Hochzeit mit Doppeltaufe in Mesum: Familie brauchte zwei Anläufe

Wie Heiraten in Corona-Zeiten funktioniert

Diese Familie aus Rheine-Elte hat einiges hinter sich: Tobias Helming war lange krank, bevor er seine Frau Nadine kennen lernte. Dann hatten ihre Zwillinge keinen leichten Start ins Leben. Die Helmings wollten heiraten, dann kam Corona.

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Der Nachbar hat die Flagge vom Fußballverein SC Paderborn gehisst: Tobias Helming stört das nicht, er ist ohnehin vom Herzen her Handballer: Im Neubaugebiet Elte lebt der 39-Jährige mit seiner Frau Nadine und seit neun Monaten auch mit den Zwillingen Emma und Mia.

Einen Lebensmittelmarkt oder Arztpraxen sucht man hier vergebens, „dafür gibt’s nette Nachbarn“, schmunzelt Tobias Helming. Die Schwester seiner Frau wohnt in der zweiten Doppelhaushälfte.

 

Viel Platz für Besucher am großen Tisch

 

Die vier Taufkerzen der Familie
Die vier Taufkerzen der Familie als gemeinsames Zeichen für Gottes Segen im Leben. | Foto: privat

Das Haus hat Nadine Helming selbst entworfen. Die 36-Jährige ist Architektin in Ibbenbüren. Zusammenhalt und Gastlichkeit sind der Familie wichtig: Im Garten steht ein selbstgebauter Kochtresen, und der große Tisch bietet Platz für viele Besucher. „Wir haben hier 2018 nach dem Standesamt im Rohbau eine große Party mit 180 Gästen gefeiert“, erzählt die junge Mutter.

Zwei Wochen dauerten die Vorbereitungen: „Wir haben den Garten geschmückt mit Lampions, überall Filzteppich ausgelegt und am Giebel eine Disco-Kugel aufgehängt“, erinnert sich das Paar. Die gelungene Feier habe aber auch viel Stress bedeutet, daher war klar: „Wir heiraten nochmal kirchlich im kleinen Familienkreis, für uns als Paar“, sagt die 36-Jährige. „Standesamt, Unterschrift – nach 20 Minuten erledigt – das ist ja mit einer kirchlichen Trauung nicht vergleichbar“, sagt Tobias Helming.

 

Dann kam alles anders

 

Die beiden waren in ihrer Jugend Messdiener, Nadine in Mesum und Tobias in Emsdetten: „Die Ferienlager waren immer legendär“, schwärmt Tobias Helming. 2002 wollte er dann nach dem Zivildienst auf Lehramt studieren, doch es kam anders. Eine schwere Hauterkrankung zwang den jungen Mann zu mehr als 100 Operationen und langen Aufenthalten in Krankenhäusern. „Meine Familie ist damals nie von meiner Seite gewichen. So wie sie es einrichten konnten, war immer jemand für mich da“, sagt Tobias Helmig. Er wurde zum Pflegefall, musste wegen der Schmerzen viele Medikamente nehmen: „Diese Zeit sehe ich nur durch einen Schleier“, sagt Helming nachdenklich.

Nach Monaten langsamer Genesung und Wiederaufnahme seines Studiums kam das Happyend: 2016 lernte er seine zukünftige Frau kennen. „Wir können mit ganz viel Dankbarkeit zurückblicken“, sagt Nadine Helming, als sich dann die Zwillinge ankündigten: „ ,De sit inne Poste`, hat meine Oma Agnes sofort gesagt, das liege in der Familie“, sagt Tobias lachend. Doch die kleinen Mädchen hatten keinen leichten Start nach der Geburt in Münster: „Im Franzikus-Hospital gibt es eine kleine Kapelle, die haben wir auch aufgesucht“, sagt die Mutter.

 

Gottes Segen für das Leben

 

Nadine und Tobias Helming mit Emma und Mia
Sie genießen ihre Familienzeit im Garten: Emma und Mia mit Nadine und Tobias Helming. | Foto: Marie-Theres Himstedt

Vor diesem Hintergrund war es für die Familie nicht schlimm, ihre „Traufe“ aufgrund von Corona zu verschieben: „Beim zweiten Mal hat es dann geklappt“, freut sich das Paar darüber, dass die Feier in St. Johannes der Täufer in Rheine möglich war. Pfarrer Thomas Hüwe hatte die Idee, die alten Taufkerzen der Eltern und die neuen der Zwillinge als gemeinsames Zeichen auf den Altar zu stellen: „Gottes Segen für das Leben – das Thema hat Pastor Hüwe toll ausgesucht“, freuen sich die jungen Eltern.

Hüwe, Leitender Pfarrer an St. Johannes der Täufer in Rheine, war klar, dass Corona für Brautpaare viele Herausforderungen bringt: „In unserer Kirche St. Johannes Baptist ist unter Coronabedingungen Platz für 55 Personen.“ Er hat es auch schon erlebt, dass heiratswillige Paare versuchten, Regelungen zu umgehen: „Das geht natürlich nicht. Ich kann verstehen, dass die Paare sich einen unvergesslichen Tag wünschen. Ich tue auch mein Bestes, um das zu ermöglichen.“

Trotzdem verändere es die Atmosphäre, wenn der Priester mit Maske oder Faceshield zelebriert: „Es schwebt immer ein bisschen mit. Heiraten in Coronazeiten ist nicht so das Angenehmste.“ Für das nächste Jahr erwartet Pfarrer Hüwe einen regelrechten Trau- und Taufboom: „Viele, die jetzt nicht feiern können, haben ihre Feste verschoben.“ Solche Gottesdienste seien um fast 90 Prozent eingebrochen.

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