Frauen aus Charkiv gründen Frauen- und Kinderchor in Ibbenbüren

Gemeinsam singen gegen das Heimweh - Pfarrei hilft Ukraine-Geflüchteten

  • Ukrainische Frauen haben in Ibbenbüren einen Frauen- und einen Kinderchor gegründet.
  • Das Singen im Jugendheim Mikx an der Kirche St. Michael hilft, Gemeinschaft zu pflegen und die Tradition des Heimatlandes zu bewahren.
  • Gemeindemitglieder an St. Michael unterstützen das Angebot und helfen bei der Integration.

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Viele Stimmen kommen im Jugendheim Mikx an der Kirche St. Michael in Ibbenbüren (Kreis Steinfurt) zusammen, wenn Chorleiterin Tetiana Kulyk und ihre Tochter, die Gesangslehrerin Halyna Pechenizhska, zum gemeinsamen Singen einladen. Die beiden aus der ostukrainischen Stadt Charkiv stammenden musikbegeisterten Frauen haben einen Chor für ukrainische Frauen und einen Chor für deren Kinder gegründet.

Seitdem kommen sie jeden Donnerstag zusammen. Zuerst singen die Kinder, dann proben die Frauen. „Schon beim ersten Treffen wurde schon viel besprochen, gesungen und gelacht. Aber es gab bei einigen Liedern auch melancholische und traurige Momente und manchmal auch eine Träne“, sagt Tetiana Kulyk. 

Volkslieder aus der Heimat

Die Frauen singen Lieder aus der Heimat, Volkslieder, die nicht vergessen werden sollen. „Wir möchten unsere Kultur erhalten. Die Treffen helfen, die Einsamkeit ein wenig zu lindern“, sagt Tetiana Kulyk. Für die Kinder sei es wichtig, die ukrainische Sprache zu pflegen und die Bräuche ihres Heimatlandes nicht zu vergessen“, sagt die Chorleiterin.

Zu Beginn kamen acht Frauen zum Chortreffen. Nun sind es immer mehr als 20 Sängerinnen aus Ibbenbüren und den umliegenden Orten, die das Treffen in den Gemeinderäumen nutzen, um neben der Musik Geselligkeit zu pflegen. Einige wenige Männer haben sich dazugesellt und singen ebenfalls mit oder lauschen den Liedern. 15 Kinder lernen von der Gesangslehrerin Halyna Pechenizhska das Notenlesen.

Singen in Gottesdiensten

Titana Kulyk und Halyna PecheizhskaTetiana Kulyk (sitzend) und ihre Tochter Halyna Pechenizhska haben in Ibbenbüren einen Chor für ukrainische Frauen und einen Kinderchor gründet.

Dass es mit der Musik gut klappt, kommt nicht von ungefähr: Bis zum Angriff Russlands auf die Ukraine haben die Gesangslehrerin und die Chorleiterin an der Musikschule in Charkiv unterrichtet.

Der Frauenchor nennt sich „Gloria“ und ist in der Gemeinde St. Michael gut bekannt. Zusammen mit den Kindern gestaltete der Chor bereits einige Gottesdienste musikalisch mit, mitunter gemeinsam mit der polnischen Gottesdienstgemeinde Ibbenbüren, die sich in St. Michael trifft.

Gastfreundschaft der Gemeinde

Vor einigen Wochen trat der Frauenchor zudem bei einem internationalen Sommerfest in der Stadt auf. Bei einem Wettbewerb von Chören in Witten/Ruhr vor einigen Wochen erhielt der Kinder- und Frauenchor für ihr gemeinsames Singen einen Preis.

Die ukrainischen Frauen sind froh und dankbar, im Jugend- und Pfarrheim an St. Michael einen festen Anker zu haben und Gastfreundschaft der Gemeinde zu spüren. „Wir können die Räume nutzen und zwanglos zusammenkommen. Es ermöglicht uns Begegnung untereinander und mit anderen“, sagt Halyna Pechenizhska.

Gemeinderäume werden zu Treffpunkten


WilfrieWilfried van Elten (links) und Ottmar John Wilfried van Elten (links) und Ottmar John kümmern sich seit vielen Jahren um die Integration von Flüchtlingen in Ibbenbüren. | Foto: Johannes Bernard

Über die Gründung der Chöre freuen sich der langjährige Diakon an St. Michael, Wilfried van Elten, und das Gemeindemitglied Ottmar John. Beide unterstützen seit vielen Jahren die Integration geflüchteter Menschen in Ibbenbüren und kümmern sich um die Gemeinde-Angebote im Jugendheim und Pfarrheim. 

„Unsere Räume werden so zu Treffpunkten für alle“, sagt van Elten. Das sei auch Sinn und Zweck der kirchlichen Gemeinderäume. Die Gemeinde engagiere sich seit Jahrzehnten in der Flüchtlingsarbeit, anfangs auch im ökumenischen Arbeitskreis Asyl, heute im „Café for you“ an der Michael-Kirche.

Flüchtlinge aus vielen Ländern

In den 1990er Jahren waren es vor allem Menschen aus dem Kosovo und aus Bosnien sowie Türken kurdischer Abstammung, die in Ibbenbüren zunächst in Baracken lebten und für die Hilfe organisiert wurde. Später kamen Jesiden aus dem Norden des Irak und zuletzt zunehmend Menschen aus Afghanistan und dem Iran, die zumeist in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Ibbenbüren leben. Tausend Plätze für Geflüchtete stehen dort zur Verfügung.

„Unsere Gemeinde war und ist immer auch für diese Menschen ein Begegnungszentrum“, sagt John. In den Gemeinderäumen sind Deutschkurse und gelegentlich auch die über Bildungswerke angebotenen MiA-Kurse.

Kirche fördert Zusammenleben

MiA bedeutet „Migrantinnen einfach stark im Alltag“. Dahinter steckt ein Kursangebot, in dem Frauen sich gegenseitig unterstützen. Sie machen sich Mut, lernen dazu und erfahren viel Neues über ihre neue Heimat.  

Wie John und van Elten betonen, gelinge Integration und ein gutes Miteinander immer dann am besten, wenn sich Menschen kennen lernen und zueinanderkommen: „Das kann Kirche ganz gut, das ist auch ihre Aufgabe.“

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