Themenwoche „Menschen, die uns Hoffnung schenken“ (1) - aus Ahlen

Krankenschwester aus Leidenschaft - was Sabine Krotofil antreibt

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Sabine Krotofil ist seit 38 Jahren mit Leidenschaft Krankenschwester. Bei aller Belastung: Die Bereicherung in den Begegnungen mit den Patienten überwiegen.

Sie hat sich exakt eine Stunde freigeschaufelt. Dann will sie zurück zu „ihren Patienten“, sagt Sabine Krotofil. Allein dieser genaue Blick auf den Uhrzeiger erzählt viel über das, was die Krankenschwester auf der Intensivstation im St.-Franziskus-Hospital in Ahlen antreibt. Sie sollte nicht, sie muss nicht, sie könnte nicht zu den Patienten – sie will. Weil da Menschen auf sie warten, kein Job, der erledigt werden muss.

Eigentlich würde mehr Zeit für das Gespräch gebraucht, in dem sie erzählt, warum sie seit 38 Jahren Krankenschwester ist. Wie sie direkt nach ihrer Ausbildungszeit auf die Station wechselte, auf der sie heute noch arbeitet. Was sie in all den Jahren bei der Stange gehalten hat. Erlebnisse, Beweggründe und Lebensberichte sprudeln nur so aus ihr heraus. Mit einer Konstante: Immer schwingt die sie tragende Begeisterung für den Einsatz am Krankenbett mit. Und die fand sie schon sehr früh.

Ihre Arbeit strahlt aus

In unserer Themenwoche „Menschen, die uns Hoffnung schenken“ stellen wir Leute vor, die durch ihr Handeln Vorbild für andere sein können. Dabei geht es um freiwillig Engagierte, Hauptamtliche oder Menschen, die sich immer wieder aufrichten. In Folge 1 stellen wir Susanne Krotofil vor.

„Ich bin oft mit meiner Mutter mitgelaufen“, sagt Krotofil. Die war zwar keine ausgebildete Krankenschwester, wurde aber wie eine eingesetzt. „So etwas ging damals noch.“ Die kleine Sabine begleitete ihre Mama bei ihrer Arbeit und erlebte dabei, wie wichtig ihre Wege in die Krankenzimmer waren. „Ah, Schwester Christa ist heute da – dann wird es eine gute Nacht.“ An solche und ähnliche Worte an die Mutter erinnert sich ihre Tochter. „Es gab viele kleine Momente, in denen ich spürte, welche Ausstrahlung ihre Arbeit für die kranken Menschen hatte.“

Lange musste Krotofil deshalb nicht überlegen, als es für sie ins Arbeitsleben ging. Aber sicher war ihr Berufsweg längst nicht. „Damals gab es für 600 Bewerber zur Krankenschwester-Ausbildung an der Universitätsklinik in Münster nur einen Platz.“ Sie lacht, wenn sie an diese Zahl denkt. „Heute hat sich das Verhältnis nahezu gedreht.“ Dann schüttelt sei nachdenklich den Kopf. Warum das so ist? „Ich glaube, die jungen Menschen wissen nicht mehr, was dieser Beruf einem schenkt.“

Aufmunterung vom Patienten

Sie hat diese Geschenke vom ersten Tag ihres Arbeitslebens an gefunden. Den Ausbildungsplatz in der Uniklinik bekam sie und fühlte schnell, was sie in den kommenden Jahrzehnten durch den Berufsalltag tragen würde. „Der Mensch, für den ich da sein darf und der mir viel zurückgibt“, sagte sie. Und findet sofort ein Beispiel: „Ich bereitete einen jungen Mann auf die Operation vor, bei der ihm ein Bein amputiert werden musste.“ Die Situation war angespannt und traurig. Sie als angehende Krankenschwester war noch unsicher. Die Aufmunterung kam schließlich nicht von ihr, sondern von ihm. An seine Worte erinnert sie sich heute noch: „Ach, Schwester Sabine, ist doch egal – Hauptsache, sie heiraten mich auch noch mit einem Bein.“

Sie könnte Unmengen solcher Geschichten erzählen. Der ehemalige Patient, der sie im Supermarkt anspricht und berichtet, wie gut es ihm wieder geht, ist so eine. „Es zählen aber nicht nur die großen Momente, sondern oft die kleinen, alltäglichen.“ Das Dankeschön, ein Lächeln, gute Gespräche. „Jeder Patient, der wieder auf die Normalstation verlegt werden kann, bringt mir Glück und Zufriedenheit.“

Rüstzeug für schwere Momente

Das bringt auch Rüstzeug für die nicht einfachen Augenblicke. Der Tod eines Patienten macht immer wieder aufs Neue nachdenklich. Trauer und Schmerz der Angehörigen fordern auch Krotofil. Nie aber so, dass sie daran zu sehr leidet. „Dafür überwiegt der Leben schenkende Teil meines Berufs zu sehr.“

Sie nimmt das alles nicht mit nach Hause, sagt sie. „Da habe ich gelernt, einen Schnitt zu machen.“ Einen Schnitt hin zum Familienleben mit Mann, Kindern, Enkeln und Hunden in Ennigerloh. Was sie aber nicht im Krankenhaus lassen kann, ist ihre Grundeinstellung. Das hat ausgestrahlt. Ihre Tochter konnte auf der Intensivstation zwar nicht wie Krotofil selbst mit der Mutter „mitlaufen“ – ihre Begeisterung für den Pflegeberuf hat aber auch so einen Weg zur nächsten Generation gefunden. „Sie arbeitet heute als Heilerziehungspflegerin.“

Bereicherung überlagert Belastung

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dann wäre diese Berufswahl ihrer Tochter dieser: Sabine Krotofil sieht ihre Arbeit nicht als Ballast. Dankbarkeit und das Gefühl der Bereicherung überragen die körperlichen und psychischen Herausforderungen. „Es gab noch keine drei Tage, an denen ich morgens nicht für meinen Job aufstehen wollte.“ 38 Jahre lang. Aus denen sie noch viel berichten könnte. Das geht aber jetzt nicht. Die 60 Minuten sind um. „Ihre Patienten“ warten.

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