Vielgesehenes Kunstwerk an der Lambertikirche in Münster

Die Himmelsleiter – eine Betrachtung zu Christi Himmelfahrt

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Das Fest Christi Himmelfahrt steht genauso für die Aussicht auf eine bessere, paradiesische Welt wie das biblische Motiv der Himmelsleiter. Eine Betrachtung zu dem Kunstwerk, das zuletzt in Münster unzählige Blicke anzog.

Sie ist ein beliebtes Motiv in der Kunst und ziert manches Tattoo: die Himmelsleiter. Das biblische Motiv für die Verbindung zwischen irdischer und göttlicher Sphäre hat zuletzt eine imposante Darstellung gefunden: Die Konzeptkünstlerin Billi Thanner installierte zunächst am Südturm des Wiener Stephansdoms eine neongelb leuchtende Himmelsleiter – als Hoffnungszeichen für eine bessere Welt. Dieses erstrahlte später am Turm der Innenstadt-Kirche St. Lamberti in Münster und wird demnächst bei Olympia in Paris ein Hingucker sein. Die Aussicht auf eine bessere, paradiesische Welt – dafür steht die Himmelsleiter wie das Fest Christ Himmelfahrt.

Inspiriert ist die Himmelsleiter vom alttestamentlichen Text über Jakob. Dieser flieht vor seinem Zwillingsbruder Esau, der vor ihm das Licht der Welt erblickt hat und damit eigentlich das Erstgeburtsrecht innehat. Doch mit List und Betrug schafft es Jakob, seinem Bruder das Haupterbe streitig zu machen.

„Für Jakob öffnet sich der Himmel“

Um aber dessen Wut zu entkommen, sucht er erstmal das Weite. Auf der Flucht bettet Jakob nach Sonnenuntergang seinen Kopf auf einen Stein und hat einen Traum, in dem die Leiter oder Treppe eine Rolle spielt. „Siehe, eine Treppe stand auf der Erde, ihre Spitze reichte bis zum Himmel. Und siehe: Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder“, heißt es im Buch Genesis. In der Traumszene sagt Gott Jakob und seinen Nachkommen das Land zu, auf dem er gerade liegt.

Für die Theologin Barbara Leicht vom Katholischen Bibelwerk ist das eine wunderbare Erzählung von Gottes Zuwendung, die auch den Sünder nicht verlässt. Bisher habe der Flüchtende gar nicht an Gott gedacht. „Doch nun öffnet sich für Jakob der Himmel.“

Leiter oder Rampe?

Die Übersetzung des hebräischen Wortes „sulam“ mit Leiter sei umstritten. Es komme nur an dieser Stelle im Alten Testament vor und leite sich von der Wortwurzel „sll“ her, das „die Straße aufschütten, anlegen oder aufhäufen“ meine. Damit habe Jakob weniger von einer Leiter, sondern eher von einem aufgeschütteten Weg oder einer Rampe geträumt.

„Wie immer die Konstruktion war, sie kommt vom Himmel her auf die Erde“, führt Leicht aus. Damit sei sie ein Gegenbild zum Turmbau zu Babel. Denn dort hätten die Menschen von der Erde in Richtung Himmel gebaut – und seien gescheitert.

„Initiative geht von Gott aus“

„Jakobs Verbindung zum Himmel dagegen ist keine eigene Leistung. Die Initiative geht von Gott aus.“ Staunend erfahre Jakob, dass er nicht verlassen und der Gott seiner Sippe mit ihm ist. Seine Botschaft laute: „Ich bin da, wenn du Unrecht getan hast und die Folgen dieser Taten trägst, ich bin da, wenn du in eine ungewisse Zukunft gehst.“

Pfarrer Detlef Ziegler aus Münster weist darauf hin, dass es Jakob wieder in seine Heimat zieht. „Es packt ihn dieser unbewältigte Konflikt mit seinem Bruder, die Sehnsucht nach Versöhnung.“

Das Symbol umdrehen

Zunächst muss er sich aber noch einem nächtlichen Kampf mit Gott selbst stellen, den Jakob überlebt, wenn auch für immer an der Hüfte verletzt. Schließlich begegnet er wieder seinem Bruder Esau, der seine Umkehrbereitschaft sieht und ihm versöhnt in die Arme fällt. Ziegler: „Erst hier öffnet sich wirklich der Himmel.“

Das Symbol der nach oben weisenden Himmelsleiter müsse aber anders gesehen werden: „Wir müssen es nur paradox umdrehen.“ Denn im Kern wolle die Leiter hinabführen auf den Grund des Lebens und dieser Welt. „Wir finden den Himmel nicht über uns, sondern in uns und unter uns“, so Ziegler.

In diesem Sinn sieht Künstlerin Thanner in den Sprossen ihrer Himmelsleiter ein Sinnbild für Tugenden wie Glaube, Liebe, Achtsamkeit oder Dankbarkeit: „Mir gefällt die Vorstellung, dass wir uns im Leben bessern können, sehr.“

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