Heiligsprechung am morgigen Sonntag

Der heilige Charles de Foucauld: Vom Lebemann zum Wüsteneremiten

Anzeige

Am morgigen Sonntag wird Charles de Foucauld in die Schar der katholischen Heiligen aufgenommen. Das war in seiner Biografie zunächst alles andere als absehbar. Doch die Begegnung mit glaubenden Muslimen lässt ihn neu nach der eigenen Religion fragen. Das Ergebnis: ein radikal asketischer Wandel hin zur Nachfolge Jesu.

Lebemann, Offizier, Forschungsreisender, Mönch, Priester, Eremit – schon diese Schlagworte zeigen, wie reich an Wendungen das Leben von Charles de Foucauld war. Doch Menschen wie der französische Trappist zeigen auch, wie tief sich ein Mensch von Gott verwandeln lassen kann. Grund für die Kirche, ihn 2005 selig- und nun heiligzusprechen.

Das zeichnete sich nicht ab. Am 15. September 1858 in Straßburg in eine der reichsten Familien Frankreichs geboren, wird Foucauld mit sechs Jahren Vollwaise, wächst beim Großvater auf. In der Jugend hat er mit Gott nichts am Hut. Mit 18 beginnt er eine Offiziersausbildung an der Militärschule.

Fasziniert von muslimischer Frömmigkeit

Zwei Jahre später stirbt sein Großvater. Das Erbe ermöglicht ihm ein ausschweifendes Leben. 1880 wird er nach Algerien versetzt – und entlassen, weil er seine Geliebte ins Land geschmuggelt hatte.

1885 durchquert er die südalgerische Wüste. Ihn faszinieren die Frömmigkeit der Muslime und ihre Gastfreundschaft. Angesichts „von Menschen, die in ständiger Gegenwart Gottes leben, ahnte ich, dass es etwas Größeres und Wahreres geben musste jenseits der Geschäftigkeit der Welt“, schreibt er.

Eintritt bei den Trappisten

Diese Ahnung lässt ihn nicht mehr los. Zurück in Frankreich möchte er mehr über seine eigene Religion erfahren. Doch statt des gewünschten Unterrichts fordert ihn sein späterer geistlicher Begleiter, Abbé Huvelin, auf, zu beichten und sein Leben in Gottes Hand zu legen. Als er spürt, dass es einen Gott gibt, der ihn trotz aller bisherigen Verfehlungen annimmt, möchte er sein ganzes Leben an ihm ausrichten.

Foucauld tritt bei den Trappisten ein, bei einem der strengsten katholischen Orden überhaupt. Ab 1890 lebt er sieben Jahre als Mönch in Frankreich und Syrien. Doch die Trappisten sind ihm nicht radikal genug in der Nachfolge. Charles zieht es 1897 an den Ursprung Jesu, nach Nazareth, wo er drei Jahre zurückgezogen und meditierend als Diener in einem Klarissenkloster lebt.

Radikale Nachfolge

Der Gedanke an einen Gott, der wie Jesus dient, statt zu herrschen, berührt ihn. Ein Satz von Abbé Huvelin leitet ihn: „Unser Herr hat so sehr den letzten Platz eingenommen, dass ihm niemand diesen Platz streitig machen konnte.“ Fortan strebt Charles eben jenen „letzten Platz“ bei den Armen an, denen er – auch ungeachtet ihrer Religion – ein Bruder und Freund sein möchte.

In Nazareth wird ihm klar, dass er Jesus überall nachfolgen kann. Er möchte fortan an einem Ort leben, wo er mit Ausgestoßenen und Außenseitern als Bruder leben und sich nützlich machen kann.

Einsiedler in Algerien

In der algerischen Oasenstadt Beni Abbes errichtet Charles 1901 zunächst eine Einsiedelei, hofft auf Mitstreiter – wegen seines asketischen Lebens aber vergeblich. Vier Jahre später zieht er zu den Tuareg ins südalgerische Hoggar-Gebirge, um im Sinn Jesu solidarisch bei den Ärmsten zu leben. 1916 erreicht der Erste Weltkrieg auch Südalgerien. In den Wirren wird der Trappist am 1. Dezember überfallen und erschossen.

Foucaulds Lebensstil sei so extrem und unnachahmlich gewesen, „dass kein Zweiter so leben kann“, schreibt Andreas Knapp vom Orden der „Kleinen Brüder vom Evangelium“. Gleichwohl inspiriert das Leben des neuen Heiligen: Nach seinem Tod entstanden mehrere Gemeinschaften, neun allein im deutschsprachigen Raum, die ein solidarisches Leben mit den Armen führen.

Anzeige