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Jahreswechsel in Deutschland: Sorge um Kölner Dom, Predigten der Bischöfe

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Jahreswechsel in der katholischen Kirche in Deutschland: Mögliche Anschläge auf den Kölner Dom sorgen weiterhin für Schlagzeilen. In ihren Predigten widmeten sich die Bischöfe auch der Situation in der Kirche.

Die katholischen Silvestergottesdienste in Deutschland standen in diesem Jahr im Schatten von Anschlagsplänen auf den Kölner Dom. Die Jahresabschlussmesse in der Kathedrale fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt. Am ersten Tag des neuen Jahres ist die Lage am Kölner Dom gleichwohl ruhig. Allerdings gelten wegen der Warnungen vor einem islamistischen Anschlag weiterhin erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. 

Touristen müssten einstweilen auf einen Besuch des Gotteshauses verzichten, sagte Dompropst Guido Assmann am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Wir freuen uns, wenn die Lage sich ändert, aber die Sicherheit der Menschen geht vor." Auf die Frage, wie lange die Sicherheitsmaßnahmen aufrecht erhalten würden, antwortete Assmann, dies zu entscheiden sei Sache der Polizei.

Woelki dankt Sicherheitskräften

Kardinal Rainer Maria Woelki, der die Silvestermesse leitete, dankte zu Beginn den zahlreichen Gottesdienstteilnehmern, die trotz der bedrohlichen Meldungen und der strengen Sicherheitsvorkehrungen in den Dom gekommen waren. Einen Dank sprach er auch den Sicherheitskräften aus, die durch ihren Dienst die Feier des Gottesdienstes ermöglichten und auch das Grundrecht auf freie Religionsausübung sicherten. Zu Weihnachten und zu Silvester müssten die Polizistinnen und Polizisten selbst deshalb auf viel verzichten.

In seiner Predigt rief Woelki zu Mitmenschlichkeit und Zusammenhalt auf. Das Gebot der Stunde sei es, "zusammenzustehen für eine menschenfreundliche, demokratische, nachhaltige, soziale, gerechte und solidarische Gesellschaft". Angesichts vieler Kriege und Krisen sowie Gefährdungen durch Gewalt, Terror und Hass sei dies "gar nicht so leicht".

Bätzing: Kirche muss sich verändern

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, sagte im Frankfurter Dom, Flucht, Vertreibung, Krieg, Terror und auch die Klimakrise hätten das Jahr 2023 geprägt. "Die ungezählten Menschen, die leben wollten wie wir, aber sinnlos aus dem Leben gerissen wurden, legen eine Wolke von Trauer, tiefer Enttäuschung und Fragwürdigkeit auf das Ende dieses Jahres", so der Limburger Bischof. Dennoch könne die Botschaft des Evangeliums, nach der Gott zu seinen Verheißungen und zum Menschen stehe, Mut und Zuversicht geben.

Bätzing bedauerte, dass Hunderttausende der Kirche in den vergangenen Jahren den Rücken kehrten. "Es tut mir leid um jede und jeden Einzelnen." Kirche müsse sich verändern, wenn sie eine Zukunft haben wolle. Dazu gehörten ein positiver Umgang mit Homosexualität, mehr echte Mitbestimmung von Laien, die freie Wahl von Ehe oder Ehelosigkeit für die Priester und eine stärkere ökumenische Zusammenarbeit. "Reformen lösen gewiss nicht alle Probleme der katholischen Kirche, aber diese verschärfen sich, wenn Reformen ausbleiben", so Bätzing.

Overbeck: Veränderung statt Verklärung

Ähnlich formulierte es der Trierer Bischof Stephan Ackermann. Mit Blick auf die in seinem Bistum von 2013 bis 2016 abgehaltene Bistumssynode räumte der Bischof zugleich ein, dass die Umsetzung der Beschlüsse mehr Zeit in Anspruch nehme als erwartet.

Auch der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck warb für ein anderes Verständnis von Kirche. Es brauche Offenheit für Neues und Veränderung statt Verklärung des Vergangenen, sagte der Bischof. Der Glaube an Gott vertrage keinen Stillstand. Tradition sei "kein fest geschnürtes Paket, das unveränderlich durch die Zeiten getragen wird".

Oster: Kirche ist kein Wohlfühlkaufhaus

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke sagte, das Jahr 2023 habe die Kirche in Deutschland mit großen Umbrüchen konfrontiert, "die uns besorgt machen". Es gelte, einen Weg der Erneuerung einzuschlagen. Dabei werde es immer wieder Streit und auch Ablehnung und Abneigung geben. Diese dürften aber nicht die bestimmenden Faktoren bleiben.

Nach den Worten des Passauer Bischofs Stefan Oster ist die Kirche kein "spirituelles Wohlfühlkaufhaus, in dem ich mir so ein wenig raussuchen kann, was meinen Bedürfnissen nützt". Die Freude in der Kirche werde in dem Maße wachsen, wie die Gläubigen ihre Beziehung zu Jesus vertieften. Dabei sei auch Umkehrbereitschaft gefragt.

Dieser: Gegen Radikalisierung positionieren

Der Münsteraner Bischof Felix Genn warnte mit Blick auf Kriege und Krisen vor Abstumpfung und davor, sich an das Töten von Menschen und an das Zerstören der Erde zu gewöhnen. 2023 habe einen Blick in die "Abgründe der menschlichen Seele" geboten. Der Bischof rief die Christen zugleich auf, jeglichen Antisemitismus in die Schranken zu weisen.

Ähnlich äußerte sich der Aachener Bischof Helmut Dieser. Das Evangelium rufe die Christen dazu auf, gezielt auf Menschen zugehen, Leidenden zuzuhören oder sich ehrenamtlich zu engagieren. Wichtig sei auch, vom Recht der Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen und sich politisch gegen Radikalisierungen zu positionieren sowie Extremisten und Populisten nicht zu unterstützen.

Marx: Sorge um Demokratie

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx rief zum Einsatz für die Demokratie auf. Er gehe "mit großer Sorge in das kommende Jahr", sagte er. Da seien die Kriege "vor unserer Haustüre", aber auch die Gefahr, die von autoritärem Denken, Populismus und Verschwörungstheorien für die Demokratie ausgehe.

Zur Verteidigung von Menschenwürde und Demokratie mahnte auch der Freiburger Erzbischof Stephan Burger. "Eine freiheitliche, demokratische Grundordnung kann sich selbst nicht erhalten, wenn wir als Bürgerinnen und Bürger darauf nicht achtgeben", sagte der Erzbischof.

Gerber: Solidarität mit Leidenden

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber sprach sich dafür aus, Solidarität mit leidenden Menschen zu einem Markenzeichen von Kirche zu machen. Es gehe um Sensibilität für alle, bei denen "gerade eine Welt zusammengebrochen ist, bei denen vieles in Trümmern liegt, denen ein Lebensraum genommen ist".

Hoffnung auf Frieden in der Welt stellte der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann seiner Silvesterpredigt voran. "Wir schauen auf die Konfliktherde, vor allem auf das Heilige Land, Israel und Palästina, wo Jesus selbst gelebt hat."

Gössl: Bescheidener leben

Der ernannte Bamberger Erzbischof Herwig Gössl mahnte, das Leben auf der Erde müsse bescheidener und begrenzter werden. Sonst seien die ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen nicht zu meistern.

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr rief zu langem Atem beim Umweltschutz auf. "Den ökologischen Frieden mit der Natur werden wir nur erreichen können, wenn wir über unsere eigene Lebenszeit hinausdenken."

Meier: Reizklima des Rechthabenmüssens

Der Würzburger Bischof Franz Jung ermunterte die Gläubigen, im eigenen Leben "Sternstunden" der Erfüllung wertzuschätzen. "Manchmal wird sichtbar und erfahrbar, was wir ersehnt haben." Diese Momente gäben Mut, "weiterzugehen und nicht stehen zu bleiben".

Der Augsburger Bischof Bertram Meier sagte: "Wir brauchen einen Klimawandel im Umgang miteinander. Setzen wir das Reizklima des Rechthabenmüssens aus! Laufen wir nicht immer gleich heiß!"

Voderholzer erinnert an Benedikt XVI.

Das Bistum Magdeburg will sich 2024 laut Bischof Gerhard Feige couragiert und weltoffen den Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft stellen. In seiner Neujahrsansprache versprach Feige einen offensiven Umgang mit allen Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt, eine solide Aufarbeitung vergangener Vergehen und verantwortungsbewusste Präventionsmaßnahmen. "Und: Wir wollen unseren Weg in die Zukunft synodaler - das heißt gemeinsamer - beraten und entscheiden und damit noch bewusster auf die Sorgen und Nöte der Menschen eingehen", erklärte der Bischof.

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer erinnerte an Benedikt XVI. Der aus Deutschland stammende Vorgänger von Papst Franziskus war vor einem Jahr, am 31. Dezember 2022, im Alter von 95 Jahren gestorben.

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