Michael N. Ebertz zu schwindendem Vertrauen

Experte: Katholische Kirche in Deutschland gibt Chaosbild ab

  • Die katholische Kirche in Deutschland gibt derzeit ein schlechtes Bild in der Öffentlichkeit ab.
  • Dies erklärte der Religionssoziologe Michael N. Ebertz in einem Interview.
  • Das Vertrauen in die Kirche erreichte laut Umfrage einen neuen Tiefpunkt.

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Die katholische Kirche macht nach Einschätzung des Religionssoziologen Michael N. Ebertz „derzeit alles falsch, was man eigentlich falsch machen kann“. Immer größer klaffe eine Kluft „zwischen dem, was die Menschen eigentlich von ihr erwarten und was man auch an Erwartungen und an Hoffnungen erzeugt hat in den letzten Jahren“, sagte der frühere Freiburger Professor im Interview des Kölner Internetportals domradio.de.

Die evangelische Kirche sei dagegen insgesamt „modernitätsbewusster oder modernitätsnäher“, wobei zu bedenken sei, dass sie derzeit öffentlich „relativ verhalten“ kommuniziere.

Vertrauen in katholische Kirche auf Tiefpunkt

Hintergrund ist eine Forsa-Umfrage zum Vertrauen in Institutionen, in der die katholische Kirche einen neuen Tiefstand erreicht hat. „Es wurde jetzt zunächst einmal nach Vertrauen gefragt, ohne dass man genau weiß, was Vertrauen heißen soll oder wie die Menschen das jeweils aufgefasst haben.“ Unter den Befragten sei sicher auch die gestiegene Zahl an Konfessionslosen gewesen.

„Ich lege dieses Ergebnis nicht auf die Goldwaage, aber es zeigt ein Stimmungsbild, was wir durch andere Untersuchungen belegt haben“, so Ebertz. Die evangelische Kirche schneide in den vergangenen 20 Jahren deutlich besser ab, wenngleich auch sie aktuell einen Tiefpunkt beim Vertrauen erreicht habe.

Ebertz: Kirche erzeugt Chaosbild von sich selbst

Auch im Umgang mit Frauen in der katholischen Kirche sieht Ebertz ein Problem. Zudem enttäusche die Kirche „permanent“ Erwartungen. So würden etwa Pfarreien größer, Personal sei schlechter erreichbar, die Anonymität wachse. Hinzu komme, dass sich deutsche Bischöfe öffentlich stritten. „Sie tricksen sich regelrecht aus. Es gibt auch keine gute Verständigung, keine vernünftige Verständigung zwischen den deutschen Bischöfen und Rom.“ Auch bekomme die Kirche das Missbrauchsthema nicht in den Griff. Ebertz bilanzierte: „Es ist ein Chaosbild, was die Kirche von sich selbst erzeugt.“

Um Vertrauen zurückzugewinnen, müsste vernünftiger miteinander umgegangen werden. Aus Sicht von Ebertz braucht es einen „gepflegten Ort der Verständigung“, etwa zwischen Tätern und Betroffenen beim Thema Missbrauch. Nötig seien darüber hinaus Strukturen für verbindliche Entscheidungen. Und: „Es vergeht kein Tag, wo nicht in irgendeiner Weise irgendwas Negatives über die katholische Kirche zu lesen oder zu hören ist.“ Daher brauche es eine bessere Medienarbeit.