Kaplan Fabian Guhr aus Damme legt sich mit Gott in die Hängematte

Auslegung der Lesungen vom 11. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B)

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Im heutigen Evangelium wird ausgesät - und dann geht der Sämann schlafen. Aber reicht denn das? Haben wir nicht auch manchmal den Eindruck, wir hätten uns nicht genug angestrengt, zum Beispiel bei der Glaubensweitergabe? Kaplan Fabian Guhr aus Damme rät zu Gelassenheit.

„Ohne Fleiß kein Preis.” Diesen Satz haben wohl viele schon einmal gehört. Die Annahme, dass wir, wenn wir uns nur genug anstrengen, alles Erwünschte erreichen könnten, deckt sich allerdings leider nicht immer mit unserer Alltagserfahrung. Oft genug passiert es, dass das Gewünschte trotz aller Anstrengung unerreichbar bleibt.

Auch in den Gemeinden machen wir solche Erfahrungen. Etwa, wenn wir in der Erstkommunion- und Firmvorbereitung die Frage „was bleibt?“ stellen. Was bleibt von all den Ideen und dem Engagement letztlich bei den Kindern und Jugendlichen hängen? Und gerade im vergangenen Jahr machen zudem viele Gruppierungen und Verbände (nicht nur in der Kirche) die Erfahrung, dass auch, wenn versucht wird die Coronazeit mit Angeboten zu überbrücken, vielfach die Mitglieder weniger werden.

 

Waren wir nicht fleißig genug?

 

Die Lesungen vom 11. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) zum Hören finden Sie hier.

„Ohne Fleiß kein Preis.” Dann bleibt die Frage: Haben wir uns vielleicht nicht genug angestrengt? Dabei gab es gerade im letzten Jahr viele Haupt- und Ehrenamtliche, die mit ganz viel Engagement, Kreativität und Flexibilität unterwegs waren. War es zu wenig, waren wir trotz allem nicht fleißig genug? Oder was ist mit den Eltern, die mir erzählen, dass sie versucht haben, ihren Kindern den Glauben mitzugeben, aber es scheinbar nichts „gefruchtet“ hat? Hätten wir einfach fleißiger sein müssen?

Das Evangelium geht da scheinbar in eine ganz andere Richtung: Wenn Jesus das Gleichnis vom Sämann erzählt, der nach dem Säen schlafen geht, dann könnte man es fast als eine Empfehlung verstehen, regelmäßig die Füße hoch zu legen. Nach dem Motto „Nur ein bisschen säen und der Rest geschieht schon irgendwie von alleine.“

 

Unsere "einzige" Aufgabe ist das Aussäen

 

Jesus weist uns darauf hin, dass nur ein kleiner Teil in unserer Hand liegt. Unsere „einzige“ Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Saat ausgesät wird, dass das Reich Gottes verkündet wird, dass wir also aus unseren Erfahrungen mit Gott leben und von ihnen erzählen. Was dann letztlich daraus entsteht, das haben wir nicht mehr in der Hand.

Das ist übrigens auch eine kleine Demutsübung für alle in der Verkündigung: sich immer mal wieder vor Augen zu führen, dass wir das Ergebnis, positiv wie negativ, nur sehr begrenzt in der Hand haben.

 

Gelassen bleiben

 

Der Autor
Fabian Guhr
Fabian Guhr ist Kaplan in St. Viktor in Damme. | Foto: privat

Das Schöne dabei ist, dass wir das aus unserem alltäglichen Leben gut kennen. Mir persönlich ist es in den letzten Monaten bei Freundschaften wieder bewusst geworden: Dass diese Freundschaften entstehen und wachsen konnten, dafür konnte ich in aller Regel nur sehr wenig. Das Eigentliche passierte still und leise, genau wie im Glauben und beim Reich Gottes.

Das heißt nicht, dass wir ab jetzt unsere Füße hochlegen und nichts mehr tun sollten! Aber es ist gut, gelassen an die Sache heran zu gehen. Hin und wieder sollte die Hängematte Teil des geistlichen Programms sein, damit wir uns daran erinnern: Das Eigentliche schenkt Gott dazu.

 

Kräftig durchatmen!

 

Dann können wir nämlich mit neuem Mut und neuer Gelassenheit in unser Leben gehen und uns über die kleinen Zeichen des Wachstums des Reiches Gottes freuen, über die kleinen Dinge die aufleben lassen. Dass muss gar nicht auf das unmittelbar Kirchliche beschränkt sein: Das Reich Gottes wächst da, wo Menschen wieder neu Leben spüren, wo Menschen aufleben können.

Legen Sie sich doch in den nächsten Tagen einmal ganz bewusst in eine Hängematte oder setzen Sie sich auf einen Sonnenstuhl, atmen durch und schauen, was Sie in den letzten Tagen hat aufleben lassen, oder wo vielleicht sogar Menschen durch Sie aufleben konnten, wo Sie Wachstum des Reiches Gottes erleben durften.

Das Reich Gottes wächst nicht ohne uns, aber hin und wieder wächst es besser, wenn wir die Füße hochlegen und dankbar genießen, was uns geschenkt ist.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 11. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) finden Sie hier.

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