Ort für Sorgen, Nöte, Wünsche und Bitten in Marien-Kirche in Brake

Küsterin baut Corona-Klagemauer in Kirche im Hotspot-Gebiet

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Küsterin Jutta Hartz hatte die Idee, in der Braker St.-Marien-Gemeinde für die Fastenzeit eine Klagemauer zu errichten. Jeder kann dort Sorgen und Nöte, aber auch Wünsche und Bitten hinterlassen. Die Zettel werden voraussichtlich in der Osternacht verbrannt, falls bis dahin wieder Gottesdienste möglich sind.

Kontaktbeschränkungen, Einsamkeit, Existenzangst – zu beklagen gibt es vieles in diesen Wochen und Monaten. Doch weil es allen so geht, trauen sich manche bald gar nicht mehr, sich darüber zu beklagen. „Aber irgendwo muss man doch seine Sorgen loswerden können“, sagt Jutta Hartz aus Brake. „Und spirituelle Orte dafür gibt es ja sonst gar nicht mehr.“

Die 37-Jährige ist seit zwei Jahren Küsterin in der kleinen Diaspora-Pfarrei in der Hafenstadt an der Unterweser. Und sie hat dafür die Ärmel aufgekrempelt und gemeinsam mit ihrem Mann für die Fastenzeit einen neuen Platz für Sorgen und Nöte geschaffen: eine Klagemauer in der St.-Marien-Kirche. Sie steht im Eingangsbereich. „Gleich im Turm links“, erklärt Jutta Hartz.

 

Jeder kann Sorgen und Nöte in die Mauer stecken

 

„Kirchenbesucher können jetzt Klagen und Sorgen, aber auch Wünsche und Dank, ganz wie in Jerusalem, auf kleine Zettel schreiben und in die Ritzen der Mauer stecken“, sagt Jutta Hartz. Sie hat dafür einen Block und Stifte bereitgelegt. Von Zeit zu Zeit werden sie herausgenommen und möglicherweise in der Osternacht verbrannt.

„Möglicherweise“, denn noch steht nicht fest, ob es in Brake dann überhaupt Gottesdienste geben kann. Der Kreis Wesermarsch zählt zu den Corona-Hotspots in Deutschland. Mitte Februar lag der 7-Tage-Inzidenzwert bei 254. Zeitweise galten dort Ausgangsbeschränkungen. Mittlerweile ist der Wert gesunken auf 131.

 

Bedrohliche Zahlen waren ein Grund für die Mauer

 

Diese bedrohlichen Zahlen waren mit ein Grund für den Bau der Klagemauer. „Ich habe mir gedacht: ,Was kann man denn den Menschen geben, wenn gar nichts mehr stattfindet?‘“, sagt die Küsterin, die in den letzten Wochen einen anderen interessanten Trend beobachtet hat: „Wir merken, dass viele Menschen in die Kirche kommen, um eine Kerze anzuzünden, mehr als normalerweise.“

Und das, obwohl in Brake wegen der hohen Inzidenzwerte im Kreis Wesermarsch seit Heiligabend keine Gottesdienste mehr gefeiert werden. Ein Kirchenbesucher habe sich sogar ausdrücklich bei Pfarrer Stratmann für die Aktion der Klagemauer bedankt.

 

2020 hat Jutta Hartz die Osterkerze im Stacheldraht gestaltet

 

Zur Mauer gehört auch die deutlich heruntergebrannte Osterkerze des vergangenen Jahres. Brakes Pfarrer Gregor Stratmann habe die Idee dazu gehabt, die Kerze des Vorjahrs in die Klagemauer einzubauen. Auch diese Kerze hatte  Jutta Hartz ungewöhnlich gestaltet: mit herumgewickeltem Stacheldraht.

„Das Licht der Osterkerze wirkte dadurch wie ein Zeichen dafür, dass wir auch in diesen schweren Zeiten nicht aufgeben müssen. Als Hoffnungszeichen und Frohe Botschaft sozusagen“, erklärt sie im Interview mit „Kirche-und-Leben.de“. Über der Klagemauer hängt außerdem ein Poster des Originals der Klagemauer in Jerusalem. Dazu gibt es Infozettel zu der Aktion.

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