Themenwoche Starke Frauen (2) - aus Dülmen

16-jährige Pfadi-Leiterin: Total engagiert - ohne katholisch zu sein

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Sie sind oftmals diejenigen, die Gruppen, Verbände oder Gemeinden am Leben erhalten – Frauen. Kirche+Leben stellt vier Frauen und ihren Einsatz vor und hat sie gefragt, was ihnen wichtig ist. Amelie Hartmann ist Gruppenleiterin bei der Pfadfinderinnenschaft St. Georg (PSG) in Dülmen. Und seit kurzem Teil der Diözesanleitung der PSG im Bistum Münster. Und all das, ohne getauft zu sein. Das kann sich Amelie auch nicht für die Zukunft vorstellen.

Am Montag ein Planungstreffen zur 72-Stunden-Aktion, heute die Organisation für eine Wochenendfreizeit im März und in den nächsten Tagen diverse Leiterrunden und Gruppenstunden: Der Terminplan für Pfadfinderin Amelie Hartmann ist bis mindestens Sonntag voll.

Und ganz nebenbei rufen noch die Vorbereitungen auf das Abitur: Die Gruppenleiterin der Pfadfinderinnnenschaft St. Georg (PSG) in St. Joseph in Dülmen, einem von drei katholischen Pfadfinderverbänden, ist erst 16 Jahre alt und besucht die 11. Klasse eines Gymnasiums.

Hartmann nicht nur in der Pfarrei aktiv

Doch die 16-Jährige ist nicht nur Gruppenleiterin und Organisatorin für verschiedene Aktivitäten in ihrer Gemeinde, sondern auch auf Diözesanebene aktiv: Im letzten Sommer wurde sie in die Diözesanleitung der PSG im Bistum Münster gewählt. Dass sich Amelie so stark für ihre Pfadfinderschaft engagiert und sogar schon Stämme – so nennt man die Ortsgruppen – im gesamten Bistum koordiniert, hat einen guten Grund.

Eigentlich hatte Amelie schon in jungen Jahren mit den Pfadfindern abgeschlossen. Im Grundschulalter schickten ihre Eltern sie zu einer Gruppenstunde der Pfadfinder. Doch die Wege verliefen sich. Erst 2019, als eine Freundin sie mit zu einer Gruppenstunde nahm, erwachte wieder ihr Pfadfindergeist.

Demokratische Entscheidungen in der Gruppe

Regelmäßig nahm Amelie an den Gruppenstunden teil und fuhr mit auf größere Pfadfindertreffen. „Irgendwann war dann aber meine Altersstufe nicht mehr so gut besetzt“, weiß Amelie. Und so sprachen sie die Leiterinnen darauf an, ob sie nicht selbst bei der Betreuung von Gruppenstunden unterstützen möchte. „Ziemlich genau vor einem Jahr wurde ich dann bei den Gruppenleitern mit aufgenommen.“ Jetzt besucht sie immer wieder Leiterinnenkurse, um sich weiterzubilden.

In der Altersstufenausbildung lernt die konfessionslose 16-Jährige unter anderem Spiele, die sich gut für Gruppenstunden eignen. Eines dieser Spiele nennt sich „Bob, die Ente“. Eine Art Chaosspiel, bei dem eine Gummi-Ente gesucht wird. Dieses Spiel hat Amelie direkt in ihrer eigenen Gruppe, der Wichtelstufe, mit Kindern im Alter von sechs bis neun Jahren ausprobiert.

„Das Spiel kam aber nicht so gut an“, berichtet Amelie. Das kann vorkommen: „Man macht sich vor der Gruppenstunde einen Plan, der dann häufig so nicht umgesetzt wird. Und das sei auch nicht schlimm. Denn: „Wenn die Kinder das Spiel nicht mögen, dann entscheiden wir demokratisch, wie wir die Gruppenstunde gestalten. Dass alle Kinder mitbestimmen dürfen, wird bei der PSG großgeschrieben.“

Die Rolle der Frau in der Kirche

Neben den Gruppenstunden möchte Amelie noch mehr Verantwortung übernehmen. So kam es, dass sie kurz vor der Diözesanversammlung der PSG im Sommer 2023 gefragt wurde, ob sie nicht selbst auch in der Diözesanleitung mitwirken möchte. Sie sagte ja. Und wurde gewählt. Als eine der Jüngsten in der „DL“, wie sie das Gremium in der PSG kurz nennen.

Manchmal geht es dort auch um ganz grundsätzliche Dinge in der Kirche: „Mir ist wichtig, dass es eine Gleichberechtigung der Geschlechter gibt. Die Rolle der Frau in der Kirche sollte stärker in den Vordergrund gerückt werden.“ Doch viel wichtiger sei ihr, was vor Ort geschehe. „Ich habe eine Art zu glauben kennengelernt, die deutlich offener ist“, so Amelie. Sie denkt an starre Sonntagsgottesdienste. So etwas ist für sie nichts.

Was kommt nach dem Abitur?

Bei den Pfadfindern hingegen werde viel gesungen, gerade die bekannten Pfadfinderlieder, zudem werde niemand zum Beten gezwungen. Besonders die Werkstattgottesdienste der Pfadfinder, bei denen vorher nach gar nicht so genau feststeht, wie der Gottesdienst aussieht, haben es ihr angetan.

Und das alles, obwohl Amelie gar nicht getauft ist und das wahrscheinlich in Zukunft auch nicht möchte: „Der Glauben ist doch nicht daran gebunden, ob ich katholisch bin.“ Die Pfadfinder haben es Amelie angetan. „So richtig mit Menschen zu arbeiten, das kann ich mir später auch vorstellen.“ Vielleicht ein Job als Jugendreferentin in einem Verband, denkt Amelie laut. Aber das seien nur erste Gedanken. Erstmal kommt ja noch das Abitur.

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