Lena Gelsterkamp zum Gleichnis des Sämanns

Auslegung der Lesungen vom 15. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr A

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Das Gleichnis des Sämanns macht deutlich, wie unterschiedlich das Wort Gottes bei Menschen wirken kann. Wie kann die Verkündigung gute Früchte tragen, fragt Lena Gelsterkamp und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

Kürzlich war ich auf einer Hochzeit eingeladen. Die Feier war liebevoll vorbereitet, und auf jeden Gast wartete ein kleines braunes Tütchen als sogenanntes „Give- Away“. Ich – neugierig wie ich bin – öffnete das Paket ganz vorsichtig, um zu erfahren, was mich denn in Zukunft an diesen wunderschönen Tag erinnern wird. Gefunden habe ich mehrere unscheinbare, etwas unförmige Erdklumpen und einen Zettel, dass es sich hierbei um „Seedbombs“ (übersetzt: Samenbomben) handelt.

Der Hinweis ließ mich die Seedbombs an einem Ort auswerfen, der mir trist und leer erscheint und an dem ich mir eine Wildblumenpracht gut vorstellen kann – egal ob im heimischen Garten oder an der Autobahnraststätte. Natürlich keimte in mir der Wunsch auf, dass ich die Samenbomben nach Möglichkeit an Orten „zünde“, an denen hoffentlich eine ordentliche Blumenpracht entsteht.

Das Gleichnis vom Sämann

Die Lesungen vom 15. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

Nur habe ich nicht vorab Bodenproben nehmen können, um besonders geeignete Orte auszumachen. Vielmehr habe ich die Seedbombs nach Gefühl in die Natur geworfen. Nach einiger Zeit habe ich in regelmäßigen Abständen die Stellen wieder aufgesucht, an denen ich sie der Natur überlassen hatte. Und siehe da, einzelne Wildblumenstängel ragten schon in die Höhe, andere waren leider nicht wiederzufinden.

Mit dieser Erfahrung bin ich ganz nah an dem Gleichnis vom Sämann, das Jesus den Menschen erzählt und seinen Jüngern im Nachhinein deutet. Er erzählt ebenfalls von einer Person, die auf ihren Feldern Samen sät in der Hoffnung auf eine reiche Ernte. Doch wie das immer so ist: Eine hundertprozentige Erfolgsquote war auch ihm nicht vergönnt. So musste er feststellen, dass ein Teil der Samen auf den Weg fiel und von den Vögeln gefressen wurde, ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab. Wiederum ein anderer Teil fiel in Dornen und wurde von wucherndem Gestrüpp erstickt. Nur ein vierter Teil fiel auf fruchtbaren Boden und brachte die ersehnte Frucht. Der Sämann musste also, wie ich, mit Einbußen rechnen, scheint sich aber umso mehr über die fruchtbringenden Samen gefreut zu haben. Es ist typisch für Jesus, dass er in Gleichnissen spricht. Nur ist neu, dass er eine Deutung des Gleichnisses gleich mitliefert.

Wort vom Reich Gottes wird verkündigt

Die Autorin
Lena Gelsterkamp
Lena Gelsterkamp ist Pastoralreferentin in der Pfarrei St. Martin in Nottuln. | Foto: privat

Die verstreuten Samen werden mit dem Wort vom Reich Gottes gleichgesetzt. Die Botschaft vom Anbruch des Reiches Gottes wird verstreut beziehungsweise verkündigt. Menschen damals und heute erzählen sich von ihrem Glauben, geben Zeugnis und stellen ihr Christsein offen zur Schau. Zu vielen verschiedenen Anlässen wird das Wort vom Reich Gottes weitererzählt und mit dem Bild des Gleichnisses den Menschen eingesät.

Wenn ich in Gottesdiensten Gottes Wort verkündige, die Schrift auslege und in die Gesichter der versammelten Gemeinde schaue, dann kann ich nur erahnen, was dies in den Menschen auslöst und welche Aspekte sie aus dem Gehörten in ihrer Lebenswelt anwenden. Ich kann nicht wissen, ob meine Aussagen auf fruchtbaren Boden fallen, von Dornen verdrängt werden oder keine Wurzeln bilden können. Mich als Christin beruhigen und beängstigen diese Aussichten gleichermaßen: Es ist gut und wichtig, von Gott zu erzählen, ob in Gleichnissen oder im persönlichen Zeugnis. Denn ohne die Verkündigung würde nichts wachsen können, gäbe es keine Frucht und die Möglichkeit, dass sich das Reich Gottes ausbreitet. Auf der anderen Seite wäre es schön, Verkündigungserfolge messen und im Zweifel sich selbst dafür auf die Schulter klopfen zu können.

Wie kann ich guten Boden bereiten?

Es macht mich als Christin aber auch unglaublich frei, dass ich die Bodenverhältnisse der anderen nicht in meiner Hand habe. Er überträgt jedem von uns eine persönliche Verantwortung, für guten Boden im übertragenen Sinne zu sorgen. Denn wie viel Frucht ein Samen bringt, das hängt an günstigen Faktoren, von denen ich manche beeinflussen kann, die allermeisten jedoch nicht. Das Gleichnis fragt mich als Hörerin ganz konkret an: Wie kann ich guten Boden bereiten? Welche Dornen verhindern in meinem Leben, dass das Reich Gottes in mir wachsen kann? Worin kann ich mich verwurzeln?

Die Ernte meiner Samenbomben habe ich nicht gezählt und das muss ich auch nicht, denn für mich erschien es überhaupt nicht mehr wichtig, wie viel Frucht mein Vorhaben erbracht hat. Es hat sich gelohnt, die Samenbomben aus der Tüte zu nehmen, hinauszugehen und meinen ganz persönlichen Beitrag zum Aufbau des Reiches Gottes zu leisten.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 15. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) finden Sie hier.

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