggemann.

Als vor einiger Zeit in der Stadtlohner Pfarrei St. Otger die Aktion „Ein Jesuskind geht durch die Gemeinde“ im Hospiz haltgemacht habe, seien die Reaktionen unterschiedlich gewesen: Eine ältere Frau habe das Jesuskind für mehrere Stunden in den Armen gehalten, ein anderer Gast habe gesagt: „Mit dem braucht ihr mir nicht zu kommen.“

Erfüllung von Wünschen

Wie Rieke Liesmann sagt, leben im Elisabeth-Hospiz jedes Jahr rund hundert Gäste. Die Mehrheit von ihnen ist zwischen 50 und 70 Jahre alt. In diesem Jahr 2023 waren 27 Gäste unter 45 Jahre alt.

„Wir versuchen, die Wünsche in der letzten Lebensphase zu erfüllen“, sagt die Hospizleiterin. Dazu gehört auch eine gute Küche. Ein fünfköpfiges Hauswirtschaftsteam verpflegt die Gäste und sorgt für Gemütlichkeit in der modernen Wohnküche. Individuelle Essenswünsche der Gäste werden regelmäßig in den Speiseplan eingebaut und in den Weihnachtstagen berücksichtigt.

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