Zwischen Abriss und Denkmalschutz - Beispiele vom Niederrhein

Wie der Denkmalschutz kirchliche Bauvorhaben verzögert

  • In Duisburg-Walsum sollen neue Kita-Plätze entstehen - ob die Kirche St. Ludgerus dafür abgerissen wird, entscheidet der Denkmalschutz.
  • Dessen Prüfungen verzögern viele Bauvorhaben.
  • Wir stellen einige Beispiele vom Niederrhein vor.

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Dass die Kirche St. Ludgerus im Duisburg-Walsumer Stadtteil Aldenrade aufgegeben werden muss, ist seit Jahren klar. Die Pfarrei St. Dionysius, zu der die Kirche gehört, hatte sich frühzeitig Gedanken über ein Immobilienkonzept für sämtliche Standorte mit ihren Kirchen, Gemeindeheimen und Pfarrhäusern gemacht. „Wir wollten die nächste Generation nicht damit belasten“, erklärt der leitende Pfarrer Werner Knoor.

Für den Standort St. Ludgerus ist geplant, die Kirche abzureißen und das Grundstück für eine neue Kindertagesstätte und bezahlbaren Wohnraum für Familien zu nutzen. Dass die Kirche unter Denkmalschutz gestellt werden könnte, wird den Plan allerdings erheblich verzögern.

Allen Beteiligten sei das bereits seit 2013 bekannt gewesen, sagt Sebastian Hiedels, Sprecher der Stadtverwaltung Duisburg. Beschleunigen lässt sich nichts, obwohl Pfarrei und Kommune die Machbarkeitsstudie für St. Ludgerus zuvor gemeinsam vorangetrieben hatten. 

Ob eine Kirche Denkmal wird, ist vorab nicht eindeutig

Ob eine Kirche Denkmal wird, lässt sich nämlich vorab nicht klären. Sobald eine Bauvoranfrage das Bauamt erreicht, zieht man dort eine Liste des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) aus der Schublade. Auf ihr ist vermerkt, welche Gebäude der Region es wert sind, auf ihre Qualität als Baudenkmal überprüft zu werden. Seit Einführung des Denkmalschutzgesetzes NRW im Jahr 1980 arbeitet der LVR an dieser Vorschlagsliste. 

Manche Kirchen haben so offensichtlichen Denkmalwert, dass sie nach einem Kurzgutachten direkt unter Schutz gestellt werden. Für die allermeisten Bauten wird nach einer ersten oberflächlichen Begutachtung und Eintrag in die LVR-Liste die Denkmalwürde aber erst dann geprüft, wenn eine Nutzungsänderung der Kirche ansteht. Das im Rathaus abzufragen, dazu seien die Eigentümer von Gebäuden eigenverantwortlich verpflichtet, so Stadt-Sprecher Hiedels. 

Denkmalwert ist strittig

Das dann folgende Procedere sei „anspruchsvoll und nimmt einige Zeit in Anspruch“. Die Stadt fordert beim LVR ein detailliertes Expertengutachten zum historischen Wert des Denkmals an. Das kann dauern. Anschließend geht das Verfahren mit allen nötigen Fristen seinen Weg durch die kommunalen Instanzen. 

In Walsum wird wohl auch das Jugendamt ein Wörtchen mitreden wollen, geht es doch um dringend benötigte neue Kita-Plätze. Außerdem: „Dass St. Ludgerus tatsächlich denkmalwert ist, ist zumindest strittig“, sagt Anette Brachthäuser, Diözesanbaudirektorin im Bistum Münster. Auch der energetische Sanierungsbedarf des Gebäudes mache eine Weiternutzung schwierig.

Langes Ringen um Herz Jesu in Kleve-Reichswalde

Herz Jesu-Kirche in Kleve-Reichswalde
Für Herz Jesu in Kleve-Reichswalde gibt es keine Nachnutzung. | Foto: Johannes Bernard

Wie lange könnte sich das Verfahren um St. Ludgerus hinziehen? Brachthäuser berichtet von einem schwierigen Beispiel am nördlichen Niederrhein: Die 1956 erbaute, heute stark renovierungsbedürftige Herz-Jesu-Kirche in Kleve-Reichswalde wird seit 2019 nicht mehr genutzt. Pfarrei und Generalvikariat sind seither mit der Stadt Kleve in Gesprächen, die Stadt hat die Kirche dann rasch unter Denkmalschutz gestellt.

Gemeinsam suchte man einen Investor, fand aber keinen. Inzwischen klagt das Bistum Münster auf „Unzumutbarkeit zum Erhalt eines Denkmals“. „Das kann gut und gern drei Jahre dauern“, sagt Brachthäuser. 

Langer Atem für anspruchsvolle Umbauten

Architektenentwurf
Herz Jesu in Overbruch wird neu geplant. | Foto: Innenarchitekturbüro Segerath und Tepasse

Den Gremien der Duisburger Pfarrei St. Dionysius ist klar, dass sie für ihr Immobilienkonzept einen langen Atem brauchen. St. Ludgerus ist längst nicht ihre einzige Baustelle.

In Herz Jesu in Overbruch war dieser Tage Baubeginn für einen Kubus, der als künftiges Pfarrheim in die geöffnete Kirchenwand hineingeschoben wird. St. Elisabeth in Vierlinden wurde an einen privaten Investor verkauft, der innerhalb der denkmalgeschützten Außenwände der Kirche ein Pflegeheim errichten wird.

Beide Baustellen sollen Ende 2024 abgeschlossen sein. Wie es hingegen mit St. Josef in Aldenrade weitergehen wird, hängt davon ab, wie für St. Ludgerus entschieden wird. Also wird sich auch für St. Josef eine Entscheidung noch länger hinziehen.

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