Jens Joest über ein komplexes, aber strukturell unterfinanziertes System

Die Politik muss Kitas finanzieren – nicht nur wertschätzen!

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Gute Kitas wünschen sich nicht nur die betroffenen Eltern. Auch die Kirchen engagieren sich stark – sogar stärker als andere freie Träger. Das aber nimmt die Politik nicht aus der Pflicht, meint unser Redakteur Jens Joest.

So richtig der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ist, so teuer ist es, qualitativ gute Betreuung anzubieten, die allen Kindern faire Startchancen bietet. Dafür braucht es vor allem gut entlohnte Fachkräfte, die damit umgehen können, dass Kinder unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen, dass Deutsch nicht Muttersprache aller Kinder ist, dass einige Kinder mit Einschränkungen und besonderem Förderbedarf kommen.

Bei Kitas arbeiten Staat und freie Träger eng zusammen: In Nordrhein-Westfalen gibt es rund 10.700 Kitas, etwa 7.000 davon betreiben freie Träger, rund 2.500 davon die katholische Kirche.

Strukturell unterfinanziert

Das soll weitergehen: „Die Betreuung und elementare Bildung von Kindern ist ein wichtiges Handlungsfeld. Wir übernehmen Verantwortung für Kinder und Familien“, schreibt der Vertreter der Bistümer beim Land NRW, Antonius Hamers, in Kirche+Leben. Er verweist auch auf pastorale Chancen, die sich in Kitas ergeben.

Doch das System ist strukturell unterfinanziert: Die jährlich angepassten Kindpauschalen hinken den Tarifabschlüssen, der Inflation und Kostensteigerungen hinterher, Träger fangen Defizite auf, die sie nicht verschuldet haben.

Zudem unterscheiden sich die Eigenanteile der Träger: 12,5 Prozent sind es bei kommunalen Kitas, 10,3 Prozent bei kirchlichen, 7,8 Prozent bei anderen freien Trägern und 3,4 Prozent bei Elterninitiativen.

Die Kirchen leisten mehr

Der höhere kirchliche Anteil ist zumindest bemerkenswert: Die kleiner werdende Gruppe der Kirchenmitglieder trägt doppelt zur Finanzierung von Kita-Plätzen bei – als allgemeine und als Kirchensteuerzahler. Und: Die Kirchensteuer ist im Prinzip ein Mitgliedsbeitrag, bei dem es keine Pflicht gibt, ihn zur Kita-Finanzierung zu nutzen – auch angesichts anderer Aufgaben der Kirchen wie Seelsorge.

Zwar will die Kirche die Trägeranteile nicht abschaffen: Wer einer Einrichtung ein besonderes – etwa christliches – Profil geben will, muss eigenes Geld mitbringen. Fakt aber bleibt: Die Kirchen engagieren sich freiwillig stärker finanziell als andere freie Träger.

Das Interesse des Staates 

Der Staat hat ein Interesse, dass das so bleibt. Denn angenommen, die Kirche würde eine defizitäre Kita schließen, dann müsste oft die Kommune als Träger einspringen. Und alle Kosten blieben beim Staat – auch der Trägeranteil.

Die Kita-Finanzierung ist ein komplexes System, in dem es keine einfachen Lösungen gibt. An dem sich aber zeigt, ob die politische Wertschätzung von Kindern über Sonntagsreden hinausgeht.

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