Margarete Schylek: Jesus ist die Tür der Erlösung

Auslegung der Lesungen vom 4. Sonntag der Osterzeit / Lesejahr A

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Es war und ist wichtig, mit Jesus Christus und seiner Botschaft auf Tuchfühlung zu gehen. Das Bild vom guten Hirten will allerdings heute nicht mehr passen, sagt Pastoralreferentin Margarete Schylek und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

Was hätte Jesus zu einer modernen automatischen Drehtür gesagt? Wäre dieses Bild passender für sein Gleichnis gewesen? Für welche Tür hätte Jesus sich heutzutage entschieden? Schon immer haben Menschen Bilder gesucht, wenn es um die wichtigen Dinge im Leben ging. Der Hirte mit seinen Schafen war eine revolutionäre christliche Alternative zu all den vergoldeten Büsten. Das Bild vom Hirten mit seinen Schafen ist uralt und hat, außer in der Vorbereitung auf die Erstkommunion, keinen besonders guten Ruf.

Im Zuge der Veröffentlichung der Studien zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche und der Aufarbeitung ist das Bild vom Priester oder Bischof als Hirte schwer ins Wanken geraten und hat an Sympathie und Vertrauen verloren. So idyllisch Schafe mit ihrem Hirten auch sind, die Harmlosigkeit und Unschuld ist verflogen. Bilder sind der Zeit geschuldet. Heute brauchen die Gläubigen vielleicht andere Bilder, um Zugänge und Wege zu Gott zu finden. Christus ist die Tür oder der Weg – doch welche Möglichkeiten sind noch in Betracht zu ziehen, um zu Gott zu gelangen?

Austritt oft schmerzhaftes Abwägen

Die Lesungen vom 4. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

Mit Blick auf die Kirchenaustrittszahlen in den Bistümern, den langen Wartelisten, ist die Tür des Amtsgerichts durchgängig offen. Dem Christus, der durch die katholische Kirche verkündet wird, wurde der Rücken gekehrt und das Leben in Fülle auf anderen Wegen gesucht. Ein Kirchenaustritt mag für einige nur eine Unterschrift sein, für andere ist es ein schmerzhaftes und reflektiertes Abwägen, ein bewusster Abschied von der Gemeinschaft, der Tradition und der religiösen Heimat. Zugang zu Gott finden Gläubige durch eine ehrliche und authentische Auseinandersetzung mit ihrem Glauben.

Dabei ist nicht wichtig, ob sie zu einer Kirche gehören oder Kirchensteuer zahlen. In Gesprächen mit Menschen, die ausgetreten sind oder überlegen auszutreten, merke ich, dass das Ringen um Fragen des Glaubens, das verlorene Vertrauen in die Institution Kirche und der Schmerz über den Verlust, intensiv und nachvollziehbar sind. Wenn die Tür des Amtsgerichts die Menschen aus der Kirche führt, ist Christus für sie trotzdem die Möglichkeit, aus der Enge in der Weite, die österliche Botschaft zu erfahren.

Das Starre aufbrechen

Die Autorin
Margarete Schylek
Margarete Schylek ist Pastoralreferentin in der Gemeinde St. Liudger in Münster. | Foto: pbm

Christus bricht das Starre und Feste des Konzepts „Tür“ auf; gleich, ob es eine schwere Holztür, eine Tresortür aus Stahl oder Panzerglas ist, Automatik oder handbemalt und verziert, mit kunstvollem Türknauf oder Türspion. Vielleicht passt auch das Bild von einem Durchgang mit einer Vorrichtung, einem sogenannten Drehkreuz, bei dem immer nur eine Person durchgelassen wird.

Im Evangelium heißt es: „Er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus.“ Gott kennt mich beim Namen, er weiß um mich und mein Leben. Durch das Drehkreuz zu gehen, bedeutet nicht, über ein höheres Geheimwissen zu verfügen, sondern im Vertrauen jeden Augenblick meines Lebens Gott zu erspüren und danach zu handeln. Wenn der Mensch mit Christus auf Tuchfühlung geht, ihn kennenlernt, wird er ihn auch lieben und von ihm geliebt werden. Jemanden „beim Namen“ zu kennen, heißt, ihn zu lieben. Wie oft passiert es, dass wir vor verschlossenen Türen stehen?

Wer Jesus ist

Die Menschen suchen Ablenkungen und Auswege aus der alltäglichen Enge, einem Leben voller Pflichten und Probleme, Überlastungen und Unschärfe. Wir haben viele Techniken erfunden, dieser Schwere zu entgehen und uns oberflächlichem Ersatz hinzugeben. Die Flucht durch eine Tür zur nächsten wird zunehmend erschwert, weil jede von ihnen nicht einfach aufgeht. Jeder Durchgang kostet Kraft und Zeit. Das Ergebnis gleicht einem Labyrinth. Jesus ist die einzige Tür, die Erlösung bringt. Sie ist die Antwort auf alle Sehnsüchte nach einem erfüllten und würdigen Leben. Sobald der Mensch durch sie hindurchgeht, erlangt er Freiheit und Sicherheit.

Die Frage nach dem, wer Jesus ist, ist im Johannesevangelium entscheidend. Die Adressaten des Textes sind in erster Linie die Christen in Kleinasien, die immer noch den Schmerz der Trennung von ihrer jüdischen Heimat in sich tragen. Die Frage nach seiner Identität und der Bedeutung für das Leben der Gläubigen in der Gemeinschaft lässt sich auch in die heutigen Gemeinden übertragen. Die durch die Jahrhunderte gestellte Frage „Wer ist Jesus?“, ist die Tür, die Zugang zu einem umfassenden Leben in Heil und Fülle garantiert.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 4. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr A) finden Sie hier.

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