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Die Jubiläumsausstellung „900 Jahre Kloster Kamp“ zeichnet die Geschichte von fünf Äbten nach. Dabei werden die Hochzeiten und der Niedergang des Zisterzienser-Klosters beleuchtet. Die Ausstellung ist noch bis zum 29. Oktober 2023 zu sehen.
Fromm, mondän, schöngeistig, ungeschickt und ein bisschen frivol: So zeigen sich fünf Äbte in der Jubiläumsausstellung „900 Jahre Kloster Kamp“. Wer in den Sommerwochen am unteren Niederrhein rund um Kamp-Lintfort unterwegs ist und bei einem Abstecher nicht nur die bekannte Klosteranlage, sondern auch einen originellen Blick auf deren Geschichte erleben will, der findet im dortigen Museum die kleine Ausstellung „Konvent der Bosse“.
Fünf ausgewählte mehr oder weniger hohe Herren – Kamper Äbte zwischen 1123 und 1802 – stehen dort als knarzig-individuelle Marionetten im Museumsraum und repräsentieren mit ihren Talenten, Macken und einem Hauch Ironie ihren Anteil an der 900-jährigen Geschichte der Zisterzienser am Niederrhein.
Agatha-Küchlein für den Gründerabt Heinrich
Heinrich ist der enthusiastische Abt der Kamper Gründerjahre ab 1123. Kompromisslose Einfachheit hatten die Zisterzienser sich auf die Fahnen geschrieben, nachdem sie sich wenige Jahrzehnte zuvor vom lax gewordenen Benediktiner-Orden abgespaltet hatten. Ihr Mönchsleben war entsprechend karg – harte Arbeit, viel Gebet, auf Socken durch den Matsch, kratzige Kutten auf der Haut.
Aber ihre Frömmigkeit war fest, was sich auch darin äußerte, dass Gründerabt Heinrich in aller Unschuld ein Schädelstück der heiligen Agatha zur Reliquienverehrung mitbrachte. Agatha wurden die Brüste abgeschnitten. Das Museum honoriert diese Märtyrer-Verehrung, indem sie dem Abt einen Berg sizilianischer Agatha-Küchlein in Brust-Form vor die Nase setzt.
Die Katholiken blieben arm
Geöffnet ist die Ausstellung „Konvent der Bosse“ bis zum 29. Oktober 2023 dienstags bis samstags 14 bis 17 Uhr, sonntags ab 11 Uhr. Der Eintritt kostet 3 Euro.
Ganz anders 400 Jahre später Johannes (1529-1563). Er war in Finanzfragen ein Fuchs und musste als Abt das Kloster durch die Wirren der Erneuerung und Spaltung steuern, die die Reformation mit sich gebracht hatte.
Seine Lösung war: Zurück zu dem, was vor Luther war, und deshalb viel Kunst und Prunk, Gold und Brokat. Die klösterliche Rechnung ging nicht auf: Die Protestanten blieben weg, die Katholiken blieben arm.
Abt-Boss schafft sich Herrschaftsbereich
Franziskus (1733-1749) war der „Big Boss“ unter den Äbten. Er schuf sich und seinem Kloster einen eigenen juristischen Herrschaftsbereich, in den der Kurfürst von Köln nicht hineinregieren konnte, fuhr mit vier schwarzen Kutschhengsten durch die Gegend, ließ den präsentablen Garten hinter dem Kloster und sich selbst eine eigene Abts-Residenz anlegen.
Am Ausstellungstisch ist ihm der Platz gegenüber dem asketischen ersten Abt Heinrich zugewiesen, wo die beiden Marionetten nun Aug in Auge verharren müssen.
Flöten, Geigen und Trompeten statt Einfachheit
Dionysius (1773-1778) versuchte es eher auf dem soften Weg. Als Sohn der Aufklärung suchte er Bildung und Humanität. Offenbar, so die Erkenntnis der Ausstellung, feierte man im 18. Jahrhundert mit diesem Konzept Erfolge. Wenig durchsetzungsfähig, dafür aber Musik und Rokoko zugetan, ermunterte Dionysius die Mönche zum Musizieren. Auf Kamp wurde gegeigt, geflötet und trompetet – zur klösterlichen Disziplin und Einfachheit passte das allerdings nicht recht.
Schließlich ging es bergab mit dem Kloster. Bernhard Wiegels, 50. und letzter Abt, besaß weder Rückgrat noch ein geschicktes Händchen für geistliche, politische und wissenschaftliche Prioritäten. Kaiser Napoleon schloss ihm 1802 das Kloster. Acht Jahre zuvor hatte Abt Bernhard sich vorsichtshalber schon aus dem Staub gemacht.
Aus Holzmehl und Leim entstanden Charaktere
Allein die Marionetten der Ausstellung sind eine kleine Reise wert. Annette Schreiner, Figurenbildnerin aus Dinslaken, baute die Figuren nach Ölgemälde-Vorlagen aus Holzmehl und Leim in ihrem Atelier. In einem Nachbarraum stellt sie weitere skurrile Marionetten aus, die zum Verkauf stehen. Im Obergeschoss des Museums sind zudem reich verzierte Messgewänder und goldenes Altargerät zu bestaunen, außerdem in Multimedia die Geschichte des alten, frommen Klostergemäuers.