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Fachkräftemangel gibt es in der katholischen Kirche nicht nur in Kitas und in Krankenhäusern. Auch für Leitungspositionen ist Personal knapp, beobachtet Christian Kelter, Diakon und Gemeindeleiter in der Schweiz. Und sagt, was gute Führung ausmacht.
“Alle Bischöfe sollen zurücktreten. Sie waren unfähig, in der Krise zu führen.” Mit diesem Statement verabschiedete sich jüngst der Chefredakteur des Schweizerischen Katholischen Medienzentrums aus seinem Amt. Ein Schlusswort als Paukenschlag. Ist das polemisch? Ist das pauschal? Mindestens belegt es, dass gute Führung schwierig ist und dass viele, die in kirchlichen Führungsetagen sitzen, Fehlbesetzungen sind.
Schon vor Jahren gestand mir ein Kurienkardinal, das größte Problem sei nicht etwa der Priestermangel, sondern der Mangel an geeigneten Führungspersonen. Heute sind wir kirchlich an einem Siedepunkt angelangt, an dem ein Weiter-so definitiv nicht mehr möglich ist.
Was ist gute Führung?
Der Autor
Christian Kelter wurde 1969 in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Bistum Trier) geboren. Er studierte Theologie und Philosophie in Bonn und Innsbruck. Heute leitet er als Diakon die Pfarrei Heilig Geist in Hünenberg und den Pastoralraum Zug, Lorze (Schweiz). Sein Herz schlägt für Kirchenentwicklung und Leadership. Zu lesen und zu hören ist er im Buch “Reboot. Jetzt mehr Kirche wagen” und im Podcast “Glaubenszeit”.
Gute Führung muss schlicht ganz viel können. Führung hat ja nicht die Aufgabe zu bewahren oder zu verwalten. Gute Führung dient immer Menschen: Dass sie Christus finden! Und dass sie ihre geistgewirkten Gaben entdecken und einbringen in das, was wir aus gutem Grund Leib Christi nennen. Gute Führung stellt dafür Visionen bereit, die aus Gottvertrauen inspiriert sind.
Gute Führung ist immer zielorientiert, weil methodisch sicher. Gute Führung ist komplex und anspruchsvoll. Sie kann deshalb keine Einzeldisziplin sein. Gute Führung ist sich zwar bewusst, dass sie noch vieles lernen kann. Sie ist aber zugleich reflektiert genug zu wissen, dass sie manches nie lernen wird. Gute Führung braucht die Anderen. Sie setzt, als Leib Christi, aufs Ganze dieses Leibes. Ist solche Führung wirklich Mangelware?
Dezentralisierung und Subsidiarität
Ich glaube nicht. Dafür treffe ich in meinem Umfeld nämlich zu viele Menschen, die sich dann verbindlich für das Evangelium einsetzen möchten, wenn wir es schaffen, zusammen ein paar Dinge anders zu denken. Und ich entdecke im Alltag meines eigenen Führens viele Freiräume, sodass wir das auch miteinander wagen können.
Das macht mir Hoffnung. Hoffnung, dass Gott seine Kirche weiterführt. Hoffnung, dass Vernetzung für die Zukunft eine entscheidende Rolle spielt. Hoffnung, dass neue Formen von Leitung möglich sind. Hoffnung, dass Dezentralisierung und Subsidiarität die Wegweiser in die Zukunft sind. Hoffnung, dass Partizipation und Ermächtigung Marker einer geistdurchwirkten Kirche sein müssen. Hoffnung vor allem, dass wir die meisten und die besten Leiterinnen und Leiter einer Kirche von morgen noch gar nicht kennen. Dass sie aber direkt vor unserer Haustüre leben.
In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.