Pfarreirat Sonsbeck gestaltet Aktionen zur Zukunft der Kirche

Klagemauer und Kraftorte: Eine Pfarrei ringt mit der Kirchen-Krise

  • Eine Klage- und Hoffnungsmauer hat die Pfarrei St. Maria Magdalena in Sonsbeck im Kreis Wesel errichtet, um Gefühlen zum Zustand der Kirche einen Platz zu geben.
  • In der Fastenzeit wird es an jedem Sonntag einen besonderen „Kraftort“ geben, um dort zur Ruhe zu kommen und Energie für den Alltag zu tanken.
  • Pfarreiratsvorsitzende Marita Gesthüsen erwartet eindeutige Stellungnahmen zu strittigen Kirchenthemen.

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Angesichts der Entwicklungen in der katholischen Kirche und der derzeitigen kräftezehrenden politischen Situation hat der Pfarreirat St. Maria Magdalena im niederrheinischen Sonsbeck zwei Aktionen ins Leben gerufen: Mit einer Klage- und Hoffnungsmauer an der Pfarrkirche haben die Gemeindemitglieder die Möglichkeit, ihre Gedanken und Gebete auf einen Zettel zu schreiben und diese wie im Vorbild der Klagemauer in Jerusalem in eine der Maueröffnungen zu stecken.

„Dem Pfarreirat ist es wichtig, niemanden allein zu lassen. Wir möchten zeigen, dass alle Wut, Zweifel und Hoffnungen ihre Berechtigung haben“, sagt die Vorsitzende des Pfarreirats, Marita Gesthüsen. Die Menschen könnten aufschreiben, was sie bewegt: Was lässt sie verzweifeln? Was macht sie wütend? Was gibt ihnen Hoffnung?

Stimmungsbild für Bischof Genn

Bis zum Palmsonntag, 10. April, werden die Zettel gesammelt und ihre Inhalte in einem Gottesdienst aufgegriffen. Die Rückmeldungen werden in Münster an Bischof Felix Genn übergeben.

Der Pfarreirat wolle mit der Aktion zeigen, dass die Menschen in Sonsbeck „Worte für das finden, was sie bewegt“, sagt Gesthüsen. Die Inhalte sollen auch einen Platz in der Arbeit des Pfarreirates erhalten, um zu zeigen, „dass er die Menschen ernst nimmt und sich an ihren Bedürfnissen orientiert“.

Engagement wird hinterfragt

Die Pfarreiratsvorsitzende selbst stellt sich in ihrem kirchlichen Engagement die Frage: „Zu wieviel bin ich noch bereit?“ Es sei für sie schwierig, eine Antwort darauf zu finden.

Denn viele andere Fragen stellten sich, wie Gesthüsen weiter die Stimmungslage erklärt: Können die Ehrenamtlichen, die Gläubigen noch irgendetwas bewegen und verändern? Kann sich der Pfarreirat auf der Gemeindeebene so sehr von der Amtskirche distanzieren, dass die Menschen in Sonsbeck wahrnehmen, welche Arbeit hier vor Ort stattfindet? Können die kirchlich Engagierten das Leben vor Ort gestalten oder gar aufrechterhalten in Zeiten knapper Kassen und des Personalmangels?

Wunsch einer gleichberechtigten Kirche

Auch wenn Gesthüsen auf ihre Fragen keine abschließenden Antworten parat hat, weiß sie: „Die Aufgaben sind eine große Herausforderung und verlangen von den Hauptamtlichen und den ehrenamtlichen Gremien, aber auch von allen Menschen in der Gemeinde ein Umdenken und eine kritische Auseinandersetzung.“

Auch eine kleine Pfarrei wie in Sonsbeck mit ihren knapp 5.000 Gemeindemitgliedern müsse eindeutig Stellung zu strittigen Kirchenthemen beziehen und ihre Identität selbst definieren, wie die Pfarreiratsvorsitzende sagt: „Wo wollen wir stehen und wo nicht, und wie wollen wir in Zukunft aufgestellt sein?“

An jedem Fastensonntag ein neuer „Kraftort“

Die Pfarrkirche St. Maria Magdalena in Sonsbeck. | Foto: Johannes Bernard
Die Pfarrkirche St. Maria Magdalena in Sonsbeck. | Foto: Johannes Bernard

Frank Klier, der sich im Pfarreirat und im Kirchenvorstand engagiert, sieht bei allen Mängeln in der Kirche, etwa bei der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs oder bei den Hindernissen auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Kirche, viel Positives: „Ich bin gern katholisch. Ich interessiere mich für die Glaubensfragen, für die Liturgie und die Kirchenkunst und für das ganz praktische Gemeindeleben. Ich weiß: Die Kirche ist auch ein Kraftort.“

Aus diesem Grund lädt die Pfarrei ein, an jedem Fastensonntag einen besonderen „Kraftort“ aufzusuchen, dort zur Ruhe zu kommen, einen Impuls aufzunehmen und Energie für den Alltag zu tanken. „Der Kraftort ist ein Ort, wo man zur Ruhe kommen kann. An jedem Ort gibt es stärkende Impulse“, sagt Klier.

Virtuelle Landkarte auf der Homepage

Die „Kraftorte“ befinden sich alle in Sonsbeck und den Ortsteilen Labbeck und Hamb. An jedem Sonntag bis Ostern wird ein neuer Kraftort sozusagen „freigeschaltet“, den die Menschen auch in der darauffolgenden Zeit besuchen können. Die Orte sind mit einem „K“ als Hinweis auf einen Kraftort gekennzeichnet.

Auf der Homepage von St. Maria Magdalena ist eine Karte zu finden, auf der die Kraftorte für die einzelnen Sonntage eingezeichnet sind. Genauere Angaben sind jeweils freitags vorher auf der Webseite www.stmariamagdalena-sonsbeck.de zu finden.

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