Themenwoche „Warum noch Theologie studieren?“ (6)

Die Theologie des menschlichen Körpers ist das Thema von Lea Quaing

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Lea Quaing promoviert am Institut für Christliche Sozialwissenschaften in Münster. Theologie zu studieren war für die Emsländerin nie ein Thema. Bis sie in einem Freiwilligen Sozialen Jahr in Diskussionen mit einer Gemeindereferentin geriet.

Schon seit Studienbeginn der katholischen Theologie war Lea Quaing ein wenig eine Exotin auf Studentenpartys. Für sie war es mit Blick auf ihre Lebensfragen aber ein logischer Schritt.

„Du studierst Theologie? Danach siehst du gar nicht aus!“ An diese Sätze auf Studentenpartys kann sie sich gut erinnern. Lea Quaing war dann immer ein wenig vor den Kopf gestoßen. „Wie sieht man denn aus, wenn man Theologie studiert?“, war ihre Rückfrage.

Begeistert von der Vielfalt des Fachs

In den folgenden Gesprächen wurde aber schnell deutlich, warum viele überrascht waren von ihrem Studium. „Sie fragten mich, wie ich in diesen Zeiten in Erwägung ziehen konnte, für die Kirche zu arbeiten – auch mit Blick auf die Rolle der Frau.“

Quaing konnte dann mit Missverständnissen aufräumen. Ihr Kernsatz dabei: „Ich studiere des Studieren wegens, nicht um mich für eine Stelle in der Kirche zu qualifizieren.“

Die heute 30-Jährige war begeistert von der Vielfalt der Inhalte. „Geschichte, Recht, Bibelwissenschaften, Pädagogik…“ Es gab natürlich einige Anforderungen, durch die auch sie sich „quälen“ musste, gibt sie zu. „Zum Beispiel Hebräisch und Altgriechisch.“ Letztlich erlebte sie aber alles als wichtig. „Alle Inhalte puzzelten sich zum Ganzen zusammen.“

Neuland Theologie

Mit Anfang 20 hatte sie im Studium eine theologische Tiefe betreten, die Neuland für sie war. Im emsländischen Dorf war sie im Volksglauben groß geworden, ihr Lebensweg hatte immer irgendwie mit Kirche zu tun gehabt: Katholisches Gymnasium, Aufgaben in der Pfarrei, Jugendverbandsarbeit… „Die tiefere inhaltliche Auseinandersetzung mit religiösen Themen war selten notwendig.“

Im Freiwilligen Sozialen Jahr in einer Pfarrei im Osnabrücker Umland änderte sich das. „Auch weil die Gemeindereferentin dort oft mit mir über theologische Dinge diskutierte.“

Kein fester Berufswunsch zu Studienbeginn

Es setzte eine neue Reflexion ein, sagt Quaing. „Es ging mir immer mehr um die zentralen Fragen der katholischen Theologie.“ Mit denen ging sie ins Studium. „Ohne einen konkreten Berufswunsch.“

Wohl aber mit großer Begeisterung. „Die gesamte theologische Ethik etwa hat mir von Anfang an großen Spaß gemacht.“  Unter anderem, weil sie sich dabei mit Positionen auseinandersetzte, die sie als „skurril“ empfand. „Immer dann, wenn sich die kirchliche Morallehre weit von der heutigen gesellschaftlichen Realität entfernte.“ Nicht selten mussten sie und ihre Kommilitonen im Hörsaal kräftig schmunzeln, erinnert sie sich.

Ethik wird zum Schwerpunkt

Ein Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeit war damit gesetzt: „Ethik.“ Er begleitete sie auch nach ihrem Magister-Abschluss der Theologie. Etwa als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Christliche Sozialwissenschaften in Münster im Projekt „Prekäre Anerkennung: Das dritte Geschlecht in sozialethischer Perspektive“. Oder in ihrer aktuellen Promotion zur „Theologischen Sozialethik des Körpers“.

Klingt sperrig. Quaing kann es aber herunterbrechen: „Dem menschlichen Körper wurde in der Kirche wenig Aufmerksamkeit geschenkt – eigentlich nur bei Einschränkungen in der Sexualmoral.“

"Auch Jesus hatte einen Körper"

Sie nimmt ihn ganzheitlicher in den Blick. Fragt etwa, wie unterschiedliche Körper in der Gesellschaft wahrgenommen werden. Oder wie gesellschaftliche Erwartungen auf Körper wirken.

Dabei spielen natürlich auch theologische Blickwinkel eine Rolle. „Wir Christen haben da einen starken Ansatzpunkt, hat Gott doch in Jesus einen Körper angenommen.“

Immer neues „Futter“

Quaing sagt, dass sie aus ihren wissenschaftlichen Studien immer mit neuen Fragen herauskommt. „Ich merke dann, dass da noch Futter ist, dass ich da noch weiterschauen möchte.“ Besonders dann, wenn sie auch persönlich und emotional von den Themen betroffen ist. „Ich habe mich zum Beispiel stark daran abgearbeitet, wie der Umgang mit Frauen, Homosexuellen und transsexuellen Personen in der Kirche ist.“

So werden sich auch künftig weitere Felder in der Lehre und der Forschung für sie auftun. „Ich habe noch genug Dinge, die ich bearbeiten möchte.“ Deshalb sieht sie ihre Zukunft im universitären Umfeld.

Quaing weiß aber auch, dass ihre Themen immer aktuellen Bezug haben und damit interessant für Bildungsangebote, Politik oder Kulturarbeit sind. Vielleicht liegen auch dort Beschäftigungsmöglichkeiten. „Letztlich geht es mir darum, Gesellschaft und Kirche kritisch zu begleiten – denn nur in der Kritik liegt die Möglichkeit auf eine Veränderung zu mehr Gerechtigkeit.“

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