Bistum Münster gibt kein Geld für Renovierung - aber für Neubau

Diskussion um Abriss der Herz-Jesu-Kirche in Kleve

Seit zwei Jahren wird in Kleve um die Zukunft der mittlerweile geschlossenen Herz-Jesu-Kirche gerungen. Für die einen ist das Gotteshaus ein Denkmal, für andere ein nicht mehr zu renovierendes Gebäude.

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„Ich möchte und muss hier den Laden zusammenhalten.“ Wer einen solchen Satz liest oder hört, weiß gleich, dass Ärger in der Luft liegt. Die Worte stammen von Pfarrer Philip Peters von der Pfarrei Zur Heiligen Familie in Kleve. Gegenstand emotionaler Debatten ist die Kirche Herz Jesu im Ortsteil Reichswalde. Das 1956 geweihte Gotteshaus soll, wenn es nach dem Willen des Bistums Münster geht, abgerissen werden.

Die Herz-Jesu-Kirche ist seit Mai 2018 aufgrund statischer Probleme der Dachkonstruktion geschlossen. Der Kirchenvorstand und die Bauabteilung des Bischöflichen Generalvikariats Münster haben lange nach Lösungen gesucht, wie das Gebäude instand gehalten werden kann. 1,5 Millionen Euro müsste das Bistum kurzfristig für die Reparaturen investieren. Weitere Folgekosten sind nicht ausgeschlossen.

 

Bistum unterstützt nur Neubaupläne

 

Mehrheitlich favorisieren der Kirchenvorstand und der Pfarreirat die Idee, die Kirche durch einen sakralen Neubau im Anschluss an das Pfarrheim zu ersetzen. Dort könnten, nimmt man Teile des Pfarrsaals hinzu, etwa 200 Gottesdienstbesucher Platz haben.

Auf Wunsch vieler Gemeindemitglieder von Reichswalde hatte sich Peters noch einmal bemüht, alternative Möglichkeiten für den Erhalt des Gotteshauses zu suchen. „Haushaltsmittel gibt es nur für einen Neubau im räumlichen Anschluss an das Pfarrheim“, sagt Peters zum letzten Wort aus Münster. Alles andere würde die Bistumsleitung nicht unterstützen.

 

Renovierungsstau am Kirchengebäude

 

Denn jede Lösung, die einen Erhalt der jetzigen Herz-Jesu-Kirche anstrebe, würde das Problem nicht lösen, dass für eine Summe saniert werden müsse, die aus Sicht des Generalvikariats nicht zu vertreten sei. Das der Pfarrei zu vermitteln, sei seine Aufgabe, sagt Peters. „Die Wirklichkeit wird nicht leichter, wenn man sie verschweigt.“

Seit gut zehn Monaten ist Peters Pfarrer in Klever Ortsteilen Reichswalde und Materborn. Gekommen ist er, als die Diskussion um die Zukunft des Gotteshauses bereits im vollen Gange war. Und er hat auch viel Sympathie mit der Initiative „Ein Herz für Herz Jesu Reichswalde“, die mehr als 500 Unterschriften für den Erhalt der Kirche gesammelt hat.

 

Kirche wurde mit viel Eigenleistung gebaut

 

„Mir geht es um die Einheit der Gemeinde. Ich versuche, mit allen zu sprechen. Ich verstehe gut die Argumente, die Kirche im Dorf zu lassen“, sagt Peters. Über Jahrzehnte und Jahrhunderte hätten die Pastöre Kirchen gebaut, heute müssten sie darüber mitentscheiden, welche Kirche aufgegeben werden müsse. „Leider ist das unsere Wirklichkeit“, sagt der 38-Jährige.

Er hat hohen Respekt vor der Aufbauleistung der Gemeindemitglieder in Reichswalde. Der Ort entstand nach dem Zweiten Weltkrieg als Siedlungsgebiet vorwiegend für katholische Heimatvertriebene, die evangelischen Heimatvertriebenen bekamen den Siedlungsplatz Nierswalde. Mit sehr viel Eigenleistung errichteten die Reichswalder in den 1950er Jahren die Herz-Jesu-Kirche. „Die Familien kauften für 500 DM eine Kirchenbank“, weiß Peters um die identitätsstiftende Wirkung des Orts, der für viele zur neuen Heimat wurde.

 

Denkmalbehörde ist eingeschaltet

 

Auch aus diesem Grund wurde schon vor einiger Zeit bei der Stadt Kleve der Antrag gestellt, das Gotteshaus unter Denkmalschutz zu stellen. „Der Antrag steht nach wie vor im Raum“, sagt Peters. Entscheiden müsse schließlich der neugewählte Stadtrat. Dies gelte auch für eine Abrissgenehmigung. Zudem gebe es Überlegungen, für den rund 2.500 Einwohner zählenden Ortsteil Reichswalde ein Dorfentwicklungskonzept zu entwickeln.

Wie auch immer die nächsten Diskussionsrunden mit Denkmalschützern, Kommunalpolitikern und Gemeindemitgliedern sein werden: Peters wird alles dafür tun, ein gutes Miteinander zu pflegen, auf alle Seiten zuzugehen und die Gemeinde zu einen.

 

Anerkennung für gute Gesprächskultur

 

Diese gute Gesprächskultur schätzt auch Andrea Janssen von der Initiative „Ein Herz für Herz Jesu“, auch wenn sie eine andere Haltung zur Zukunft des Kirchengebäudes einnimmt: „Unser Pastor Peters ist das größte Geschenk für unsere Gemeinde. Er diskutiert mit uns. Er ist ein freundlicher Mensch allen gegenüber. Das schließt die Gremien und unsere Initiative mit ein.“

Mit ihrem Einsatz wolle sich die Initiative mit niemandem überwerfen. „Das zu sagen, ist uns wichtig“, sagt die 45-Jährige. Sie ist überzeugt, dass Reichswalde eine Zukunft hat: „Es ist ein wachsendes Dorf mit nach wie vor engagierten Katholiken auch jüngeren Alters“, sagt Janssen.

 

Weitere Versammlung im Herbst

 

Peters wird weiter die offene Kommunikation pflegen. Um Rückfragen Raum zu geben und einen realistischen Blick in die Zukunft zu werfen, soll es deshalb im Herbst noch einmal eine Versammlung geben, bei dem Vertreter aus den Gremien und der Bistumsverwaltung anwesend sein werden.

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