Altabt Laurentius Schlieker OSB über Geld, Besitz und Geschenke

Auslegung der Lesungen vom 18. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr C

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Geld regiert die Welt, stürzt sie in Inflationszeiten in die Krise - und doch gilt allgemein, dass die wirklich wichtigen Dinge nicht für Geld zu haben sind. Welche Rolle Besitz, Talent und Geschenk im christlichen Glauben spielen, zeigt Altabt Laurentius Schlieker OSB von der Abtei Gerleve in seiner Auslegung der Schriftlesungen dieses Sonntags.

Wir müssen mit unserem Besitz und mit Geld umgehen, das gehört zu unserem Alltag. Im biblischen Glauben ist Gott der Besitzer von allem, der das Land seinem Volk übergeben hat. Bei der Ernte soll darauf geachtet werden, dass ein Rest übrigbleibt für die Besitzlosen.

Ein schönes Beispiel dafür lesen wir im Buch Rut (2. Kapitel). In der Tradition Israels und des Christentums sind die Besitzenden verantwortlich für die Armen. Was Jesus im Evangelium sagt, stimmt nachdenklich, zumal für uns heute die globale Perspektive dazukommt. Was Jesus meint, lässt sich so zusammenfassen: Alles, was „Besitz“ ist – Land, Häuser, Geld, Talente, Zeit, Gesundheit, Fachwissen, Erfahrung, Können -, bekommt seinen Wert, indem es zum Wohle aller eingesetzt wird. Wenn dieser Besitz sich im Überfluss staut und von uns durch Habgier festgehalten wird, ist er zum Schaden, wird wertlos und zur Gefahr. Über Wert und Nichtwert entscheidet allein, wie wir vor Gott leben. Was wir sind und haben, ist vorläufig.

14 Mal „ich“ und „mein“

Die Lesungen vom 18. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) zum Hören finden Sie hier.

Jesus erläutert dies mit dem Gleichnis vom reichen Grundbesitzer. Dieser lebt nur für sich selbst. Er führt ein entlarvendes Selbstgespräch. In wenigen Sätzen heißt es 14 Mal „ich“ und „mein“. Seine Beziehungen zu den Mitmenschen, zur Erde, zu Gott und sogar zu sich selbst hat er verloren. Für Gott ist er ein Narr. Welche Torheit, in der Absicherung und Anhäufung von Besitz hängenzubleiben! Der Grundbesitzer war materiell reich, aber am Ende seines Lebens war er in den Augen Gottes schlimmer als arm: Er hatte nichts und es blieb ihm nichts. 

Das Gleichnis erinnert daran, dass alles Geschenk ist, auch die Ergebnisse unserer Arbeit und Mühen, mehr noch: unser Leben, unsere „Seele“ in der Sprache des Gleichnisses ist ein Geschenk Gottes, das uns leihweise gegeben wird. Der Mann im Gleichnis meinte, er besäße sogar seine eigene Seele. Sie gehört aber Gott, und Gott fordert sie „noch in dieser Nacht“ zurück.

„Lass dich reich beschenken!“

Ein verstorbener Bruder meiner Klostergemeinschaft sagte gern: „Lass dich reich beschenken!“ Darin zeigte er seine christliche Einstellung zum Leben. Wenn alles ein Geschenk ist, dann kann das Leben leichter werden. Auf vielfältige Weise habe ich Geschenke erhalten, nicht nur in materieller und finanzieller Hinsicht. Wie bereichernd ist es, davon zurückzugeben aus Dankbarkeit und Wertschätzung für alles, was mir gegeben worden ist -  und es mit Liebe zu tun.

Jesus sagt: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben“ (Mt 10,8). Was alles verdanken wir vom Anfang des Lebens an bis zum Ende der Großzügigkeit und Zuwendung, Förderung und Hilfe anderer, und wie beglückend ist es, es ebenso zu tun! Das bereichert uns innerlich, äußerlich, und wir sind mit Schätzen reich vor Gott. Dazu müssen wir keine reichen Bauern wie im Evangelium sein. Aber wir sind allemal mit einer Vielzahl von Gaben für reiche Ernten im Sinn Jesu gesegnet. Die Christengemeinde darf sich im Blick auf den Überfluss im Gleichnis als Gottes Acker ansehen, der im Lauf der Jahre viele großartige Ernten eingebracht hat. 

Zwiti

Der Autor
Laurentius Schlieker OSBLaurentius Schlieker OSB ist Altabt der Benediktinerabtei Gerleve. | Foto: Markus Nolte

In unser Bewusstsein muss sich noch stärker verankern, dass wir in der Kirche mit talentierten und gut vorbereiteten Laien gesegnet sind, die künftig noch bedeutenderen Beitrag zur Ernte der Kirche leisten können. Die Ernte, die Gott schenkt, soll eine Wirkung über die Grenzen der Kirche hinaus haben.

Wir sind in den Augen Gottes insofern reich, wenn in uns etwas von Jesus zu erkennen ist. Er ist das vollkommene Ebenbild Gottes. Paulus erinnert im Kolosserbrief (2. Lesung) an die Berufung aller Getauften, in der Verbundenheit mit Christus, in der Dimension des auferstandenen Lebens ein neues Leben zu führen – jeden Tag von neuem Christus „anzuziehen“, von uns selbst zu geben, damit das Leben anderer bereichert wird. Indem wir uns an Jesus orientieren, werden wir in den Augen Gottes reich. Wer aus dem Geist Jesu zu leben versucht, ist wie ein kluger Mensch, der sein Haus auf Felsen gebaut hat. 

Das Leben besteht nicht aus Besitz, und doch können wir das leicht vergessen. Unser Reichtum, Ehre und Stolz, der Wunsch nach Erfolg, können uns über die Maßen beschäftigen und Gottes Stimme in unserem Leben übertönen. Haben wir keine Angst, uns ihm anzuvertrauen und immer weiter in seine Lehre hineinzuwachsen und wirklich frei zu werden.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 18. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) finden Sie hier.

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