Professor für Neues Testament: Bollerwagen und Kirche verbinden

Thomas Söding über Himmelfahrt, Vatertag und Väter in der Bibel

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Am Donnerstag ist Christi Himmelfahrt. Neben der Bedeutung als christliches Hochfest hat sich die Tradition des Vatertags etabliert. Thomas Söding, in Münster lebender Professor für Neues Testament an der Universität Bochum, erklärt, was die beiden Anlässe verbindet und welche Vaterrollen in der Bibel wichtig sind.

Herr Professor Söding, gibt es eine theologische Erklärung dafür, warum an Christi Himmelfahrt Vatertag ist?

Man kann sagen, dass Christi Himmelfahrt in einem ganz eminenten Sinne Vatertag ist, weil es mit der Gottessohnschaft Jesu zu tun hat. Und mit Gott als Vater. Denn das, was die Bibel erzählt, ist, dass Jesus nicht nur vom Vater gesandt worden ist, sondern dass auch der Weg zurück zum Vater führt.

Gott wird in der Bibel von allen Vater genannt...

Ja, auch, weil „Vater“ eine alte, archaische Anrede ist, die von Respekt zeugt. Wir finden sie sehr häufig in den Psalmen. Gott ist ja nicht in dem Sinne Vater, dass er biologischer Erzeuger von bestimmten Menschen ist. Wir können aber in der Bibel zahlreiche interessante und durchaus unterschiedliche Vaterfiguren entdecken.

Zum Beispiel?

Thomas Söding.
Professor Thomas Söding. | Foto: pd

Nehmen wir Josef. Er ist im Neuen Testament eine extrem wichtige Person, schließlich bekommt er im Traum die Aufgabe, sich um die schwangere Maria und damit um Jesus zu kümmern. Er ist eine starke Figur.

Inwiefern?

Josef ist jemand, der sich anständig verhalten hat, das braucht man nicht zu verachten. Ein Mann, der im Hintergrund wichtig ist und andere in den Vordergrund schicken kann - das ist eine wichtige Tugend, die Männern gut ansteht.

Welche Eigenschaften finden wir außerdem bei den biblischen Vätern?

Schauen wir uns Hiob an. Sein Glaube wird hart auf die Probe gestellt, denn Gott nimmt ihm seinen vollständigen Besitz. Es passiert ihm das Schlimmste, was geschehen kann: Seine zehn Kinder sterben. Die Bibel gibt ihm Seite um Seite Raum, um seinen Schmerz regelrecht herauszubrüllen und Gott zur Verantwortung zu ziehen. Wir sehen also, dass nicht nur Mütter, sondern auch Väter schreien und klagen.

Und wie sieht der Alltag von Vätern in der Bibel aus?

Der war natürlich patriarchalisch geprägt. Aber Väter haben es nicht immer leicht, auch in der Bibel nicht. Man kann Freude an den Kindern haben, man kann darüber traurig sein, dass sie einen völlig anderen Weg gehen, als man selbst für richtig hält, man kann an ihnen verzweifeln. Männer in der Bibel leiden auch darunter, wenn sie lange kinderlos bleiben.

Väter durchleben also genau wie die Mütter Leid und Freude. Ist es von daher nur fair, wenn sie auch ihren Tag haben, an dem sie gefeiert werden oder sich selbst feiern?

Warum nicht? Mein Traum wäre natürlich, wenn die Bollerwagentour an Himmelfahrt nicht an den Kirchen vorbeiführt, sondern auch in eine Kirche hinein, natürlich vor dem Alkoholgenuss. Dann kann man den geistlichen und den weltlichen Teil gut miteinander verbinden.

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