Pater Daniel Hörnemann über den Aufruf zur Freude in schwerer Zeit

Auslegung der Lesungen vom 3. Adventssonntag / Lesejahr C

Anzeige

Am Sonntag Gaudete ändert sich nicht nur die liturgische Farbe, sondern damit sollte sich auch eine hellere, positivere Grundhaltung einstellen, sagt Pater Daniel Hörnemann und legt die Lesungen dieses Adventssonntags aus.

Ab dem 21. September 1968 gab es bei der damaligen Deutschen Bundesbahn eine umstrittene Rabattaktion, die für Begeisterung wie für Unmut sorgte. „Rosa Zeiten“ brachen an. Paare konnten damals vergünstigt durch die Bundesrepublik fahren. Dabei war es der Bahn egal, ob die Reisenden tatsächlich ein Paar waren, nur Mann und Frau mussten es sein. Von 1983 bis 1985 wurden die Sonderangebote „Rosarote Wochen“ neu mit rosa Elefanten als Sympathieträger erfolgreich beworben.

Ob es eine Rolle spielte, dass mit der Farbe Rosa Begeisterung, Verträumtheit, Zärtlichkeit, auch Naivität assoziiert werden? In der Farbe Rosa beschwichtigt die sanfte Weiß-Energie die drängende Rot-Kraft. Bereits sehr viel länger als in der Werbung taucht die Farbe Rosa als Aufhellung von Violett in der Liturgie auf. Rosa Gewänder können allerdings nur zu zwei Gelegenheiten getragen werden, zu den Sonntagen Gaudete am 3. Advent und Laetare am 4. Fastensonntag sozusagen als Zeichen des Bergfestes, des Erreichens der Mitte der jeweiligen Vorbereitungszeit.

Freude auf Kommando geht nicht

Die Lesungen vom 3. Adventssonntag (Lesejahr C) zum Hören finden Sie hier.

Die heitere, leichtere Note der Liturgie findet sich gleich akzentuiert in den klassischen gregorianischen Eingangsgesängen mit ihren Aufforderungen zur Freude. Ab dem 16. Jahrhundert wurde der Klang der Vorfreude in Farbe übersetzt, das Violett wurde aufgehellt, so wie sich die Stimmung der Feiernden an diesen beiden Sonntagen aufhellen soll.

Freude auf Kommando will sich jedoch nicht einstellen. Von rosigen Zeiten lässt sich in Kirche und Gesellschaft derzeit nicht leicht sprechen. Dunkle Wolken drängen sich dominierend auf und lassen sich nicht einfach beiseiteschieben. Wir vergessen dabei allerdings allzu schnell, dass wo Schatten ist, es immer auch Licht gibt.

Zusage der Rettung

Die Lesungen des 3. Advents sind keine Schönwetterreden. Bereits der Prophet Zefanja klagte im 7. Jahrhundert vor Christus über soziale, politische und religiöse Missstände, wofür Unheil und Gericht über Israel folgen sollten.

Nichtsdestotrotz stellte er für den Rest Israels einen Neuanfang in Aussicht. Er will den Menschen, die so viel Schweres in ihrem Leben durchmachen mussten, neuen Mut und Hoffnung zusprechen. Das Gottesurteil gegen Israel ist aufgehoben, das Gottesvolk ist rehabilitiert. Die Menschen erhalten nicht nur die Zusage der Rettung, sondern der Vorfreude Gottes über die Seinen.

Freude in schwerer Zeit

Der Autor
Pater Daniel Hörnemann
Pater Daniel Hörnemann OSB ist Mönch der Benediktinerabtei Gerleve bei Billerbeck und Theologischer Berater von „Kirche+Leben“. | Foto: Markus Nolte

Gott ist derjenige, der sich über seine Geschöpfe freut und jubelt. Er steht vor allem auf der Seite der Armen und Schwachen, die er schützend birgt, was schon der Prophetenname Zefanja andeutet: „Der Herr hat schützend geborgen“. Diese Verheißung der vorauseilenden Freude Gottes über seine Geschöpfe könnte durchaus ein Grund für ein erfreutes Echo auf dem Antlitz der Menschen sein.

Auch Paulus ruft zur Freude auf, als Kontrapunkt gegen eine belastende Lebenssituation. Der Apostel selbst befindet sich in Gefangenschaft und schreibt an seine Lieblingsgemeinde in Philippi. Er hatte sie als erste christliche Gemeinde auf europäischem Boden gegründet und blieb ihr herzlich verbunden. Aus dem Schlusskapitel seines Briefes sind die namengebenden Zeilen für das Eingangslied des 3. Advents entnommen: „Gaudete“ – „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe.“ Die Gemeinde soll nicht den zweifellos vorhandenen, drückenden Sorgen erliegen. Paulus betont die unveräußerlichen Grundhaltungen einer christlich-adventlichen Lebensweise, Freude, Güte, Wissen um die Nähe Gottes, Friede und Gemeinschaft mit Jesus Christus.

Biblische Botschaft macht nicht traurig

Auch das Evangelium richtet den Blick auf notwendige Grundhaltungen. „Was sollen wir tun?“, war die Frage an Johannes den Täufer, der sie pragmatisch beantwortete und von niemandem Unmögliches verlangte: Teilen, wenn man mehr hat, als man braucht. Sich an die gesetzlichen Regeln halten und niemanden übervorteilen. Die eigene Macht nicht missbrauchen. Bei allen Gerichtsansagen blieb Johannes immer ein Verkünder der Frohbotschaft Gottes.

Der große Schweizer Theologe Karl Barth (1886-1968) sagte einmal, dass derjenige, der sich die biblische Botschaft zu Herzen nimmt, kein trauriger Mensch sein darf: „Dem Menschen, der die biblische Botschaft hört und beherzigt, ist es nicht erlaubt, sondern klar verboten, ein unfroher Mensch zu sein.“ Allen Widrigkeiten zum Trotz.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 3. Adventssonntag (Lesejahr C) finden Sie hier.

Anzeige