Gerhard Einhaus führt Löninger Tafel wie einen Betrieb

Firma verkauft, Tafel gegründet – Profit nur noch für Bedürftige

Er will der Gesellschaft etwas zurückgeben. Deshalb hat Gerhard Einhaus aus dem oldenburgischen Lindern nach dem Verkauf seines Mischfutter-Betriebs vor gut elf Jahren die Löninger Tafel mit aufgebaut – und führt sie wie seinen Betrieb.

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Vor zehn Jahren wusste er nicht genau auf was er sich da einließ. Aber Gerhard Einhaus brachte schließlich jede Menge Erfahrung mit. Seine Firma in Lindern hatte er gerade verkauft, einen Mischfutterbetrieb mit 35 Mitarbeitern.

„Ich weiß, wie man einen Betrieb führt. Und ich kann mit Leuten umgehen“, sagt er lächelnd. „Mit meinen eigenen Leuten genauso wie mit Kunden oder Lieferanten. Es ist ja hier auch quasi eine Firma und ich bin sowas wie der Geschäftsführer.“

 

Tafel ist auch eine Firma

 

Quasi eine Firma – das ist die Tafel im oldenburgischen Löningen bei Cloppenburg. Nur eben anders auch etwas anders als früher. Vom Leiter bis zum Fahrer arbeitet hier niemand auf eigene Rechnung, sondern ehrenamtlich.

Der heute 69-Jährige hat die Tafel mit einem kleinen Team ab 2009 aufgebaut, unterstützt von der Gemeindecaritas. Heute kann er auf 75 Mitarbeiter zählen, allesamt Ehrenamtliche wie er selbst. Manche tragen sich jede Woche für einen Dienst ein, andere alle vier Wochen.

 

Corona zwingt Tafel zu Einschränkungen

 

So gelingt es immer wieder, die rund 20 Helfer zusammenzubekommen, die das Projekt Tafel allein an den Öffnungstagen benötigt. Morgens für Transporte und Warenvorbereitung und nachmittags für den Laden. Vor Corona zweimal die Woche, seit der vorsichtigen Wiedereröffnung etwas seltener. Mit drei anderen gehört Gerhard Einhaus zu denen, die jedes Mal da sind.

Mitte März hatte die Tafel wegen der Corona-Epidemie vorübergehende schließen müssen. Seit Anfang Mai hat das Team mit eingeschränkten Öffnungszeiten einmal die Woche wieder mit der Ausgabe begonnen. „Es sind viele Ältere im Team, viele Ü70“, sagt Einhaus. „Viele davon sind froh, gemeinsam an so einem Projekt arbeiten zu können und das Gemeinschaftsgefühl zu erleben.“

 

Er will anderen etwas weitergeben

 

Gerhard Einhaus. | Foto: Rottmann
Gerhard Einhaus. | Foto: Rottmann

Und was treibt ihn selbst dazu an, sich Woche für Woche ohne Bezahlung in den Dienst einer guten Sache zu stellen? Gerhard Einhaus überlegt nur kurz. „Mir und meiner Familie ist es bislang immer gut gegangen“, sagt er, „davon wollte ich etwas weitergeben.“

Immer wieder kommt auch ein Dankeschön zurück. „Auch so etwas hat uns immer wieder angespornt“, sagt Einhaus. Für den Tag der offenen Tür zum zehnjährigen Bestehen zum Beispiel hatten einige der ausländischen Kunden Kuchen nach Rezepten aus ihren Heimatländern gebacken.

Dazu kommt, was die Helfer untereinander an Gemeinschaft entwickelt haben. Einhaus lenkt den Blick auf eine wohl einzigartige Sache: „Wir haben einen Chor der ehrenamtlichen Helfer gegründet“.

 

Tafel mit eigenem Chor

 

Der Dirigent des örtlichen Männergesangvereins alle vier Wochen zur Gesangsprobe. Die rund zwei Dutzend Sängerinnen und Sänger vom Löninger „Tafel-Chor“ haben ihre Volkslieder auch schon bei Veranstaltungen aufgeführt. Momentan müssen Proben und Auftritte allerdings wegen Corona ausfallen.

Zurzeit zählt die Tafel rund 130 Kunden. Hochgerechnet auf ihre Familien unterstützt sie rund 400 Menschen aus der Region südwestlich von Cloppenburg. Löningen, Lindern, Lastrup, Essen gehören dazu. Ein paar kommen aus dem nahen Emsland. Herzlake ist nur einen Steinwurf von Löningen entfernt.

 

Einhaus kennt die meisten Gesichter

 

Einkaufen kann nur, wer eine Bescheinigung vom Jobcenter mitbringt. Die meisten kommen regelmäßig. Viele Gesichter kennt Gerhard Einhaus seit Jahren. „Sie würden ohne unsere Hilfe nicht verhungern“, sagt Einhaus. „Aber wir ermöglilchen ihnen, sich ab und zu auch etwas anderes zu kaufen.“

Armut ist ein strukturelles Problem, davon ist Gerhard Einhaus überzeugt. „Sie trifft Familien, Alleinerziehende und Menschen im Alter ebenso wie Zugewanderte aus anderen Ländern.
Die Tafel will deshalb nicht nur akut helfen, sondern auch vorbeugen. Mit ihren Überschüssen finanziert sie unter anderem berufliche Eingliederungskurse für benachteiligte Jugendliche. „Wir wollen schon im Vorfeld etwas tun, damit sie später nicht auf uns angewiesen sind“, sagt der Tafel-Chef.

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