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Wie realistisch ist die Chance auf Reformen, wenn sogar Teilnehmer der Synodalversammlung vorzeitig abreisen - und der Vatikan weiter wortreich schweigt? Ulrich Suffner, Chefredakteur der OM-Mediengruppe in Vechta, sieht weiter Überforderungen und Misstrauen.
Der Frust frisst sich tiefer in die Seelen. Weil sich Kirche weiter nur im Zeitlupentempo bewegt. Symptomatisch verlief die zweite Vollversammlung des Synodalen Weges. Der soll eigentlich der Debatte von Bischöfen und Laien über Reformen dienen, führt aber am ersten Oktoberwochenende zunächst in die Sackgasse einer peinlichen Beschlussunfähigkeit.
Ein Viertel der Mitglieder findet es wichtiger, nach Hause zu fahren, als sich weiter durch die hoffnungslos überfrachtete Tagesordnung zu arbeiten. Tja, was soll man dazu sagen?
Dürftige Ergebnisse
Der Autor
Ulrich Suffner ist Chefredakteur der Redaktion der OM-Mediengruppe, die im südoldenburgischen Teil des Bistums Münster die „Oldenburgische Volkszeitung“ in Vechta, die „Münsterländische Tageszeitung“ in Cloppenburg und das lokale Nachrichtenportal „OM online“ herausgibt. Der Katholik ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Söhnen.
Die Zwischenbilanz in diesem nach dem Missbrauchsskandal hoffnungsvoll gestarteten und vom Coronavirus ausgebremsten Dialog fällt auch inhaltlich dürftig aus. Zumindest erscheint erreichbar, dass Bischöfe und Pfarrer in deutschen Bistümern und Gemeinden künftig freiwillig auf einen Teil ihrer Kompetenzen und Mitspracherechte verzichten und Gläubigen größere Mitspracherechte zugestehen. So mag etwas mehr Pluralismus einziehen.
Doch wird zugleich immer deutlicher, dass der Synodale Weg mit der ihm zugeschriebenen Aufgabe, verlorenes Vertrauen in die Institution Kirche zurückzugewinnen, hoffnungslos überfordert ist. Das große Misstrauen gegenüber Bischöfen und Kirchenleitung in Rom wird sich nicht durch Reformdebatten verflüchtigen, die in zentralen Fragen absehbar folgenlos bleiben werden.
Rom schweigt wortreich
Die Aufarbeitung des systemisch bedingten sexuellen Missbrauchs, des Wegsehens und Vertuschens stockt noch immer. Eine moralische Verantwortung von Bischöfen lehnt der Papst ab.
Auch zu kritische Anfragen des synodalen Weges zur klerikalen Macht, zum Zölibat, zum Dienst der Frauen und zur Sexualmoral schweigt Rom weiter wortreich. Ebenso zur berechtigten Frage, ob nicht mehr Vielfalt in der Weltkirche möglich sein könne, ohne gleich die Einheit zu riskieren.
Träume produzieren
Als Papst Franziskus vor einigen Monaten selbst zu einem weltweiten synodalen Weg aufrief, forderte er die Katholiken rund um den Erdball auf, keine Texte zu produzieren, sondern Träume. Dieser Satz ist von vielen Gläubigen in Deutschland richtig verstanden worden.
Für Reformen ist in der katholischen Kirche kein Raum. Die Beratungen des Synodalen Weges werden bis in den Winter 2023 verlängert. Die Hoffnung schwindet.
Die Positionen der Gastkommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche+Leben“ wider.