Thorsten Brüggemann: Ermutigung in schwerer Zeit

Auslegung der Lesungen vom 12. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr A

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Engagement in dieser Kirche zu zeigen, ist nicht immer leicht. Immer öfter trifft man in der Gesellschaft auf Unverständnis. Da braucht es Ermutigung, erklärt Pfarrer Thorsten Brüggemann und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

„Fürchtet euch nicht!“, sagt Jesus zu seinen Aposteln. Und das gleich drei Mal aufeinander. Er wusste um die Gründe dieses Wortes: Verhöhnung, Ablehnung, Isolation. Den Christen der ersten Generation, für die der Evangelist Matthäus sein Evangelium schreibt, ergeht es nicht anders: Redeverbot, Verfolgung und Tötung aufgrund des Glaubensbekenntnisses. Wer bekäme es da nicht mit der Angst zu tun? Das „Fürchtet euch nicht!“ hatte für die Christinnen und Christen vor fast 2000 Jahren wohl seine Berechtigung. Da brauchte es ein Wort der Ermutigung.

Und heute? Selbst wenn Christinnen und Christen in unserem Land aufgrund ihres Glaubensbekenntnisses keine Hasstiraden, Anfeindungen und Verfolgungen erleiden müssen, braucht es auch in den heutigen Lebenskontexten eine Ermutigung und eine Übersetzung des Wortes „Fürchtet euch nicht!“. Das Christsein ist allgemein toleriert. „Gefährlich“ scheint es zu werden, wenn das Christsein in der Institution Kirche gelebt wird.

Ablehnende Haltung gegenüber der Kirche

Die Lesungen vom 12. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

Immer wieder erzählen Menschen von Kommentaren aus ihrem oftmals auch nahen, persönlichen Umfeld in Bezug auf ihr Engagement in der Kirche: „Wie kannst du dich bloß in diesem Laden engagieren?“. Gründe für diese ablehnende Haltung müssen hier nicht eigens genannt werden. Diese sind offenkundig und in aller Munde.

Oder Großeltern benennen nicht selten ihre Sorgen, wenn sie feststellen, dass ihre Kinder und Enkelkinder nicht mehr an der Feier der Gottesdienste oder anderen kirchlichen Veranstaltungen teilnehmen: „Dein ewiges Gerenne in die Kirche verstehe ich sowieso nicht. Das bringt doch eh nichts!“ bekommen sie oft zu hören.

Ermutigung im Glauben

Gefährlich, im Sinne einer Situation, die das Fürchten um Leib und Leben lehrt und das Sicherheitsgefühl rauben kann, sind beide Erfahrungen nicht. Wohl aber verletzend und schmerzlich. Wie könnte man das Wort Jesu „Fürchtet euch nicht!“ in Lebenskontexte, in denen das Bekenntnis zum Glauben angefragt wird, übersetzen? Vielleicht durch eine Ermutigung, bei der Überzeugung zu bleiben. 

Wer aufgrund seines Glaubens­engagements in der Kirche kritisch angefragt oder gar „angefeindet“ wird, dem kann ermutigend gesagt werden, sich nicht durch Vorbehalte oder Vorwürfe, deren Ursache der Angefragte in den allermeisten Fällen selbst gar nicht zu verantworten hat, vom eigenen Weg des Glaubens und vom Bekenntnis abbringen zu lassen. Jenen mag ermutigend gesagt werden, auch den Kritikern menschlich nahe zu bleiben, Interesse an ihrem Alltag und ihrer „Methode“ der Alltagsbewältigung zu zeigen.

Es bleibt die Unsicherheit

Der Autor
Thorsten Brüggemann
Thorsten Brüggemann ist Leitender Pfarrer in der Pfarrei St. Agatha in Gronau-Epe. | Foto: privat

Für Eltern oder Großeltern, die bei den Kindern und/oder Enkelkindern erleben, dass es auch gut ohne den Glauben an Gott geht, mag das „Fürchtet euch nicht!“ vielleicht bedeuten, sich trotz und vielleicht besser noch in allem weiterhin von der größeren Wirklichkeit Gottes berühren zu lassen, weil sie darauf vertrauen können, dass das ehrlich gelebte Zeugnis eine positive Auswirkung auf das Umfeld haben wird, auch wenn darüber nicht geredet wird. 

„Fürchtet euch nicht!“, den Glauben und die eigene Glaubensüberzeugung zu bekennen. Auch heute, 2000 Jahre nach Christus, ist es wieder oder immer noch nicht leicht, das zu tun, wenngleich in unserem Land niemand mit ernsthaft lebenseinschränkenden Konsequenzen zu rechnen hat. Und doch scheint es oftmals schwierig und hemmend. Es bleibt oft die Unsicherheit, sich einem anderen Menschen zu öffnen und mit ihm den Glauben zu teilen. 

Auf Jesus ist Verlass

Diese Unsicherheit verdrängt die Sehnsucht vom Erzählen über die Schönheit des Glaubens und von dem, was der Glaube gibt. Da braucht es Ermutigung, denn Jesus zu folgen ist kein Zuckerschlecken, wie es Franz Kamphaus einmal gesagt hat. Das Evangelium des heutigen Sonntags bringt diese Ermutigung im „Fürchtet euch nicht!“. Menschen, die sich zu Jesus und seiner Botschaft bekennen, sind nicht Alleingelassene, sondern Geliebte. Auf seine Treue ist Verlass. Er kennt Jede und Jeden bis zum einzelnen Haar, das vom Kopf fällt. 

Und doch bleibt ein Stück Radikalität. Der Glaube und das Bekenntnis zu ihm sollten sich nicht ins Private zurückziehen oder drängen lassen. Auch wenn Jesu Botschaft unbequem ist, fordert er dazu auf, darüber im Licht zu reden und auf den Dächern zu verkünden. Deswegen: „Fürchtet Euch nicht!“ Die Welt braucht das Zeugnis der Christinnen und Christen.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 12. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) finden Sie hier.

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