Jüdische Gemeinde versammelt sich um den Leuchter in der Innenstadt

Im Zeichen des Kriegs: Juden entzünden Chanukka-Leuchter in Münster

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Jüdinnen und Juden feiern vom 7. bis 15. Dezember 2023 das Lichterfest Chanukka. Die Jüdische Gemeinde Münster zündete gemeinsam mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und Bürgermeisterin Angela Stähler das erste Licht am Chanukka-Leuchter an.

Chanukka ist als Lichterfest des Judentums bekannt. Es wird in diesem Jahr vom Abend des 7. Dezember bis zum 15. Dezember gefeiert. Am Donnerstagabend wurde auf dem Maria-Euthymia-Platz in Münster das erste Licht an der Chanukkia, dem achtarmigen Chanukka-Leuchter, entzündet. Diesen Brauch pflegt die Jüdische Gemeinde Münster mittlerweile seit 15 Jahren gemeinsam mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und Vertretern der Stadt Münster.

An Chanukka feiern Jüdinnen und Juden die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahr 3597 des jüdischen Kalenders, das ist 164 vor Christus. Anna Rybak von der Jüdischen Gemeinde Münster berichtete, in den vergangenen Jahren sei es bei dem Fest vor allem um gutes Essen, Spiele und Geschenke für die Kinder sowie fröhliches Beisammensein gegangen. Mit dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober habe sich das geändert: "Wieder einmal geht es um unser Leben. Die Bilder aus Israel stehen uns allen vor Augen und wir werden sie so schnell nicht vergessen."

"Das Wunder des Lichts"

Rybak bezog sich auf den Ursprung des Chanukka-Festes: Im antiken Griechenland wurde den jüdischen Menschen die Auslebung ihrer Religion verboten, ihr Tempel in Jerusalem wurde entweiht. Bei einem Aufstand der Makkabäer 164 vor Christus wurde der Tempel zurückerobert und erneut geweiht.

Im Tempel fanden sie ein Fläschchen Öl, mit dem das Licht am siebenarmigen Leuchter, der Menora, einen Tag hätte brennen können. Allerdings brannte es ganze acht Tage. Die Jüdinnen und Juden sahen darin ein Wunder, dem sie seitdem jedes Jahr zu Chanukka gedenken: "Unser Volk wurde mal wieder gerettet. Wir haben überlebt und sind Juden geblieben. Das ist das Wunder des Lichts", so Rybak.

Licht und Segenssprüche

An das Lichtwunder wollen Jüdinnen und Juden in diesem Jahr ganz besonders erinnern und Hoffnung schöpfen. Man ziehe in einen ungleichen Kampf, gebiete dem Bösen Einhalt mit dem, was man hat - und hoffe auf Hilfe von oben: "Auch das kleinste Licht hat es drauf, diese Finsternis zu vertreiben."

Neben dem Anzünden der Kerzen am Chanukka-Leuchter wurden Segensbitten gesprochen und Lieder gesungen. Zunächst wird Gott dafür gelobt, dass er dem jüdischen Volk die Gebote - wie das Entzünden des Leuchters - aufgetragen hat. Im zweiten Segnungsspruch wird ihm für das Lichtwunder gedankt. Der dritte Spruch wird nur zum Entzünden des ersten Lichts gesprochen. Er drückt den Dank an Gott aus, dass die Jüdinnen und Juden das Chanukka-Fest feiern und diesen Tag erleben dürfen.

Zeichen der Anteilnahme

Bürgermeisterin Angela Stähler (CDU) und Martin Mustroph, evangelischer Pfarrer und Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, sprachen Grußworte, in denen sie ihre Betroffenheit angesichts der Gewalt im Nahen Osten zum Ausdruck brachten. Zudem wiesen sie auf Anfeindungen gegen Jüdinnen und Juden außerhalb Israels hin.

Stähler dankte dafür, dass die jüdische Gemeinde Chanukka öffentlich in der Stadt feiere und so alle Menschen teilnehmen könnten. Es sei ein Zeichen für Toleranz und Miteinander. "Möge das Licht uns Hoffnung geben. Freudig ist in dieser Zeit nicht der passende Ausdruck, aber ich wünsche Ihnen ein gutes Fest", so die Bürgermeisterin.

Enttäuschung über fehlende Reaktionen

Mustroph zitierte den Propheten Jesaja aus der hebräischen Bibel: "Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf" (Jes 9,1). Diese Hoffnung verbinde Christen und Juden, so Mustroph. Es sei ein schönes Zeichen, dass der Leuchter mitten in der Stadt stehe. Der Pfarrer stellte klar: "Jüdisches Leben ist und bleibt ein wichtiger Teil der Gesellschaft, der sich nicht verdrängen lässt."

Die Solidarität und Betroffenheit auch nicht-jüdischer Menschen war während der Veranstaltung spürbar. Auf Nachfrage äußerte sich Anna Rybak jedoch enttäuscht über ausgebliebene Reaktionen nach dem 7. Oktober. Noch habe sich niemand aus den muslimischen Gemeinden in Münster bei der Jüdischen Gemeinde mit einer Geste der Anteilnahme gemeldet: "Wir warten weiterhin darauf, vielleicht kommt ja noch etwas."

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