Themenwoche „Was uns in der Kirche hält“ (2) - aus Sendenhorst

Darum fühlt sich Petra Greiwe weiterhin in der Kirche geborgen

  • Petra Greiwe fühlt sich weiterhin in ihrer Kirchengemeinde in Sendenhorst geborgen.
  • Die 60-Jährige hat zahlreiche ehrenamtliche Aufgaben übernommen.
  • Die Großwetterlage der Kirche mache ihr Engagement teilweise anstrengend.

Anzeige

„Hier spielt die Musik“. Petra Greiwe weist mit dem Finger durchs Fenster des Alten Pastorats in Sendenhorst auf die Pfarrkirche St. Martin. Sie meint damit nicht den Sakralbau, der derzeit wegen Renovierung geschlossen ist. Sie meint das Leben drumherum, die Menschen, die sich in dem münsterländischen Ort für den Glauben einsetzen, die Gemeinschaft in der Pfarrgemeinde, die daraus entsteht.

Diese „Musik“ ist für sie entscheidend – bei allen Problemen und allem Gegenwind in der katholischen Kirche: „Ich weiß, was ich an ihr habe.“ Nicht, dass sie die Entwicklungen kritiklos hinnimmt. „Da finde ich einiges Entsetzliche, da müssen wir genau hinschauen, Strukturen und Macht hinterfragen.“ Das ändert aber nicht an ihrem „Grundgefühl“, wie sie es nennt: „Das Getragen-Sein, meine nicht zu erschütternde Hoffnung aus dem Glauben heraus – die lasse ich mir nicht nehmen.“

Kirche spielte immer zentrale Rolle

Sie sagt, dass sie gar nicht anders könne: „Dafür hatte die Gemeinschaft in der Kirche immer eine viel zu große Bedeutung für mich.“ Von Kindesbeinen an – wenn sie dem Vater zum Orgelspielen die Noten in die Kirche brachte. Wenn jeder Tag von Gebet und Gottesdienst geprägt war. Wenn sie mit dem Großvater nach den großen Prozessionen daheim noch den Rosenkranz betete. Vor allem aber an entscheidenden Wendepunkten im Leben: „Bei den traurigen und schönen, bei Geburten und Todesfällen, an Festtagen wie in schmerzlichen Momenten.“

Die 60-Jährige spricht wunderbar westfälisch über diese Zeiten: „Da gab es kein Vertun!“ Also keinen Zweifel an der Institution Kirche und ihren Angeboten. „Sie wurde nicht infrage gestellt und ihre Vertreter waren Respektspersonen.“ Weil sie nie einen Grund dafür empfand, sagt sie: „Kirche war irgendwie eine schöne, heile Welt.“

Großwetterlage macht Einsatz anstrengend

Sie ist es immer noch für Greiwe. Auch wenn die Welt um den Kirchturm in Sendenhorst längst nicht mehr so funktioniert wie damals. „Auch wir müssen immer flexibler werden, müssen schauen, wie wir die Menschen noch erreichen, wie wir unsere Botschaft noch rüberbringen.“ An die Stelle der von selbst laufenden Volkskirche ist ein vielseitiges Engagement getreten. „Manchmal mühsam“, sagt sie. „Die Großwetterlage in der Kirche macht es natürlich nicht leichter.“ Und dann wird sie wieder bodenständig westfälisch: „Aber wenn’s von allein nicht klappt, muss man nachhelfen.“

Sie tut das mit viel Energie. Gerade hat sie das Priestergewand aus der kleinen Kammer neben dem Sitzungssaal geholt. Der ist in Zeiten der Kirchenrenovierung zum Gottesdienstraum umfunktioniert worden. Gleich kommt hier die Seniorenrunde zur Messe zusammen. Die Stühle hat sie zum Behelfs-Ambo an der Stirnseite gedreht. „Nach dem Gottesdienst werden sie wieder zu den Tischen gedreht und dann gibt es Kaffee.“

Wertschätzung ist wichtiger Lohn

Sie ist nicht nur Aushilfsküsterin in der Pfarrgemeinde St. Martinus und St. Ludgerus. Sie ist Pfarreiratsvorsitzende, sitzt im Arbeitskreis „Glaube und Alltag“ sowie im Liturgiekreis der Katholischen Frauengemeinschaft. Sie ist Kommunionhelferin, Lektorin und gestaltet ideenreich spirituelle Angebote. „Nicht nur in der Kirche, auch mal im Bauernhof oder im Museum.“ Da kommt einiges an Arbeit zusammen – und das im Ehrenamt. Jetzt sagt sie schmunzelnd: „Nicht ganz – für eine Wochenstunde bin ich angestellt, vor allem für die Vertretung der Küster.“ Der Lohn ist aber ein anderer: „Die Wertschätzung nicht nur bei den offiziellen Dank-Feiern, sondern in jeder Begegnung.“

Sie könnte sich zurückziehen und ein spirituelles Leben für sich allein gestalten. Eine solche Reaktion wäre mit Blick auf die Kirchenkrise nachvollziehbar. „Würde das etwas ändern?“, fragt sie. „Wir können nur hier vor Ort etwas anders machen, vielleicht kommt das dann oben an.“ Dafür muss sie aktiv blieben, nicht resignieren. Das spürt sie.

Glaubens-Botschaft im Portemonnaie

Ihre Antriebsfeder wird bleiben: ihre tiefe, unerschütterliche Hoffnung aus dem Glauben heraus. „Die Botschaft hat sich seit tausenden Jahren nicht geändert und wird auch diese Krise überleben.“ Sie trägt sie verschriftlicht auf einem kleinen Zettel im Portemonnaie immer mit sich. „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt“, steht dort das Zitat aus dem Matthäus-Evangelium. Oder wie sie es bodenständig westfälisch übersetzt: „Kann kommen, was will – das wird schon.“

Anzeige