1. Platz beim Ehrenamtspreis des Bistums Münster 2023

„Elektro-Seelsorger“ im Ahrtal: Installieren, Reparieren und viel mehr

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Mit dem Ehrenamtspreis des Bistums Münsters zeichnen das Bistum, das Diözesankomitee und „Kirche-und-Leben.de“ beispielhafte, innovative oder nachhaltige Initiativen und Projekte aus. Vor der Preisverleihung am 17. September stellen wir die Preisträger vor. Den ersten Platz erhalten die „Elektro-Seelsorger“ im Ahrtal.

Sie packen immer noch jede Woche ihre Arbeitsklamotten und Werkzeug in die Reisetaschen und starten ins Ahrtal. Auch wenn die Flutkatastrophe mehr als zwei Jahre zurückliegt: Längst sind die Schäden nicht beseitigt, Häuser noch unbewohnbar, Maschinen und Technik kaputt.

Deshalb machen sich aus ganz Deutschland regelmäßig insgesamt 550 „Elektro-Seelsorger“ auf den Weg. Sie reinigen technische Geräte, helfen bei Bauprojekten und Installationen.

Vom Handlanger bis zum Spezialisten

Kerstin Würth und Norbert van der Koelen aus Kevelaer gehören von Beginn an zum Projekt. Nur wenige Tage nach der Flut waren sie zum ers­ten Mal im Katastrophengebiet. „Wir haben miterlebt, wie die Gruppe stetig wuchs“, erinnert sich Würth. „Jeder, der dazustieß, brachte sein Talent und neue Ideen mit.“

Das Angebot der Gruppe wurde immer umfangreicher und professioneller. Mittlerweile gibt es unter anderem Spezialisten für Elektrotechnik oder Sanitärinstallation. „Aber auch der einfache Handlanger wird gebraucht.“

Anlaufstelle für persönliche Sorgen

Es geht nicht nur um die wichtige praktische Hilfe, das erleben sie bis heute. „Es ist auch Seelsorge – daher der Name“, sagt Würth. „Es war sofort klar, dass wir auch Anlaufstelle für die Betroffenen sind, die ihre Sorgen loswerden wollen.“

Bei vielen sitzt der Schmerz über den persönlichen Verlust und die Angst vor der Zukunft tief. „Wenn jemand reden möchte, legen wir die Werkzeuge weg, hören zu und versuchen, ein wenig von dem Leid mitzutragen.“

Schicksale, die auch die Helfenden belasten

Der Aufwand ist groß. Lange Fahrstrecken, geopferte Urlaubstage, schwere Arbeit. Gründe, im Engagement nachzulassen, sind das nicht, sagt van der Koelen. Dafür sei das Projekt zu wichtig. „Wir geben den Menschen dort ein Stück Zukunft und Heimat zurück, wenn sie wieder in ihre Häuser ziehen können.“

Zu nah sind die vielen Schicksale im Ahrtal an die Helfer herangerückt, als dass sie aufgeben würden, für die Menschen zu kämpfen. „Das wird auch schon mal sehr emotional und anstrengend für uns, weil wir das auch selbst verarbeiten müssen“, sagt van der Koelen.

Große Dankbarkeit und kleine Geschenke

Die Familie, die vor dem Nichts steht, hart um ihre Existenz kämpft und trotz riesiger Kraftanstrengung doch ihr Haus verliert, hinterlässt Spuren in den Herzen. „Dann gehe ich auch schon mal hier in Kevelaer zur Gnadenkapelle und zünde eine Kerze für die Menschen und manchmal auch für mich an.“

Energie geben aber auch das Gemeinschaftsgefühl und der große Dank, die sie im Ahrtal erleben. Die verschlammte Flasche Wein, die sie geschenkt bekamen, werden sie nie öffnen. „Sie soll ein Andenken bleiben“, sagt Würth.

Im Wohnzimmer des Paares in Kevelaer sind viele solcher Geschenke zu finden, die zeigen, was die „Elektro-Seelsorge“ für die Menschen im Ahrtal bedeutet. Etwa die Zeilen auf dem kleinen Zettel an der Pinwand: „Weil es nicht überall Engel geben kann, gibt es Menschen wie euch …“

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