Pater Daniel Hörnemann über den einzig Wahren, Steuern und Werbung

Auslegung der Lesungen vom 29. Sonntag im Jahreskreis (A)

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Das Evangelium dieses Sonntags ist wohl eines der bekanntesten: die Trickfrage der Pharisäer danach, ob es erlaubt ist, dem Kaiser Steuern zu zahlen. Pater Daniel Hörnemann aus der Abtei Gerleve entlarvt nicht nur die Schleimerei der Fragesteller, er befragt auch unseren Glauben: ein einziger Gott - reicht das?

Der Schriftsteller Harry Rowohlt nannte das Haschen um das Wohlwollen der Zuhörer zu Anfang einer Autorenlesung die „Anschleimphase“. Dieses rhetorischen Mittels bedienen sich auch die Pharisäer im Evangelium dieses Sonntags: „Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und wirklich den Weg Gottes lehrst“ – um dann ihre Falle zuschnappen zu lassen: „Sag uns also: Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?“

Jesus wird in ein klassisches Dilemma hineingeführt, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. Gleichgültig, ob er mit Ja oder Nein antwortet, immer gelangt er unweigerlich in die Bredouille. Ein Nein würde eine Steuerverweigerung gegenüber dem Kaiser bedeuten und die römischen Behörden auf den Plan rufen. Da müsste Jesus mit harten Konsequenzen rechnen. Ein Ja auf ihre folgenschwere Fangfrage bewirkte die Nachstellungen seiner jüdischen Mitbürger. So oder so geriete Jesus in die Mühlen der römischen Besatzungsmacht oder der jüdischen Glaubensautoritäten.

 

Entlarvte Steuerzahler

 

Die Lesungen vom 29. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

Der Meister durchschaut ihre Machenschaften und richtet an sie die Anklagefrage: „Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle?“ Dann aber führt er sie vor mit seiner Forderung, ihm ihre Steuermünze zu präsentieren. Da sie prompt den Denar mit Bild und Aufschrift des Kaisers vorweisen können, entlarven sie sich selbst als bereitwillige Steuerzahler.

Durch die Nutzung des Denars erkennen sie die politische und auch religiöse Macht des Kaisers längst an. Sie praktizieren selbst, womit sie Jesus fangen wollten. Wer anderen eine Falle stellt, fällt selbst hinein. Jesus verstieß mit seiner gelungenen Gegenfrage und der kleinlauten Antwort seiner Gegner weder gegen die römische Gesetzgebung noch verletzte er das jüdische religiöse Empfinden. Auch der religiöse Mensch hat die Ordnung und die Gesetze des Staates zu be­obachten, in diesem Sinne dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist.

 

Die eigentliche Pointe

 

Jesus wendet eine religiös wie politisch brisante Frage an die Fragen- und Fallensteller zurück: Wie steht es mit euch selbst und eurer Beziehung zu Gott? Die eigentliche Pointe liegt in dem, wonach die Gegner Jesu gar nicht gefragt hatten: in der Aufforderung, Gott zu geben, was Gottes ist, das heißt, seinen absoluten Anspruch anzuerkennen, der über allen staatlichen Forderungen steht. Angesichts dieser Aussage können die Pharisäer sich nur wortlos von der Bühne der Auseinandersetzung stehlen.

Kein König und kein Kaiser kann die Stelle Gottes einnehmen. Nur „er ist Gott, Gott für uns, er allein ist letzter Halt“ (Gotteslob 140,2). Mit ihm kann kein irdischer Herrscher mithalten, dessen Zeit und Wirkung immer begrenzt sind. Letztlich sind weder Regierende noch Steuern von Bedeutung, sondern nur der Anspruch Gottes: „Ich bin der Herr, und sonst niemand; außer mir gibt es keinen Gott“ (Jes 45,5).

 

Das klingt wie Werbung

 

Pater Daniel Hörnemann
Pater Daniel Hörnemann OSB ist Mönch der Benediktinerabtei Gerleve bei Billerbeck und Theologischer Berater von "Kirche+Leben". | Foto: Markus Nolte

Dafür trat bereits ein Prophet wie Jesaja ein. Die ganze Welt soll die Einzigartigkeit Gottes erkennen. Unser Gott lässt die Seinen nie im Stich, sondern eröffnet ihnen stets den Weg in eine neue Zukunft, gleichgültig welche Machthaber gerade die Geschicke der Welt lenken wollen. „Er ist der einzig Wahre“ – eine solche Aussage klingt nach Werbung, die viele Menschen als lästige Unterbrechung ihres laufenden Programms abschalten.

Den Propheten ist es wohl häufig ähnlich gegangen. Die Menschen wollten ihre Botschaft nicht hören, empfanden sie als störend. Nur einen Gott als den einzig wahren anerkennen – das ist eine Herausforderung bis heute. Zwei Wörter bilden eines der kürzesten Glaubensbekenntnisse „JHWH aechad“: Der Herr ist der Einzig-Eine. Dabei geht es weniger um einen abstrakten, theoretischen Monotheismus als vielmehr um eine Liebesbeziehung, die den ganz Anderen, Gott, für so wichtig und wertvoll, für so einmalig und unvergleichlich hält, dass es neben ihm gar keinen anderen mehr braucht.

 

Eine echte Zumutung

 

Nur ein Gott? Reicht das denn? Bräuchten wir nicht einen Gott für alle Fälle, für jeden Fall einen Gott, der zuständig ist und direkt hilft? Sich nur an einen einzigen Gott zu halten, das war schon für Israel eine Zumutung. Doch er hat viele Namen, mit denen wir ihn anrufen können. Er hat viele Weisen, uns Menschen zu erscheinen: in seinen Worten, in seinen Zeichen, in unserer menschlichen Gemeinschaft, unwiderruflich und unüberbietbar in seinem Sohn Jesus Christus.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 29. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) finden Sie hier.

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