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Im Laufe der Fastenzeit schenkt Jesus Christus seinen Jüngern den Durchblick auf das Geheimnis seiner Person. Das darf auch unsere heutige österliche Perspektive sein, erklärt Pater Ralph Greis OSB und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.
Seit zehn Tagen sind wir auf dem Weg durch die Fastenzeit auf Ostern zu, so wie Jesus mit seinen Jüngern auf dem Weg vom See Gennesareth nach Jerusalem. Anders als wir Spätgeborene wissen die Jünger damals noch nicht, was ihren Herrn und sie selber erwartet. Heute dürfen wir mit ihnen auf den Berg der Verklärung steigen. Mag sein, dass es der Tabor war: Als markanter Inselberg ragt er hoch über das Umland auf, und er liegt günstig am Weg.
Auf dem Berg verändert sich das Aussehen Jesu. Für einen gnadenhaften Moment sehen die Jünger mit eigenen Augen, wie die göttliche Natur seinen menschlichen Leib durchstrahlt. Fast alle Sprachen reden von der „Verwandlung“ Jesu, doch auch die deutsche „Verklärung“ hat ihren Sinn: Es klärt sich der Blick auf Jesu innere, göttliche Wahrheit.
Jesus schenkt den Durchblick
Die Lesungen vom 2. Fastensonntag / Lesejahr B zum Hören finden Sie hier.
Jesus schenkt seinen Jüngern im Wortsinn einen Durchblick – auf das Geheimnis seiner Person und durch all das hindurch, was vor ihnen liegt: durch Leiden und Tod ins Licht des Ostermorgens. Das darf auch unser Durchblick, unsere österliche Perspektive durch die Fastenzeit sein.
In einem geistlichen Sinn liegt der Tabor in der Landschaft unseres eigenen Inneren. Je weiter wir hinaufsteigen, desto tiefer und finsterer mögen sich unsere Abgründe unter uns auftun. Je heller das Licht strahlt, desto härter fallen die Schatten. Aber will der Herr uns mit seinem Licht nicht vielmehr zeigen, was wir selber sein sollen – dass er durch seine Auferstehung unsere ursprüngliche Gottebenbildlichkeit aus Sünde und Tod herausholen will? Außerdem: Unseren eigenen Schatten sehen wir nur, wenn wir ihm den Rücken zukehren.
Die Jünger haut es um
Mose und Elija sind dabei. Mose verbringt 40 Tage auf dem Berg Sinai, eine wörtliche Quarantäne, eine Fastenzeit ohne Speise und Trank, aber in der unmittelbaren Gegenwart Gottes. 40 Tage lang wandert der demoralisierte Prophet Elija, ohne zu essen und zu trinken, dorthin zurück. Auf dem Berg wird er von Gott im leisen Säuseln wieder in die Spur gesetzt, nachdem er selbst es mit Feuer und Schwert übertrieben hat. Auf dem Tabor stehen beide wieder in der Gegenwart Gottes, sind Zeugen der Gottheit Jesu für die Jünger und für uns.
Die Jünger haut es um, so sehr, dass Petrus etwas von drei Hütten erzählt. Unbeabsichtigt trifft er dennoch das Richtige: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,14) heißt wörtlich: hat seine Laubhütte, sein Zelt aufgeschlagen. Der Herr hat schon seine „Hütte“, seine menschliche Natur, in der seine Gottheit wohnt. Auch unsere Leiber sind Tempel Gottes (1 Kor 3,16; 6,19), und „wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, dann haben wir eine Wohnung von Gott“ (2 Kor 5,1). Auf dem Berg Tabor leuchtet es schon auf.
Durch Auferstehung das Leben geschenkt