Abt Andreas Werner: "Er sah und glaubte"

Auslegung der Lesungen vom Hochfest Ostern / Lesejahr A

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Der Tod und die Auferstehung Jesu stehen im Mittelpunkt der Kar- und Ostertage. Durch die Taufe haben Christen Anteil am Jesusgeschehen, erklärt Abt Andreas Werner OSB und legt die Lesungen vom Ostersonntag aus.

Lukas fasst in der Cäsarea-Predigt des Petrus das zusammen, was ihm am Wirken und Schicksal Jesu wichtig erschien. Die Rede wird im Haus des heidnischen Hauptmanns Kornelius an der Schwelle zur Heidenmission gehalten. Sie hat eine doppelte Funktion: die des Rückblicks und die der Vorschau. Die Rede des Petrus ist ein Lobpreis auf die Großtat Gottes, die dieser mit dem Auftreten des Täufers und Jesu begonnen hat. Gott ließ durch Jesus seine Friedensbotschaft Israel verkünden, die die biblischen Propheten vorhergesagt hatten.

Die Erfüllung der prophetischen Verheißung schließt nach Lukas ein, dass Jesus das gewaltsame Geschick der Propheten erleiden musste. Aber Gott hat ihn erweckt und ihn so als Messias bestätigt. Das Jesusgeschehen wurde zur apostolischen Verkündigung vom Reich Gottes. So betrachtet Lukas die Jesusgeschichte selbst als ‚Evangelium‘.

Gesalbt von Gott

Die Lesungen vom Hochfest Ostern (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

Der diabolischen Gewalt und Versklavung tritt eine überlegene Kraft entgegen, die Jesus bei seiner Taufsalbung von Gott empfangen hat. Neben das ursprüngliche Evangelium Jesu vom Reich Gottes tritt nun das Evangelium über Jesus. Das Zeugnis umfasst ein doppeltes Evangelium: das vom Reich Gottes und das vom Handeln Gottes durch und an Jesus.

Ihr seid mit Christus auferweckt – das gilt schon jetzt! Paulus schildert die Auferstehung der Glaubenden als feste Realität. Durch die Taufe haben die Einzelnen am Todesgeschick, aber auch am Auferstehungsleben Jesu Anteil gewonnen. Die Ermutigung: Das, woran ihr glaubt, besteht bereits! Für Paulus ist die Taufe das Wichtigste im Leben des gläubigen Menschen. Da stirbt der alte Mensch und ein neuer wird auferweckt, zusammen „mit Christus“. Die innere Blickrichtung des Christen soll sich nach „oben“ wenden, zu Christus, der zur Rechten Gottes erhöht ist.

Christen leben in einem Paradox

Bei der Taufe sind wir „gestorben“; in ihr wurde uns aber zugleich neues Leben geschenkt, das Teilhabe am Leben des Auferstandenen in der Herrlichkeit Gottes. So ist dieses Leben vorerst dem irdischen Blick entzogen, wie der erhöhte Herr selbst. Bei seiner Wiederkunft am Ende der Tage tritt Christus aus seiner himmlischen Verborgenheit hervor und offenbart sich als der wahre Herr der Welt. In diesem Augenblick wird das „Leben“ sichtbar, das uns Gott in der Taufe geschenkt hat. Äußerlich betrachtet gilt noch das irdische Leben, das auf den Tod zugeht; aber verborgen mit Christus in Gott ist schon die andere Wirklichkeit am Werk: die Hoffnungswirklichkeit des Lebens, das an der Auferstehung Christi teilhat.

Während Jesus in der Herrlichkeit zur Rechten Gottes sitzt, verharrt seine Kirche in der Grabesruhe des Karsamstags. Sie ist wie tot, begraben unter Leid und Tod, unter dem Versagen und dem Machtgehabe ihrer Diener. Der Christ lebt ein Paradox: Er wendet den Blick nach oben, hin zum erhöhten Herrn und lebt aus diesem Blick und sieht sich zugleich konfrontiert mit eigener Angst, mit Schuld und Versagen.

„Er sah und glaubte“

Der Autor
Abt Andreas Werner
Andreas Werner ist Abt der Benediktinerabtei Gerleve. | Foto: Abtei Gerleve

Was sich am Grab Jesu am Ostermorgen zugetragen hat, darüber gehen die Überlieferungen in den Evangelien auseinander. Frauen galten damals als nicht zeugnisfähig. Wer Ostern hätte erfinden wollen, hätte sich einen anderen Zeugen einfallen lassen. Maria Magdalena alarmiert die beiden Jünger. Noch ist es dunkel. Petrus und der Jünger, den Jesus liebte, laufen zum Grab – in der bei Johannes öfter erwähnten gegenseitigen Konkurrenz. Wer gewinnt den Wettlauf? Die Rivalität, die vielleicht Spannungen innerhalb der frühen Christenheit abbildet, wird humorvoll dargestellt.

Petrus und Johannes entdecken im Grab eine Ordnung, die sie stutzig macht. Leichenräuber hätten sich nicht die Zeit genommen, die Tücher so ordentlich hinzulegen. Der Jünger, den Jesus liebte, intuitiv veranlagt, begreift sogleich: Das sind die Zeichen des Herrn. Er kommt zu dem Schluss: Man hat den Herrn nicht gestohlen. „Er sah und glaubte.“ Was glaubt der Jünger?

Gottes Gegenwart

Offensichtlich gibt es verschiedene Annäherungen an den Auferstehungsglauben: zuerst und unabdingbar durch die Begegnungen mit dem Auferstandenen; aber auch die überraschende Erkenntnis, dass die Schrift vom Weg und Leben Jesu verborgen erzählt. 

Wenn wir die Gegenwart Gottes in unserem Leben nicht mehr erkennen können, könnte uns die Schrift wieder zu einem Blick für die Zeichen verhelfen und dazu, dass sich in vielen Kleinigkeiten die Gegenwart des Auferstandenen zeigen kann.

Sämtliche Texte der Lesungen vom Hochfest Ostern (Lesejahr A) finden Sie hier.

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