Lena Gelsterkamp: Gott schafft Platz für gute Früchte

Auslegung der Lesungen vom 16. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr A

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Ausreißen und wegschmeißen: Das Evangelium dieses Sonntags begibt sich in den Garten, zum Unkrautzupfen. Doch es kommt alles andere als idyllisch daher. Was es in all dem von Rettung verkündet, sagt Lena Gelsterkamp, Pastoralreferentin in Nottuln in ihrer Schriftauslegung.

Früher sah man sie noch häufiger, die Menschen, die im Vorgarten ihrer Häuser knieten und sie fleißig von Unkraut befreiten. An jeder einzelnen Stelle musste neu entschieden werden, ob es sich hierbei um Unkraut handelt oder um kleine Pflanzen, die ihr volles Potenzial noch ausschöpfen mussten. Diese Beobachtungen waren mir als Kind eine Lehre und lassen mich heute noch die Nase rümpfen, wenn ich einen Blick in meinen Garten werfe. Unkraut ist für mich etwas, das möglichst schnell im Keim erstickt werden muss, damit der Blick frei wird für das, was wirklich von mir an dieser Stelle angedacht wurde. Heute erledigen das nur viel zu häufig Unkrautvernichter. 

Im Gleichnis aus dem Matthäus-Evangelium stehen Arbeiter vor den von ihnen zu beackernden Feldern und müssen feststellen, dass sich auf dem Feld nicht nur fruchtbringende Pflanzen angesiedelt haben. Sie sind sehr verwundert darüber, dass das Unkraut wächst, rechneten sie doch mit einer guten Ernte. Natürlich, denn sie wussten ja nichts von den Machenschaften ihres Feindes. 

Das Gute mit dem Bösen ausreißen

Die Lesungen vom 16. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

Als sie den Blick auf die Felder richteten, brach in ihnen der Aktionismus aus, sie wollten das Unkraut rausreißen, alles im Keim ersticken. Doch der Gutsherr gebot ihnen Einhalt. So ließen sie das Unkraut weiterwachsen, denn der Gutsherr hatte Angst, dass sie mit dem Unkraut auch den guten Weizen herausreißen und damit die Ernte erheblich einschränken würden. Nicht eine Weizenpflanze wollte er verlieren.

Das Gleichnis erklärt, was es mit dem Himmelreich auf sich hat, es sei wie mit einem Mann, der guten Samen sät. Das Himmelreich wird als etwas beschrieben, das im ganz Kleinen beginnt und mit viel Liebe und Zeit wächst und gedeiht. Es ist nichts, was plötzlich da ist. Doch das Himmelreich kann in dieser Welt nicht einfach unbekümmert wachsen, sondern muss sich der existenziellen Bedrohung durch das Böse aussetzen. 

Wer oder was ist das Unkraut?

Gott kann im Gleichnis als Gutbesitzer betrachtet werden, der sät, verwaltet und den guten Früchten einen Platz in seiner Scheune einräumt. Doch der Weizen muss vor der Ernte einiges aushalten. Gutes und Schlechtes wächst auf den Feldern im Gleichnis nebeneinander. Wer sich mit Gärtnern etwas auskennt, der weiß, dass das Unkraut nicht nur aus ästhetischen Gründen gezupft wird, sondern weil die Gefahr besteht, dass den guten Pflanzen wichtige Nährstoffe geraubt werden. 

Für mich ist das Unkraut im Gleichnis nur schwer zu definieren. Wir haben alle eine Idee davon, um wen oder was es sich beim Unkraut handeln könnte. Das Gleichnis setzt dies nicht fest. Nur, dass es sich um etwas handelt, das dem Reich Gottes ungleich ist. Das Gleichnis wird jedoch in seinen Zusagen umso deutlicher: Gott gibt uns darin ein Versprechen, dass am Ende das Unkraut vernichtet und die Ernte sicher eingefahren wird. Das Unkraut wird dem Weizen nichts anhaben. Anders als in der Landwirtschaft spielt das Reich Gottes nach seinen eigenen Regeln und breitet sich aus, auch wenn es vom Bösen bedroht wird. 

Was mich beugt und lähmt

Die Autorin
Lena Gelsterkamp
Lena Gelsterkamp ist Pastoralreferentin in der Pfarrei St. Martin in Nottuln. | Foto: privat

Für mich ist diese Hoffnung es wert, sich an sie zu klammern, denn wie oft merke ich als Christin, dass mir wertvolle Energie geraubt wird in allem, was an Negativem in Kirche und Welt wächst.

Oft werden gute Früchte überschattet von dem, was mich beugt und lähmt. Ich bin überzeugt, dass das alles nicht von Gott kommt, dass es etwas Feindliches ist. Es wäre möglich, das Unkraut im Keim zu ersticken, und es gibt Zeiten, da wünsche ich mir das sehr. Doch im Gleichnis wird vor Aktionismus und Gott-Spielen gewarnt. 

Toleranz ist angesagt

Es liegt also ganz in Gottes Hand! Schwer auszuhalten, sind wir doch oft genug dem Aktionismus verfallen und werden häufig durch das Wort Gottes zum Handeln aufgefordert. Nur eben in diesem Fall nicht. Toleranz ist also die Tugend dieser Stunde, Ertragen und Vertrauen darauf, dass sich Gottes Herrschaft schon durchsetzen wird. Spätestens bei der Ernte können wir gewiss sein, dass das Unkraut von der Frucht getrennt wird. Die Ernte wird hier, wie auch in anderen Bibelversen, gleichgesetzt mit dem Jüngsten Gericht. 

Wenn ich mit diesem Gleichnis im Kopf nun einen Blick in meinen Garten werfe, dann kommt mir ein Spruch in den Sinn, der mich beim Gärtnern wie beim Christsein aufatmen lässt: „Das ist kein Unkraut, das ist Begleitgrün“. Alles, was da wächst, gehört dazu, doch was am Ende zählt, darf sich Ernte nennen und hat einen sicheren Platz bei Gott.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 16. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) finden Sie hier.

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