Markus Weßling zur geplanten Kirchturmspitze in Buer

Zum Leuchtturm-Projekt in Gelsenkirchen muss Gemeinde mitreden

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Eine Turmspitze als Lichtinstallation auf dem markanten Flachdach einer Stadtkirche, das als Wahrzeichen und Mahnmal gegen den Krieg gilt: Auch wenn es nicht aus Kirchenmitteln bezahlt wird, muss ein solches Projekt in der Gemeinde breit diskutiert werden, fordert „Kirche-und-Leben.de“-Redakteur Markus Weßling.

„Melchior“ ist keine „Himmelsleiter“, denn Gelsenkirchen-Buer ist eben auch nicht Münster. Während die ohnehin in großer Zahl nach Münster strömenden Touristen mit der wohlwollend aufgenommenen Installation der Wiener Künstlerin Billi Thanner in St. Lamberti nur noch eine zusätzliche Attraktion geboten bekommen, wird die Innenstadt von Gelsenkirchen-Buer höchstens dann von einer nennenswerten Zahl auswärtiger Besucher bevölkert, wenn in der nahen Schalke-Arena mal wieder ein Großereignis stattfindet.

St.-Urbanus-Kirche hat nicht zufällig ein Flachdach

Nachvollziehbar also, dass mancher sich Hoffnungen macht, dass Handel und Gastronomie demnächst dauerhaft brummen, weil von nah und fern die Menschen nach Buer strömen, um den spektakulären „Melchior“ zu sehen.

So heißt das Kunstprojekt, das die Form der alten Kirchturmspitze aufnehmen und sie in Form einer Stahlkonstruktion nachbilden soll. Insgesamt 110 Meter hoch wäre dann der Turm. Das würde die Gestalt der Bueraner Innenstadt massiv verändern. Vor allem aber natürlich das Gotteshaus St. Urbanus selbst, das nicht durch Zufall derzeit ein Flachdach hat. Und genau deshalb sollte eine breite Diskussion über die Pläne geführt werden.

In kleinen Zirkeln entscheiden – keine kluge Strategie

Im Moment aber sieht es nicht so aus, als sei die vorgesehen. Jahrelang wurde das Projekt offenbar bereits verfolgt, ohne dass es öffentlich wurde. Schon sehr konkret sind daher jetzt die Planungen. Der Künstler geht felsenfest davon aus, dass es realisiert wird, er weiß den mit ihm befreundeten Propst an seiner Seite, Geldgeber stehen in den Startlöchern.

Auch am Finanziellen – immerhin 1,5 Millionen Euro – würde es also wohl nicht scheitern. Man hört von „Zustimmung“ in den Gemeindegremien (gibt es eigentlich einen formellen Kirchenvorstands-Beschluss?), und bremsen würde das Projekt nach dem Willen der Verantwortlichen wohl allenfalls ein Veto des Bistums Essen oder der Denkmalbehörde. Ich bezweifle, dass das eine kluge Strategie ist.

Eine Landmarke zu schaffen, sollte nicht im Vordergrund stehen

Denn der Urbanus-„Dom“ mitten in der Stadt ist kein x-beliebiges Gebäude, sein Flachdach ist ein Mahnmal gegen den Krieg, weil das schwer beschädigte Gotteshaus anschließend vereinfacht wieder aufgebaut wurde. Ohne Spitze. Das heißt keineswegs, dass man heute grundsätzlich auf den Turm kein Kunstwerk setzen darf, dessen Entwurf durchaus gelungen ist und auch eine positive, zukunftsgewandte Botschaft hat. Es heißt nur, dass man gründlich abwägen muss. Mag ja sein, dass am Ende ein sachlich fundiertes Ja steht. Aber eben erst am Ende.

Sachlich fundiert, das heißt: Bei aller Versuchung, eine neue touristische „Landmarke“ zu erschaffen – dieses Motiv, das anderen wichtig sein mag, darf für die Kirche nicht das leitende sein. Es kommt darauf an, dem Bau St. Urbanus und seiner besonderen Geschichte gerecht zu werden. Und zu einer Entscheidung zu kommen, die die Gemeinde mitträgt.

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