Reportage aus dem Magazin „wertvoll“ über einen Jungen aus Billerbeck

Die Erstkommunion von Jerome war ein Geschenk für alle

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Die Zeit der Erstkommunion rückt für viele Kinder im Bistum Münster näher. Solche Ereignisse können Kinder über das Fest hinaus nachhaltig prägen. Ein Beispiel dafür ist Jerome aus Billerbeck, der sich noch genau an diesen Tag im Juni 2020 erinnert.

Jerome ist lebhaft. Ein Energiebündel, das nicht selten Unterstützung braucht, um seinen Tatendrang in Bahnen zu lenken. Der Zehnjährige ist im Alltag auf Unterstützung angewiesen – im Familienleben, beim Lernen, in der Freizeit. Äußerliche Reize kommen bei ihm ungefiltert an, er ist oft nicht in der Lage, sie zu sortieren.

Das hat eine Geschichte: Unruhe, Hyperaktivität und Konzentrationsprobleme gehören seit seiner Geburt zu seinem Leben. Mit dieser Behinderung kam er auf die Welt und schon mit einem Jahr als Pflegekind zur Familie Kratz. Auf dem Bauernhof nahe Billerbeck fand er nicht nur liebevolle Eltern, drei ältere Geschwister sowie fürsorgliche Omas und Opas. Bei ihnen allen erlebte er von Anfang an auch jene Geduld und Zuwendung, die er für seinen Lebensweg braucht.

Fröhlichkeit und Glücksmomente

„Es war eine besondere Herausforderung“, sagt Pflegemutter Britta Kratz. Die Familie wünschte sich anfangs nur, dass Jerome Laufen und Sprechen lernte. „Der Rest war Zugabe.“ Von der es mittlerweile eine Menge gibt. In seiner Entwicklung hat er große Sprünge gemacht. Mit einigen Hilfestellungen meistert er den Alltag immer selbstständiger. Er mag den Unterricht in seiner Förderschule, hat Freunde gefunden, ist in einer Messdienergruppe. „Und er hat mit seinem offenen und fröhlichen Wesen für viele Glücksmomente in unserem Haus gesorgt.“

Bei all seiner Unruhe – es gab von Beginn an einen Ort, an dem er entspannt war, stillsitzen und zuhören konnte, sagt Britta Kratz: „der Dom in Billerbeck“. Jene große Kirche, in der er auch getauft wurde. Schon als Kleinkind, wenn er in den Gottesdiensten mit seiner Familie in den Kirchenbänken Platz nahm, fiel der Pflegemutter eins auf: „Jerome saß da und staunte.“ Trotz der vielen Reize, die er dort erlebte und die ihn eigentlich aus der Ruhe hätten bringen müssen. „Der große Raum, die Musik, die vielen Farben, der Glanz …“

Menschen und Rituale bringen Sicherheit

Etwas muss für Jerome anders sein an diesem Ort. Er wird aufmerksam, hört zu, kennt die Abläufe. „Das Halleluja singe ich am liebsten“, sagt er. „Das Gold finde ich cool und es gibt viele Bilder, die ich anschauen kann.“ Er erlebt Menschen und Rituale, die ihm Sicherheit geben. Pfarrer Bernd Serries, der die Pfarrgemeinde in Billerbeck leitet, nennt er „meinen Freund“. „Er ist nett, ich mag ihn einfach.“

Natürlich wollte Jerome auch zur Erstkommunion gehen. „Das war keine Frage – er war von der Idee sofort begeistert, hat auf den Tag hin gefiebert“, sagt Britta Kratz. Keine Frage war es auch, dass die Eltern der gleichaltrigen Kommunionkinder aus der Nachbarschaft anfragten, ob er bei der Vorbereitung mitmachen wolle. Die „Bauerschaft-Gruppe“ entstand, sieben Mütter engagierten sich, einmal im Monat gab es reihum gemeinsame Treffen.

Bibelgeschichten in der Küche

Neues erfahren, Glauben entdecken und spielen – das genoss Jerome. „Seine Teilnahme wurde nie angezweifelt, er war mit seinen Besonderheiten ganz normal dabei.“ Sie besuchten ein Kloster, feierten Gottesdienste in einer kleinen Bauerschaft-Kapelle, machten eine Entdeckungstour durch die große Kirche in Billerbeck. Die Kinder saßen in den Küchen der unterschiedlichen Familien und lauschten den biblischen Geschichten. „Jerome interessierte sich besonders für die Erzählungen von Jesus“, erinnert sich die Pflegemutter. „Er war immer aufmerksam dabei.“

Auch die Familie Kratz wurde in der Vorbereitung aktiv. Gerade als durch die Corona-Pandemie einige Angebote in der Gruppe ausfallen mussten, wurden die Eltern und Großeltern kreativ. Zum Osterfest wanderten Oma und Mutter mit ihm durch die Baumberge und bastelten ein Kreuz aus Zweigen. Die Großmutter backte mit ihm ein Brot, auf dem sie aus dem Teig ein Kreuz formten. „Super lecker“, sagt Jerome, wenn er sich daran erinnert. „Wir haben es mit Bärlauch-Butter gegessen.“

Sein Freund, der Propst

Auch sein Freund besuchte ihn – Propst Serries. Bis in die Förderschule nach Münster kam er, wo Jerome ihm sein Heft aus der Vorbereitungszeit zeigte. Im Gegenzug bekam er vom Geistlichen ein Buch geschenkt. „Über das Abendmahl mit Jesus“, sagt Jerome. Was für ihn aber noch schöner war: „Wir haben zusammen gepuzzelt.“ Seinen Erziehern musste sich Serries übrigens nicht vorstellen. „Sie sind der Pfarrer aus Billerbeck“, sagten sie zur Begrüßung. „Jerome erzählt ständig von ihnen.“

Auch der Pfarrer genießt diese Begegnungen mit Jerome immer wieder. „Seine Fragen und Bemerkungen sind so wunderbar ehrlich.“ Ob es um einen Satz im Gottesdienst geht oder um das Gold des Kelches – wenn der Junge etwas nicht versteht, geniert er sich nicht dafür, sondern hakt ohne große Zurückhaltung nach. „Das zeigt sein Interesse, seine Neugier für die Dinge, die in der Kirche geschehen.“

Freude ist wichtiger als Wissen

Genau das ist für Serries das Wichtigste: „Es geht nicht darum, dass ein Kind alles versteht, wenn es um den Glauben geht.“ Für ihn ist es entscheidend, dass es sich begeistern lässt, dass es merkt, wie schön es sein kann, zur Erstkommunion zu gehen. „Kinder sollen die Vorbereitung und das Fest als Freude erleben – und die war bei Jerome nicht zu übersehen.“

Auch am Festtag selbst war das so. Jerome hatte sich schon Wochen vorher schwergetan, diesen Termin abzuwarten. „Er war unglaublich aufgeregt und stolz“, erinnert sich Britta Kratz. Die Fotos von der Feier in der Kirche und der Familienrunde im Gasthaus zeigen das. Er hatte sich in Schale geworfen, der Anzug war extra neu gekauft worden. Die blaue Fliege passte zu seinen neuen Turnschuhen. Beim Gruppenfoto mit seinen Geschwistern grinst er glücklich in die Kamera.

Schöne Erinnerungen: Geschenke, Apfelbaum, Kroketten

Er lächelt heute immer noch, wenn er sich an jenen Tag im Juni 2020 erinnert. Weil er damit so viele schöne Erinnerungen verbindet. Er hört gar nicht wieder auf, wenn er davon erzählt. „Die Kroketten beim gemeinsamen Essen“ gehören dazu. Und: „Der Apfelbaum, den wir im Garten gepflanzt haben und mit dessen Äpfeln wir zu meiner Firmung Kuchen backen wollen.“ Von den vielen Geschenken ist ihm auch das der Oma ans Herz gewachsen: eine bunte Sprachbox, auf der sie biblische Geschichten aufgenommen hat. „Die höre ich manchmal beim Einschlafen.“

Britta Kratz berichtet aber auch von Geschenken, die nicht eingepackt waren. Es sind die Erlebnisse und Gefühle, die Jerome mitnehmen konnte. Sie kommen im Alltag immer wieder zum Vorschein und zeigen, wie seine Erstkommunion nachhallt. „Das Kreuz, das er vom Pfarrer geschenkt bekam, trägt er immer in der Hosentasche, wenn er in die Kirche geht.“ Seinen Kommunionanzug zieht er so oft es geht an, wenn er zum Gottesdienst geht. „Und immer, wenn er etwas Schönes erlebt, sagt er: Danke, Gott.“

Geborgen in der Gruppe

Auch seine Aufnahme in die Messdienergruppe zählt die Pflegemutter zu diesem Nachhallen. „Da zeigt sich eine Geborgenheit, er lebt dort richtig auf.“ Neulich drehte Jerome sich an der Tür zum Pfarrheim um, wohin sie ihn zur Gruppenstunde gebracht hatte. „Mama, du kannst jetzt gehen“, sagte er. „Sie haben mich sicher.“

Zum dritten Mal ist das Magazin „wertvoll“ erschienen, das sich an die Familien von Erstkommunionkindern aus dem Bistum Münster richtet. Von der Agentur „kampanile“ der Dialogmedien und Emmaus Reisen GmbH erstellt, unterstützt es mit Reportagen, Tipps und Hintergründen die Vorbereitung auf das große Fest. Über die E-Mail-Adresse „materialdienst(at)bistum-muenster.de.“ können noch Exemplare bestellt werden.

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