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Quarantäne - davon hatten wir zwei Jahre lang genug, als Corona die Welt lahmlegte. Tatsächlich aber geht es schon vom Wortsinn her um 40 Tage. Was das mit den Lesungen dieses Sonntags zu tun hat, erklärt Pater Ralph Greis von der Abtei Gerleve.
Seit den Pest-Epidemien des 14. Jahrhunderts wurden in vielen Häfen die ankommenden Schiffe isoliert, bevor die Reisenden nach 40 Tagen an Land durften. Wer dann noch lebte, konnte keine Erreger mehr einschleppen. Von diesen 40 Tagen hat die Quarantäne ihren Namen. 40 Tage dauert die Fastenzeit, lateinisch Quadragesima. Mussten die Menschen auf den Schiffen früherer Jahrhunderte abwarten, ob sie es überlebten, liegt es heute an uns, ob und wie wir zu Ostern an Land gehen wollen.
Nach seiner Taufe im Jordan wird Jesus vom Geist in die nahe gelegene Wüste hinauf getrieben – für 40 Tage, in eine Quarantäne, zur Vorbereitung auf sein öffentliches Wirken. Dort muss der Herr sich nicht mit Pest-Erregern auseinandersetzen, sondern mit den Versuchungen des Bösen. Der Evangelist Markus schreibt nicht wie Matthäus und Lukas vom Fasten Jesu und seinem Hunger, nicht von den einzelnen Versuchungen, aber es geht um das Gleiche: Der Satan versucht, den Herrn bei den Schwächen seiner Menschennatur zu packen, um so den Sohn Gottes in seine Gewalt zu bekommen.
Das Göttliche im Schmutz
Die Lesungen vom 1. Fastensonntag / Lesejahr B zum Hören finden Sie hier.
Auch in unserem geschöpflichen Menschsein steckt das Ebenbild Gottes (Gen 1,26f). Um es von Sünde und Tod zu heilen, ist Gott Mensch geworden. Bei unseren menschlichen Schwächen setzt der Versucher an, will das Göttliche zu sich hinab in den Schmutz ziehen. In der Quarantäne der Österlichen Bußzeit dürfen wir mit der Hilfe des Herrn schauen, wo unsere Infektionsstellen für das Böse liegen, wo wir auf Distanz gehen sollten und wie wir unser Immunsystem stärken können.
Gerade umgekehrt gegenüber den mittelalterlichen Häfen ist die Quarantäne der Arche Noah. Hier überleben nur die Insassen, während an Land alle umkommen, weil sie mit dem Bösen infiziert sind. Die Sintflut dauert zusammengerechnet ein gutes Jahr, aber 40 Tage und Nächte regnet es.
In der Unterwelt
In der 1. Lesung ist die Flut vorbei. Gott schaut mit seiner Schöpfung nach vorn. Mit Mensch und Tier schließt er einen Bund, nie wieder alles Leben zu vernichten.
Im ersten Petrusbrief wird die Sintflut zum Bild für die Taufe. Diese soll nicht mehr die Sünder vertilgen, sondern die Sünde. Mehr noch: Alle, die damals untergegangen sind, sollen am österlichen Leben Christi teilhaben. Der Blick geht voraus auf die orthodoxe Osterikone: Dort zerstört Christus die Tore der Unterwelt, besiegt den Tod und zieht Adam und Eva stellvertretend für alle Menschen mit sich ans Licht empor.
Der Berg der Versuchung