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Die Vorsitzende des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster, Kerstin Stegemann, sprach in Saerbeck im Kreis Steinfurt über den Synodalen Weg. Interessierte wünschen sich weniger Texte, dafür mehr sichtbare Reformen. Ungeduld von Gemeindemitgliedern über das Tempo der Entscheidungen nimmt zu.
„Der Synodale Weg ist die letzte Chance für unsere Kirche, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen“, so sagen mache, die sich sichtbare Reformen wünschen. „Der Synodale Weg ist ein Holzweg“, so sagen vor allem Konservative, die Sorge haben, dass sich die Kirche dem Zeitgeist anpasst.
Über den Stand des kirchlichen Reformprozesses informierte in Saerbeck auf Einladung des Katholischen Bildungswerks und des Arbeitskreises Kunst-Kultur-Kirche der Pfarrei St. Georg Kerstin Stegemann. Die Vorsitzende des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster ist Delegierte des Synodalen Wegs.
Mehr Frauen in Leitungsfunktionen
Stegemann zeigte sich optimistisch, über den Synodalen Weg Reformen in Gang zu setzen: „Mein Eindruck ist, dass Kirchenleitungen und Bischöfe bereit sind, Strukturfragen anzugehen, mehr Frauen in Leitungsfunktionen zu bringen und umfassende Mitbestimmung durch Nicht-Geweihte zuzulassen.“
Die Diözesankomitee-Vorsitzende berichtete vom Synodalforum „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“, in dem sie engagiert ist, von den Vollversammlungen des Synodalen Wegs, den Arbeiten in Kleingruppen und vom Wälzen umfangreicher Textvorlagen. Ein umfangreiches Grundlagenpapier des Forums beschäftige sich mit Fragen wie: Wer hat in der Kirche Macht? Wer gibt sie ihm? Wie kann man das kontrollieren und begrenzen? Wie können Gläubige daran beteiligt werden?
Kein Zeitaufschub bei Reformen
Dass jetzt die Zeit zum Handeln sei, wüssten auch die Bischöfe, meinte Stegemann: „Zu den drängenden Fragen wie die Gleichberechtigung der Frauen, die Kontrolle der Kirchenfinanzen oder die synodalen Entscheidungsstrukturen brauchen wir verbindliche Regelungen. Und zwar schnell“, sagte Stegemann. Sie zeigte sich optimistisch, Reformen zügig auf den Weg zu bringen: „Der Wille dazu ist bei meisten Teilnehmenden des Synodalen Weges da.“
In einer engagierten Diskussion wollten einige Zuhörende im Saerbecker Pfarrheim diese Zuversicht nicht teilen: „Wie viel Zeit haben wir noch, um auf Veränderungen zu warten?“, fragte eine Teilnehmerin mit Blick auf die Wartelisten bei den Amtsgerichten, in denen sich die Austrittswilligen eintrügen.
Ungeduld beim Wort „Geduld“
Es könne nicht sein, dass seit Jahrzehnten immer wieder über die gleichen Themen gesprochen werde nach dem Motto: „Schön, dass wir darüber gesprochen haben.“ Der Geduldsfaden reiße auch bei denen, die sich ehrenamtlich in der Kirche engagierten.
Ein Statement eines älteren Mannes lautete: „Von den Bischöfen höre ich immer: Wir brauchen Geduld. Ich kann das Wort Geduld im Kirchenkontext nicht mehr hören. Worauf soll ich denn noch warten?“
50 Jahre andauernde Reformdebatte
Darauf antwortend, sagte der langjährige Pastoralreferent in Saerbeck, Werner Heckmann: „Die deutsche Kirche kann es sich nicht mehr erlauben, sich hinter dem Kirchenrecht oder dem Vatikan zu verstecken. Die Weltkirche muss bereit sein, zum Beispiel bei der Frage der Weihe von Frauen flexible Lösungen für die unterschiedlichen Kulturkreise zu finden.“
Über viele Reformen werde schon seit den 1970er Jahren gerungen. Die Würzburger Synode habe ein modernes Bild der Kirche gezeichnet. Davon sei später abgerückt worden. Das vor 25 Jahren im Bistum Münster durchgeführte Diözesanforum „Mit einer Hoffnung unterwegs“ habe Themen wie Laienpredigt und Frauendiakonat behandelt, ohne weitere Konsequenzen zu ziehen, sagte Heckmann.
Erinnerung an das Kirchenvolksbegehren
Maria Schwering vom örtlichen Katholischen Bildungswerk erinnerte an die in den 1990er Jahren durchgeführte Unterschriften-Aktion „Kirchenvolksbegehren“ und die engagierte Gruppe „Wir sind Kirche“: „Wir hatten alles schon gehabt. Die Zeit drängt. Hoffentlich werden wir nicht enttäuscht.“
Kerstin Stegemann versprach, den Reformprozess durchsetzen zu wollen. Rückendeckung dafür gebe es nicht nur von den katholischen Verbänden im Bistum Münster, sondern auch von der Bistumsleitung.
Stichwort: Der Synodale Weg
Der Synodale Weg ist ein Gesprächsformat für eine strukturierte Debatte innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland. Er soll der Aufarbeitung von Fragen dienen, die sich im Herbst 2018 nach der Veröffentlichung der sogenannten MHG-Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche ergeben haben. Verantwortung für den Gesprächsprozess tragen die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Der Synodale Weg wurde am ersten Advent 2019 eröffnet und hat vier Themenschwerpunkte: 1. Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag; 2. Priesterliche Existenz heute; 3. Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche und 4. Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft. Das Ende der Beratungen ist voraussichtlich Frühjahr 2023. (job)